8319/J XXV. GP

Eingelangt am 24.02.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Keck,

und GenossInnen

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend des Handelsabkommens der EU mit Kanada, CETA.

Seit August 2014 liegt der Vertragstext für das Comprehensive Economic and Trade Agreement der EU und Kanada (CETA) vor. Eine lange Zeit um volkswirtschaftliche, verfassungsrechtliche, arbeitsrechtliche, demokratiepolitische und soziale Auswirkungen des vorliegenden Vertrages zu bewerten.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende ANFRAGE:

1)      Welche Studien liegen dem Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (bmwfw) vor, die aufbauend auf dem vorliegenden CETA Vertragstext erstellt wurden?

2)      Welche volkswirtschaftlichen Effekte hat CETA in der vorliegenden Form? Welche Auswirkungen auf öffentliche Dienstleistungen wurden erforscht? Welche Ergebnisse brachte die rechtliche Beurteilung?

3)      Kommunale Aufträge, selbst im Bereich von Krankenhäusern und Sozialen Diensten werden durch CETA einem transatlantischen Ausschreibungszwang unterworfen. Welcher Anteil der öffentlichen Auftragsvergabe soll durch CETA transatlantisch ausschreibungspflichtig werden?

4)      „Durch CETA müssen nunmehr jedoch auch subföderale Beschaffungsstellen einschließlich Körperschaften öffentlichen Rechts kanadische Bieter bei Vergaben nichtdiskriminierend behandeln.", antworten Sie, Herr Bundesminster in der Parlamentarischen Anfragebeantwortung Nr. 3346/AB am 20. März 2015. Welche Beschaffungsstellen sind damit gemeint? Wir ersuchen um eine vollständige Aufzählung.

5)      Welcher Anteil des Auftragsvolumens von sozialen Wohnbauträgern müsste mit CETA transatlantisch ausgeschrieben werden?

6)      Welche Körperschaften öffentlichen Rechts werden durch CETA zur transatlantischen Ausschreibungen verpflichtet? Kammern? Kirchliche Rechtsträger? Krankenhäuser? Wir ersuchen um eine vollständige Aufzählung der betroffenen Körperschaften öffentlichen Rechts.

7)      Werden Erwachsenenbildungseinrichtungen wie das WIFI oder das BFI durch CETA transatlantisch ausschreibungspflichtig? Müsste das AMS bei der Vergabe von Schulungsmaßnahmen an Erwachsenbildungseinrichtungen zukünftig transatlantisch ausschreiben?

8)      Werden Kraftfahrlinien des öffentlichen Nahverkehrs durch CETA transatlantisch ausschreibungspflichtig?

9)      Seit August 2014 liegt der Vertragstext für CETA vor. Im Kapitel Handel und Arbeit bekräftigen die Vertragsparteien EU und Kanada kontinuierliche Anstrengungen zur Ratifizierung der grundlegenden ILO-Kernarbeitsnormen. Welche Anstrengungen wurden von Kanada im letzten Jahr unternommen, um die ILO-Kernarbeitsnorm Nr. 98, Vereinigungsrecht und Recht zu Kollektivverhandlungen sowie die ILO-Kernarbeitsnorm Nr. 138, Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung, zu ratifizieren?

10)   Woran scheiterte die Ratifizierung der „Menschenrechte im Arbeitsleben", also der ILO-Kernarbeitsnormen bisher?

11)   Wird Kanada vor dem Zeitpunkt Rechtswirksamkeit von CETA, alle acht ILO- Kernarbeitsnormen ratifiziert haben?

12)   Im juristischen Gutachten „Europa- und verfassungsrechtliche Vorgaben für das Comprehensive Economic and Trade Agreement der EU und Kanada (CETA)" kommt Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano und Johan Horst, vom Zentrum für europäische Rechtspolitik (ZERP) zum Schluss, dass „CETA garantiert bisher nicht hinreichend die Rechte auf Mitbestimmung und Tarifautonomie sowie die Schutzrechte für Arbeitnehmer_innen". Zu welcher Beurteilung kommen welche Studien die dem BMWFW dazu vorliegen?

13)   Österreichische Unternehmen, die nach Kanada exportieren, haben ein Interesse an gleichen Normen die dabei einzuhalten sind. Welche Inhalte sind in den bestehenden „Äquivalenzabkommen" zwischen der EU und Kanada geregelt?

14)   Welche konkreten Forderungen der österreichischen Exportwirtschaft könnten in weiteren „Äquivalenzabkommen" der EU mit Kanada geregelt werden?

15)   Welche konkreten Forderungen der österreichischen Exportwirtschaft lassen sich nicht in „Äquivalenzabkommen" regeln und sollen nur im umfassenden und tiefgreifenden Freihandelsabkommen CETA geregelt werden?

16)   CETA sieht unbeeindruckt von der Debatte in den Parlamenten und der umfassenden Kritik aus der Zivilgesellschaft unveränderte Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren (ISDS) vor. Das Europäische Parlament hat sich zu den privaten Schiedsgerichten mit Beschlüssen geäußert. Bernd Lange, der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament meint: „Auch im CETA-Vertrag der EU und Kanada haben intransparente Schiedsstellen keine Daseinsberechtigung. Sie müssen aus dem Abkommen, das uns die EU-Kommission vorlegt raus, sonst lehnen wir es ab." Welche Maßnahmen setzt die Europäische Kommission, um dem erklärten Willen des Europäischen Parlaments zu folgen?

17)   Unterstützen Sie im EU-Rat der „Handelsminister" den erklärten Mehrheitswillen des Europäischen Parlaments und fordern die Änderung der ISDS-Bestimmungen im CETA?

18)   Der österreichische Nationalrat hat am 24. September 2014 mit Beschluss festgestellt: „Die Sinnhaftigkeit der Aufnahme von ISDS-Klauseln bei Abkommen mit Staaten mit entwickelten Rechtssystemen (z.B. USA und Kanada) ist aus heutiger Sicht nicht erkennbar." Liegen dem BMWFW neue Erkenntnisse und Studien vor, die ISDS, so wie diese im CETA Text verfasst sind in ein anderes Licht stellen?

19)   Priv.-Doz. Dr. Konrad Lachmayer kommt in seiner Studie „Verfassungsrechtliche Probleme von Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren (ISDS) zum Schluss: „Die Internationale Streitbeilegung in Investitionsstreitigkeiten erfüllt daher die verfassungsrechtlichen Vorgaben ..., insbesondere im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, nicht." Sehen auch Sie rechtsstaatliche Probleme in den ISDS-Klauseln in der vorliegenden Fassung des CETA Vertrages? Welche?

20)   Klagen nach dem ISDS sind für exportorientierte Klein- und Mittelunternehmen (KMUs) eine finanziell kaum zu schaffende Hürde. Gibt es Versicherungen, um für chancenreiche ISDS-Klagen vorzusorgen? Welche Kosten verursachen solche Versicherung für KMUs?

21)   Könnte sich der Staat Österreich gegen ISDS-Klagen versichern und was würde das kosten?

22)   Sind im Rat zur Regulatorischen Kooperation in CETA unter den Stakeholdern auch Vertretungen der Bürger wie Gewerkschaften, Umweltschutzverbände

oder Verbraucherschutzorganisationen eingeladen?

23)   Wer regelt die Zusammensetzung der Stakeholder im Rat zur Regulatorischen Kooperation?

24)   Im CETA Abkommen sind von den mehr als 1400 regional geschützten Bezeichnungen nur 145 Europäischer Produkte angeführt. Wie können die nicht genannten Produkte geschützt werden? Wie können zukünftige, schützenswerte regionale Produkte in CETA einen solchen Status erhalten?

25)   In CETA sind Importen aus Kanada für den europäischen Markt von bis zu 60.000 Tonnen nicht hormonbehandeltes Rindfleisch vereinbart. Werden diese Importe einen zusätzlichen Preisdruck auch auf die Österreichischen Agrarbetriebe bringen?

26)   Ist CETA am 13. Mai 2016 auf der Tagesordnung des EU-Rat der „Handelsminister"? Ist eine Beschlussfassung im EU-Rat der „Handelsminister" zu erwarten?

27)   Werden Sie im EU-Rat der „Handelsminister" CETA ablehnen, wenn ISDS unverändert Bestandteil des Vertrages bleibt?

28)   Wird der österreichische Ministerrat vor der Abstimmung im EU-Rat der „Handelsminister" zu CETA einen Beschluss fassen?

29)   Ist im Laufe des Jahres 2016 eine Behandlung von CETA im Europäischen Parlament und im Österreichischen Nationalrat zu erwarten?