8378/J XXV. GP

Eingelangt am 24.02.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Dr. Johannes Hübner und weiterer Abgeordneter an den Bundesminister für Justiz

 

betreffend: Wien als Drehscheibe der organisierten Geldwäsche

 

„Seit Absetzung des – in der Aufdeckung der ukrainischen Korruptionsnetzwerke sehr aktiven – Ex-Geheimdienstchefs der Ukraine, Walentin Naliwaitschenko durch Präsident Petro Poroschenko kommen immer erschreckendere Details über das Ausmaß der Korruption und der Ausplünderung des ukrainischen Staates durch engste politische Mitarbeiter vom Petro Poroschenko an die Öffentlichkeit. Diese weisen auf eine systematische Ausplünderung des eigenen Staates durch die ukrainische Staatsspitze und die Verschiebung der abgezweigten bzw. unterschlagenen Gelder in den ‚Westen‘ unter maßgeblicher Beteiligung österreichischer Briefkastenfirmen hin.

 

Über die Ereignisse wird inzwischen sowohl in ukrainischen, als auch in westlichen, Druck- und Onlinemedien ausführlich berichtet. Als Beilage./1 schließen wir dieser Anfrage einen seit 26.08.2015 abrufbaren Bericht der ukrainischen Webseite „vlada.io“ – in deutscher Übersetzung – bei, in dem auch eine Vielzahl von auf die Involvierung des österreichischen Bankensystems hinweisenden Belegkopien abgedruckt sind. Weiters schließen wir einen seit 11.November 2015 abrufbaren Artikel der Internetseite Vienna Online (als Beilage ./2) an und geben in der Folge einen Artikel der Tageszeitung Kurier‘ wieder:

Im Kurier war am 9.12.2015 unter dem Titel "Blauäugige Staatsanwälte in Wien“ zu lesen:

„Auch die USA sind angesichts der ausufernden Korruption in der Ukraine mit ihrer Geduld am Ende. Am Dienstag rief US-Vizepräsident Joe Biden bei einer Rede im Kiewer Parlament die Ukraine dazu auf, den Kampf gegen die Korruption zu intensivieren.

"Sie werden kein demokratisches Land in der Welt finden, das trotz des Krebsgeschwürs der Korruption blüht", warnt Biden. Eine Justizreform sei dringend notwendig, sagt er.

Besonders im Visier der Amerikaner steht der ukrainische Generalstaatsanwalt Viktor Schokin, dem vorgeworfen wird, Chef eines hoch korrupten Apparats zu sein. Das ist aber gerade jener Mann, dem die Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft vertraut.

Die Wiener Staatsanwälte hatten zu prüfen, ob sich Borys Loschkin, allmächtiger Chef der Kiewer Präsidentschaftskanzlei, am 4. November 2014 illegal über ein Firmengeflecht 130 Millionen Dollar (114,30 Mio. Euro) vom lettischen Bankkonto der Trejoli Business Ltd. nach Wien hat überweisen lassen. Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch eine Anzeige der österreichischen Geldwäscheverdachtsmeldestelle im März dieses Jahres.

Nach einer Anfrage bei der Kiewer Generalprokuratur kamen die Wiener Staatsanwälte zur Ansicht, dass diese Transaktion Teil eines Verkaufes seiner Mediengruppe UMH an eine Firma des umstrittenen ukrainischen Oligarchen Serhij Kurtschenko war. Deshalb erklärte die Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft: "Da somit keine Hinweise für das Vorliegen einer Geldwäscherei-relevanten Vortat ermittelt werden konnten, wurde das Ermittlungsverfahren mangels Tatverdachts am 28. Oktober 2015 eingestellt."

Ukrainische Ermittler sind entsetzt über die angebliche "Blauäugigkeit" der Wiener Staatsanwälte, die sich auf eine Antwort von Generalstaatsanwalt Viktor Schokin verlassen. Denn dieser sei nicht unabhängig, sondern wurde von Präsident Petro Poroschenko in sein Amt eingesetzt.“

Angesichts der notwendigen Verteidigung des Rufes von Wien als einem Finanzplatz für ‚saubere Geschäfte‘ und der bisherigen Entschlossenheit Österreichs, nationale und internationale Korruption mit den Mitteln des Rechtsstaates zu bekämpfen, erscheint in dieser Angelegenheit Handlungsbedarf für die österreichischen Strafverfolgungsbehörden und die diesen übergeordneten Aufsichtsorgane zu bestehen. Gerade in Fällen der offensichtlichen Ausplünderung völlig verarmter Staaten durch die eigene politische Elite sollte Österreich in keiner Weise – auch nicht durch die Unterlassung erforderlicher strafrechtlicher Erhebungen – ‚Hilfsdienste‘ leisten.

 

In diesem Zusammenhang richten die nachstehend unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Justiz folgende

 

 

Anfrage:

 

 

1.         Ist das österreichische Justizministerium bei den ukrainischen Behörden vorstellig geworden, um Aufklärung über das Ausmaß der Veruntreuung von staatlichen Geldern und die dagegen ergriffenen Maßnahmen zu erwirken?

 

2.         Wenn ja, was waren die Ergebnisse?

 

3.         Wenn nein, sind Ihnen diesbezügliche Schritte anderer österreichischer Ministerien bekannt?

 

4.         Sind außer der Meinl Bank (Anzeige bei der FMA vom 4. und 9.2015) noch andere Banken, (wie etwa Banken des Raiffeisen-Konzerns) von Anzeigen bzw. Verdachtsmomenten hinsichtlich ukrainischer Korruptions-/Geldwäscheprobleme betroffen?

 

5.         Wenn ja, haben diese Banken – wie etwa die Meinl Bank – entsprechende Anzeigen an die FMA erstattet und hat es bezüglich dieser Anzeigen Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft gegeben?

 

6.         Wenn nein, wurde den (auch im Internet) kursierenden Berichten über das Ausmaß der Verwicklung österreichischer Kreditinstitute in Korruptions- und Geldwäschetransaktionen nachgegangen und haben diese Nachforschungen zu Verfahrenseinleitungen geführt? (Siehe dazu etwa die deutsche Übersetzung des als Beilage ./1 angeschlossenen, seit 26.08.2015 abrufbaren, Artikels der ukrainischen Webseite „vlada.io“)

 

7.         Warum hat in der Angelegenheit Borys Loschkin die österreichische Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt (siehe Beilage./2), obwohl der Geldüberweiser Herr Kurtschenko auf der EU Sanktionsliste, sowie wegen mutmaßlicher Wirtschaftsdelikte auf einer ukrainischen Fahndungsliste steht und die Geldmittelherkunft ungeklärt ist?