8421/J XXV. GP

Eingelangt am 26.02.2016
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Roman Haider

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend die irrige Annahme eines Konjunkturaufschwungs durch die Flüchtlingswelle

 

Die Presse vom 19.02.2016

 

 „So schnell kann sich der Wind drehen: Im vorigen Herbst war der größere Teil der deutschen Ökonomen in Sachen Flüchtlingswelle und Migration noch reichlich euphorisch: Deutschland bekomme die dringend benötigte demografische Auffrischung, die Flüchtlinge würden die Konjunktur zusätzlich um ein paar Zehntelprozentpunkte antreiben, nach einer kurzen Periode erhöhter Integrationskosten würde unter dem Strich ein Plus stehen. Facharbeitermangel, Pensionssystemfinanzierung – alles kein Problem mehr.

Diese (faktisch nie wirklich nachvollziehbare) Euphorie, die übrigens auch hierzulande grassiert hat, scheint nun rapid der Ernüchterung zu weichen. Gestern hat die „FAZ“ jedenfalls eine Umfrage unter deutschen Ökonomen veröffentlicht, die ein etwas differenzierteres Bild ergibt: 40 Prozent der 220 befragten Ökonomen glauben jetzt, die jüngste Migrationswelle werde dem Land Nachteile bringen, nur noch 23 Prozent erwarten sich Vorteile. Die Mehrheit (53 Prozent) glaubt, dass die Integration niedrig qualifizierter Asylwerber in den Arbeitsmarkt nur mit einer Absenkung des Mindestlohns halbwegs funktionieren könne, bei der Frage nach der Finanzierung der Flüchtlingskosten liegen die Antworten Neuverschuldung und Steuerhöhungen vorn. Das hört sich nicht nach Win-win an.

Tatsächlich muss man aber kein deutscher Wirtschaftsprofessor sein, um zu sehen, dass da etwas gewaltig schiefläuft: Mit der Flüchtlingswelle kommt eine Reihe von präsumtiven Arbeitsmigranten ins Land. Unkontrolliert und ohne dass sich irgendjemand im Vorfeld deren Qualifikation angesehen hätte. Die Einsicht, dass das nicht funktionieren kann, erfordert kein Wirtschaftsstudium an einer Eliteuniversität.

Wir haben es also im Windschatten der Kriegsflucht mit einer gewaltigen Migrationswelle zu tun. Aber mit einer, die das genaue Gegenteil des Erhofften bewirkt: Statt die Sozialsysteme zu entlasten, werden sie mangels Arbeitsqualifikation der Neubürger zumindest auf lange Zeit zusätzlich belastet. Und zwar enorm.

Welche Dimension diese Entwicklung angenommen hat, zeigt die Asylstatistik: In Europa sind (vor der hauptsächlich Deutschland und Österreich betreffenden jüngsten Migrationswelle) 23 Prozent der Asylansuchen positiv beschieden worden. Durch die Zunahme der Kriegsflüchtlinge dürfte der Anteil der positiven Bescheide steigen, aber man kann davon ausgehen, dass rund 70 Prozent der Fluchtbewegung im Kern auf versuchte Arbeitsmigration entfällt.

Der Versuch, Arbeit zu finden, ist nichts Ehrenrühriges. Aber er sollte halbwegs geordnet und auf legalem Weg ablaufen. Für den österreichischen Politologen Arno Tausch (Dozent an der Uni Innsbruck und Gastprofessor an der Corvinus-Universität Budapest) ist da ein riesiger Schwarzmarkt für Arbeitsmigration entstanden, der Schleppern Milliardenumsätze beschert.

 

Und dieser, so Tausch, gehört in einen legalen Markt übergeführt. Es ist ja nicht so, dass das rapid überalternde Europa keinen Bedarf an Arbeitsmigration hätte. Tausch schätzt, dass die EU insgesamt (trotz der teilweise hohen Arbeitslosenraten) schon an die drei Mio. Arbeitsmigranten pro Jahr verkraften könne. Aber eben zielgerichtet – und nicht in Form von unkontrollierter Einwanderung in die Sozialsysteme von genau genommen drei Euroländern, von denen eines, nämlich Schweden, ohnehin schon dicht gemacht hat.

Dafür benötigt man allerdings ein paar Voraussetzungen, die normalerweise überall auf der Welt gelten, in Europa aber abhandengekommen sind. Zuerst einmal benötigt man „dichte“ Außengrenzen mit zwingend vorgeschriebenen Eingangspunkten (Hotspots). Das müssen nicht stacheldrahtbewehrte, militärisch gesicherte Grenzen sein. Es muss nur klargestellt sein, dass niemand eine Chance auf einen Aufenthaltstitel hat, der nicht legal über diese Hotspots einreist.

Und dann muss es natürlich eine saubere Trennung von Asyl und legaler Arbeitszuwanderung geben. Denn selbstverständlich muss die Asyltür für tatsächlich Verfolgte (offenbar, wenn man die Asylzuerkennung als Basis nimmt, maximal ein Drittel der Zuwanderung) offen bleiben. Aber als echter Schutz mit Rückkehroption bei Wegfall der Fluchtgründe. Und mit einem vereinheitlichten Asylverfahren ohne Option auf ein Wunschland. […] Asyl muss außer Streit stehen. Aber ein Migrationsschwarzmarkt, der Schleppern Milliardenprofite und den europäischen Sozialsystemen Milliardenkosten beschert – der muss schnell abgestellt werden.“

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten, an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz nachfolgende

 

 

Anfrage

1.     Vertreten Sie als Arbeits- und Sozialminister nach wie vor die Meinung, dass die Migration im Rahmen der Flüchtlingswelle nach einer kurzen Pause erhöhter Integrationskosten die Konjunktur zusätzlich ankurbeln werde?

2.     Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

3.     Wie stehen Sie als Arbeits- und Sozialminister zu der jüngsten Umfrage in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, wonach 40 Prozent von 220 befragten Ökonomen der Meinung sind, die Migrationswelle werde dem Land Nachteile bringen?

4.     Sind Sie als Arbeits- und Sozialminister der Ansicht, dass die Integration niedrig qualifizierter Asylwerber in den Arbeitsmarkt lediglich mit einer Absenkung des Mindestlohns halbwegs funktionieren könne?

5.     Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

6.     Sehen Sie als Arbeits- und Sozialminister im Zuge der Flüchtlingswelle auch eine gewaltige Welle an Arbeitsmigranten nach Österreich strömen?


7.     Wenn ja, wie werden Sie sich dieses Phänomens annehmen? Wenn nein, warum nicht?

8.     Denken Sie, dass das heimische Sozialsystem im Rahmen der Flüchtlingswelle auf längere Zeit zusätzlich belastet, anstatt entlastet wird?

9.     Wenn ja, von welcher Belastung und welcher Dauer sprechen wir hier? Wenn nein, warum nicht?

10.  Wie stehen Sie als Arbeitsminister zu jener Aussage im Artikel, gemäße der rund 70 Prozent der Fluchtbewegung im Kern auf versuchte Arbeitsmigration entfällt?

11.  Teilen Sie die Einschätzung des Politologen Arno Tausch, der behauptet im Zuge der Flüchtlingswelle sei ein riesiger Schwarzmarkt für Arbeitsmigration entstanden, der Schleppern Milliardenumsätze beschert?

12.  Wenn ja, wie werden Sie sich als Arbeits- und Sozialminister für die Bekämpfung dieses Phänomens einsetzen? Wenn nein, warum nicht?

13.  Laut Tausch könnte die EU insgesamt schon an die drei Mio. Arbeitsmigranten pro Jahr verkraften, aber nur zielgerichtet – und nicht in Form von unkontrollierter Einwanderung in die Sozialsysteme von genau genommen drei Euroländern (Deutschland, Österreich und Schweden – wobei Schweden mittlerweile schon eine Trendumkehr vollzieht). Teilen Sie diese Einschätzungen?

14.  Wenn ja, inwiefern und wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass die unkontrollierte Einwanderung in das heimische Sozialsystem beendet wird? Wenn nein, warum nicht?

15.  Erachten Sie als Arbeits- und Sozialminister eine klare Trennung von Asyl und legaler Arbeitszuwanderung als zwingend notwendig?

16.  Wenn ja, wie werden Sie sich dafür einsetzen? Wenn nein, warum nicht?

17.  Für wie wichtig erachten Sie als Arbeits- und Sozialminister geschlossene EU- Außengrenzen mit zwingend vorgeschriebenen Eingangspunkten (Hotspots), mit zusätzlicher Klarstellung, dass niemand eine Chance auf einen Aufenthaltstitel bekommen kann, der nicht legal über einen dieser Hotspots einreist?

18.  Werden Sie sich für einen derartigen Mechanismus stark machen?

19.  Wenn ja, wie werden Sie hierbei vorgehen? Wenn nein, warum nicht?

20.  Sollte gemäß Ihnen als Sozialminister, bei tatsächlichem Vorliegen von Asylgründen stets die Rückkehroption bei einem Wegfall der Fluchtgründe in Betracht kommen?

21.  Wenn ja, inwiefern werden Sie sich für ein derartiges Vorgehen einsetzen? Wenn nein, warum nicht?

22.  Werden Sie sich als Arbeits- und Sozialminister für ein einheitliches europäisches Asylverfahren, ohne Optionen auf ein Wunschland stark machen?

23.  Wenn ja, wie werden Sie hierbei vorgehen? Wenn nein, warum nicht?