8423/J XXV. GP

Eingelangt am 26.02.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Hagen

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend „Berufskrankheitenkatalog für den Polizeidienst“

 

Die Arbeit bei der Polizei stellt einen Beruf dar, deren Angehörige einer erhöhten Stressbelastung ausgesetzt sind. Durch steigende Arbeitsmengen und Anforderungen, starke Personalreduktionen der letzten Jahre, einen mittlerweile ansteigenden Altersschnitt der Bediensteten sowie Anstiege bei Anzeigenerstattungen hat sich der Leistungsdruck und somit das zu bewältigende Stresslevel für die Polizistinnen und Polizisten noch erhöht.

 

Polizistinnen und Polizisten sind starken berufsspezifischen Belastungen ausgesetzt. So müssen sie unregelmäßige Dienste mit Nachtdiensten und (oftmals ad hoc) angeordneten Überstunden leisten. Dies wirkt sich durch mangelnden Schlaf, gestörten Tag-Nacht-Rhythmus, eingeschränkte Möglichkeiten, regelmäßige Mahlzeiten zu sich zu nehmen sowie mangelnde ausgleichende Bewegung extrem belastend auf ihren Körper aus. Damit einhergehend kommt es vielfach nicht nur zu starken körperlichen Belastungen, sondern auch zu psychischem Stress. Unregelmäßige Dienstzeiten wirken sich oftmals negativ auf das Privatleben der Polizistinnen und Polizisten aus. Familiäre Streitigkeiten werden häufig durch die unterschiedlichen Dienstzeiten, Übermüdung nach Nachtdiensten und die hohe Anspannung während des Dienstes ausgelöst.

 

Im Dienst selbst sind Polizistinnen und Polizisten permanent mit Unsicherheit konfrontiert. Sie können nicht wissen, wie ihr Gegenüber reagiert, müssen mit Menschen interagieren, die ihnen oftmals mit Aggression, Frust oder auch Gewalt begegnen. Für gewisse eintretende Situationen gibt es keine klaren Vorgaben, jedoch herrscht oftmals hoher Zeitdruck und es wird von den Polizeikräften erwartet, schnell zu reagieren und rasche Entscheidungen zu treffen. All dies kann dazu beitragen, dass Polizistinnen und Polizisten mit der jeweiligen Situation überfordert und somit permanentem Stress ausgesetzt sind. Frustration, Ärger und Angst vor Aufgabenstellungen, welche nicht ideal gelöst werden können, sind die Folge. Zusätzlich steigt der Erfolgsdruck bei Ermittlungen.

 

Gewisse Situationen im Arbeitsleben der Polizistinnen und Polizisten sind für diese – vor allem psychisch – sehr belastend, wie z.B. Unfälle und Verbrechen, bei denen Menschen ums Leben kommen; die Arbeit mit Leichen; Sexualstrafdelikte oder Fälle von Kindesmissbrauch; extreme Gewalttaten; Geiselnahmen; die eigene Verletzung im Dienst oder die einer Kollegin oder eines Kollegen; Bedrohungen durch das Gegenüber oder der Gebrauch von Schusswaffen während eines Einsatzes. Diese einschneidenden Erlebnisse lösen oft ein Trauma bei den beteiligten Polizistinnen und Polizisten aus. Da Polizistinnen und Polizisten berufsbedingt permanent diesem erhöhten Level an Stress ausgesetzt sind, kommt es in dieser Berufssparte auch häufiger zu Fällen von Burnout und anderen psychosomatischen Erkrankungen, die sich u.a. durch Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Rücken- und Kopfschmerzen bis hin zu Angst, Depression, Verringerung des Selbstwertgefühls und im schlimmsten Fall Suizidgedanken auswirken können.

 

Teils versuchen Betroffene mit dem Druck des Jobs selbst fertig zu werden, da sie sich mit ihren Problemen nicht an andere Personen wenden wollen und somit auch keine professionelle Hilfe in Anspruch nehmen können. Leider ist das Thema Burnout bei der Polizei unter Kolleginnen und Kollegen sowie im familiären Umfeld teils immer noch ein Tabu-Thema. Man möchte von den anderen nicht als schwach angesehen werden, da dies auch nicht in das klassische gesellschaftliche Rollenbild des mutigen und starken Polizisten passt.

 

Um den Betroffenen fachgerecht zu helfen oder einer möglichen Erkrankung vorbeugen zu können, muss ein viel stärkeres Augenmerk auf Stressbewältigungsmechanismen und Stresspräventionsprogramme für Polizistinnen und Polizisten gelegt werden. Ebenso müssen vermehrt Beratungsdienste und auch Hilfsprogramme für Angehörige instrumentalisiert werden.

 

Laut Anfragebeantwortung 2513/AB des BM.I vom 28.11.2014 wurde die Frage nach einem Berufskrankheitenkatalog für die Polizei folgendermaßen beantwortet: „Es gibt keinen Berufskrankheitenkatalog im BM.I, da die Zuständigkeit ausschließlich bei der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) liegt.“

 

Angesichts der erhöhten Belastungen im Polizeidienst erachten wir einen Berufskrankheitenkatalog für die Polizei als äußerst wichtig. Die Polizistinnen und Polizisten verrichten tagtäglich im Einsatz für die Sicherheit der Bürger in Österreich gewissenhaft ihren Dienst und aus diesem Grund besteht die Verpflichtung, auch auf die speziellen Bedürfnisse dieser Berufsgruppe einzugehen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz nachstehende

 

Anfrage:

 

1.   Gibt es einen Berufskrankheitenkatalog für die Polizei?

 

a.     Wenn ja, wie lautet der konkrete Inhalt, die dazugehörigen Präventionsmaßnahmen usw.?

 

b.     Wenn nein, warum nicht?

 

c.     Wenn nein, wann wird dieser erstellt werden?