8424/J XXV. GP

Eingelangt am 26.02.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Hagen

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend „Stress und Burnout bei Polizistinnen und Polizisten“

 

Die Arbeit bei der Polizei stellt einen Beruf dar, deren Angehörige einer erhöhten Stressbelastung ausgesetzt sind. Durch steigende Arbeitsmengen und Anforderungen, starke Personalreduktionen der letzten Jahre, einen mittlerweile ansteigenden Altersschnitt der Bediensteten sowie Anstiege bei Anzeigenerstattungen hat sich der Leistungsdruck und somit das zu bewältigende Stresslevel für die Polizistinnen und Polizisten noch erhöht.

 

Polizistinnen und Polizisten sind starken berufsspezifischen Belastungen ausgesetzt. So müssen sie unregelmäßige Dienste mit Nachtdiensten und (oftmals ad hoc) angeordneten Überstunden leisten. Dies wirkt sich durch mangelnden Schlaf, gestörten Tag-Nacht-Rhythmus, eingeschränkte Möglichkeiten, regelmäßige Mahlzeiten zu sich zu nehmen sowie mangelnde ausgleichende Bewegung extrem belastend auf ihren Körper aus. Damit einhergehend kommt es vielfach nicht nur zu starken körperlichen Belastungen, sondern auch zu psychischem Stress. Unregelmäßige Dienstzeiten wirken sich oftmals negativ auf das Privatleben der Polizistinnen und Polizisten aus. Familiäre Streitigkeiten werden häufig durch die unterschiedlichen Dienstzeiten, Übermüdung nach Nachtdiensten und die hohe Anspannung während des Dienstes ausgelöst.

 

Im Dienst selbst sind Polizistinnen und Polizisten permanent mit Unsicherheit konfrontiert. Sie können nicht wissen, wie ihr Gegenüber reagiert, müssen mit Menschen interagieren, die ihnen oftmals mit Aggression, Frust oder auch Gewalt begegnen. Für gewisse eintretende Situationen gibt es keine klaren Vorgaben, jedoch herrscht oftmals hoher Zeitdruck und es wird von den Polizeikräften erwartet, schnell zu reagieren und rasche Entscheidungen zu treffen. All dies kann dazu beitragen, dass Polizistinnen und Polizisten mit der jeweiligen Situation überfordert und somit permanentem Stress ausgesetzt sind. Frustration, Ärger und Angst vor Aufgabenstellungen, welche nicht ideal gelöst werden können, sind die Folge. Zusätzlich steigt der Erfolgsdruck bei Ermittlungen.

 

Gewisse Situationen im Arbeitsleben der Polizistinnen und Polizisten sind für diese – vor allem psychisch – sehr belastend, wie z.B. Unfälle und Verbrechen, bei denen Menschen ums Leben kommen; die Arbeit mit Leichen; Sexualstrafdelikte oder Fälle von Kindesmissbrauch; extreme Gewalttaten; Geiselnahmen; die eigene Verletzung im Dienst oder die einer Kollegin oder eines Kollegen; Bedrohungen durch das Gegenüber oder der Gebrauch von Schusswaffen während eines Einsatzes. Diese einschneidenden Erlebnisse lösen oft ein Trauma bei den beteiligten Polizistinnen und Polizisten aus. Da Polizistinnen und Polizisten berufsbedingt permanent diesem erhöhten Level an Stress ausgesetzt sind, kommt es in dieser Berufssparte auch häufiger zu Fällen von Burnout und anderen psychosomatischen Erkrankungen, die sich u.a. durch Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Rücken- und Kopfschmerzen bis hin zu Angst, Depression, Verringerung des Selbstwertgefühls und im schlimmsten Fall Suizidgedanken auswirken können.

 

Teils versuchen Betroffene mit dem Druck des Jobs selbst fertig zu werden, da sie sich mit ihren Problemen nicht an andere Personen wenden wollen und somit auch keine professionelle Hilfe in Anspruch nehmen können. Leider ist das Thema Burnout bei der Polizei unter Kolleginnen und Kollegen sowie im familiären Umfeld teils immer noch ein Tabu-Thema. Man möchte von den anderen nicht als schwach angesehen werden, da dies auch nicht in das klassische gesellschaftliche Rollenbild des mutigen und starken Polizisten passt.

 

Um den Betroffenen fachgerecht zu helfen oder einer möglichen Erkrankung vorbeugen zu können, muss ein viel stärkeres Augenmerk auf Stressbewältigungsmechanismen und Stresspräventionsprogramme für Polizistinnen und Polizisten gelegt werden. Ebenso müssen vermehrt Beratungsdienste und auch Hilfsprogramme für Angehörige instrumentalisiert werden.

 

Laut Anfragebeantwortung 2513/AB des BM.I vom 28.11.2014 wurde im Jahr 2009/2010 eine Studie im Auftrag des BM.I betreffend Burnout bei Polizisten und Polizistinnen durchgeführt. Die Ergebnisse waren laut BM.I nicht dramatisch, jedoch gibt das BM.I im Rahmen derselben Beantwortung folgendes an: „Die Ergebnisse der in den Jahren 2009 und 2010 vorgenommenen bundesweiten Evaluierung sind für das Jahr 2014 als nicht mehr aktuell zu beurteilen.“ Eine neuerliche Studie sei jedoch nicht geplant. Das würde bedeuten, dass man zum momentanen Zeitpunkt über keine aktuellen Daten und Fakten zu Burnout von Polizistinnen und Polizisten im BM.I verfügt, wobei die Leidtragenden unsere Polizistinnen und Polizisten sind, die tagtäglich im Einsatz für die Sicherheit der Bürger in Österreich ihren Dienst gewissenhaft verrichten.

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Inneres nachstehende

 

Anfrage:

 

1.   Wie viele Suizide gab es bei Polizistinnen und Polizisten in den Jahren 2014, 2015 und 2016 bis zum Einlangen der Anfrage? Bitte jeweils untergliedert nach Jahren, männlichen/weiblichen Beamten und Bundesländern.

 

2.   Wie viele gewaltsame Übergriffe gab es in den Jahren 2014, 2015 und 2016 bis zum Einlangen der Anfrage auf Polizistinnen und Polizisten während der Ausübung ihres Dienstes? Bitte jeweils untergliedert nach Jahren, männlichen/weiblichen Beamten, Art der davongetragenen Verletzung und Bundesländern.

 

a.     Wie viele Polizistinnen und Polizisten mussten in den Jahren 2014, 2015 und 2016 bis zum Einlangen der Anfrage als Folge eines gewaltsamen Übergriffes während der Ausübung ihres Dienstes in Krankenstand gehen? Bitte jeweils untergliedert nach Jahren, männlichen/weiblichen Beamten, Dauer des Krankenstandes und Bundesländern.

 

b.     Wie viele Polizistinnen und Polizisten starben in den Jahren 2014, 2015 und 2016 bis zum Einlangen der Anfrage als Folge eines gewaltsamen Übergriffes während der Ausübung ihres Dienstes? Bitte jeweils untergliedert nach Jahren, männlichen/weiblichen Beamten, Art des Übergriffs und Bundesländern.

 

3.   Wie viele Polizistinnen und Polizisten nahmen in den Jahren 2014, 2015 und 2016 bis zum Einlangen der Anfrage den psychologischen Dienst des BM.I in Anspruch? Bitte jeweils untergliedert nach Jahren, männlichen/weiblichen Beamten und Bundesländern.

 

4.   Wie viele Polizistinnen und Polizisten nahmen in den Jahren 2014, 2015 und 2016 bis zum Einlangen der Anfrage den „Peer Support“ des BM.I in Anspruch? Bitte jeweils untergliedert nach Jahren, männlichen/weiblichen Beamten und Bundesländern.

 

5.   Wie viele Polizistinnen und Polizisten nahmen in den Jahren 2014, 2015 und 2016 bis zum Einlangen der Anfrage den chefärztlichen Dienst des BM.I und Amtsärzte in Anspruch? Bitte jeweils untergliedert nach Jahren, männlichen/weiblichen Beamten und Bundesländern.

 

6.   Aus welchem Grund ist keine neuerliche Studie zum Thema „Burnout“ geplant, wenn, wie oben erwähnt, die Ergebnisse aus den Jahren 2009/2010 „für das Jahr 2014 als nicht mehr aktuell zu beurteilen“ sind?

 

7.   Wie wird Burnout im Ressort wirksam bekämpft, wenn keine aktuellen Studienergebnisse vorliegen?

 

8.   Auf welche Grundlage und Erkenntnisse stützen sich die aktuell vom BM.I durchgeführten Maßnahmen zur Bekämpfung und der Prävention von Burnout und Stress in Verbindung mit dem Polizeidienst?