8729/J XXV. GP

Eingelangt am 17.03.2016
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Lugar, Hagen

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend „Verabsäumte Abschiebungen nach Ungarn“

 

 

Gemäß den Dublin-Bestimmungen können Flüchtlinge binnen sechs Monaten wieder in jenes EU-Land abgeschoben werden, von dem aus sie nach Österreich gekommen sind – wenn dieses Land sicher ist. Im Fall von Ungarn, von wo aus tausende Flüchtlinge nach Österreich geströmt sind, ist das wohl zweifelsfrei der Fall.

 

Der Kurier schrieb am 14.3.2016 zur Problematik der nicht erfolgten Abschiebungen nach Ungarn Folgendes:

 

„Flüchtlinge. Ungarn wäre für viele zuständig, die im Sommer kamen - Österreich hat sie nicht zurückgeschickt. Zehntausende Menschen kamen im vergangenen Sommer über Ungarn nach Österreich - bis die ungarische Regierung Mitte September mit einem kilometerlangen Zaun die Grenze zu Serbien dicht machte.

 

Gemäß des EU-Asylsystems (‚Dublin-Verordnung‘) hätten alle, von denen man wusste, dass sie über Ungarn kamen, dorthin zurückgebracht werden müssen. Dazu kam es allerdings nicht.

 

Kanzler und Vizekanzler kritisierten über Monate den Umgang der Orban-Regierung in Ungarn mit den Flüchtlingen. Hilfsorganisationen warnten vor menschenunwürdigen Zuständen, unter denen Schutzsuchende untergebracht wurden. Im September stoppte gar der Verwaltungsgerichtshof eine Abschiebung nach Ungarn. Die Begründung lautete damals: Die Annahme, dass Ungarn für Flüchtlinge ein sicheres Land sei, bestehe angesichts der aktuellen Lage nicht mehr.

 

Dennoch gab es kein generelles Abschiebe-Verbot: Es wurde nach wie vor im Einzelfall geprüft, ob eine Abschiebung noch möglich sei - und dann in jedem Einzelfall entschieden, dass dem eben nicht so ist.

 

Was nach einem bürokratischen Schildbürgerstreich klingt, hatte einen ganz praktischen Hintergrund: Für den Fall, dass sich die Lage in Ungarn bessern würde, könnte Österreich ja die Zehntausenden Flüchtlinge wieder zurückschicken - aber nur, wenn ordnungsgemäß in jedem Fall ein Verfahren geführt wurde.

 

Diese Rechnung ist nicht aufgegangen.

 

Zeit abgelaufen. Denn Rückführungen nach dem Dublin-System müssen innerhalb von sechs Monaten erfolgen. Und diese Frist ist in den vergangenen Wochen Tag für Tag für viele Flüchtlinge abgelaufen. Praktisch heißt das: Österreich bleibt auf all jenen, die vergangenes Jahr über Ungarn gekommen sind, ‚sitzen‘.

 

Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, verweist gegenüber dem KURIER darauf, dass jeder Fall einzeln geprüft wird. Er bestätigt aber: ‚Wenn die Dublin-Rückführung nicht innerhalb eines halben Jahres stattfinden kann, tritt Österreich inhaltlich in das Verfahren ein.‘ Das heißt: Die Asylverfahren werden hierzulande geführt - und Ungarn ist aus dem Schneider.“

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Inneres nachstehende

 

Anfrage:

 

 

1.   Wie viele Flüchtlinge kamen seit Jänner 2015 und bis zum Einlagen der Anfrage von Ungarn nach Österreich (bitte Gesamtsumme und aufgegliedert nach Monaten)?

 

a.    Aufgrund welcher Rechtsgrundlage haben diese Flüchtlinge die Grenze von Ungarn zu Österreich überquert?

 

b.    Wie viele ordnungsgemäße Verfahren wurden geführt (bitte Gesamtsumme und aufgegliedert nach Monaten)?

 

c.    Was ist weiter mit den Flüchtlingen passiert, in deren Fällen kein ordnungsgemäßes Verfahren geführt wurde?

 

2.   Wie viele dieser Flüchtlinge (Frage 1) wurden seit Jänner 2015 und bis zum Einlagen der Anfrage wieder von Österreich nach Ungarn abgeschoben und aufgrund welcher Rechtsgrundlage (bitte Gesamtsumme und aufgegliedert nach Monaten)?

 

3.   Bei wie vielen Flüchtlingen ist die beschriebene sechsmonatige Rückführungsfrist laut Dublin-Abkommen nach Ungarn im Jahr 2015 und bis zum Einlagen der Anfrage ausgelaufen (bitte Gesamtsumme und aufgegliedert nach Monaten)?

 

4.   Aus welchem Grund bzw. basierend auf welcher Rechtsgrundlage hat das BM.I die sechsmonatige Frist für Dublin-Rückführungen nach Ungarn mehrfach verstreichen lassen?

 

a.    Welche Maßnahmen (wie etwa Weisungen, etc.) wurden diesbezüglich gesetzt?

 

5.   Wie viele zusätzliche Verfahren – für die ursprünglich Ungarn zuständig gewesen wäre – muss/musste Österreich aufgrund des Versäumens der Frist für die Dublin-Rückführungen nun durchführen?

 

a.    Wie hoch sind die zusätzlichen Kosten für diese Verfahren?