8846/J XXV. GP

Eingelangt am 04.04.2016
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dr. Johannes Hübner

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

 

betreffend: Einhaltung fundamentaler Menschenrechte in Ägypten

 

In der 85. Sitzung des Nationalrates wurde der Unselbständige Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Josef Cap, Ing. Norbert Hofer, Dr. Hübner Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der Hinrichtung politischer Gefangener nicht nur im Iran sondern auch in Ägypten, im Wortlaut:

 

„Die Bundesregierung, wird aufgefordert, sich bilateral sowie auf europäischer und internationaler Ebene - weiterhin dafür einzusetzen, dass auch in Ägypten die fundamentalen Menschenrechte gewahrt werden und, in Umsetzung der EU Leitlinien sowie der VN-Resolution, auf Ägypten einzuwirken, Todesurteile nicht mehr zu vollstrecken, ein Moratorium über die Verhängung in Hinblick auf deren vollständige Abschaffung einzuführen sowie Todesurteile in Haftstrafen umzuwandeln. Die Bundesregierung wird aufgefordert im Fall des früheren Präsidenten Mursi sowie anderer politischer Gefangener sich dafür einzusetzen, dass die Todesstrafe nicht vollstreckt wird, auch wenn man die Ideologie der Muslim-Brüder strikt ablehnt.“ (105/E)

einstimmig angenommen.

 

Am 16. Februar 2016 schrieb diesbezüglich Monika Bolliger, Beirut unter dem TitelExzesse der Sicherheitskräfte - Ägyptens Polizei am Pranger“ in der Neuen Züricher Zeitung:

 

(…..)

Kürzlich hat der Tod des italienischen Doktoranden Giulio Regeni für Schlagzeilen gesorgt, der am 25. Januar verschwunden war. Seine Leiche, die Tage später auftauchte, war gezeichnet von brutalen Folterspuren, welche nach Ansicht von Beobachtern die Handschrift der Sicherheitskräfte trugen. Die «New York Times» fand Augenzeugen , welche bestätigten, dass Regeni von Sicherheitskräften in Zivil verhaftet wurde. Diese hielten ihn offenbar für einen Spion. Sie fanden es unglaubwürdig, dass jemand nach Kairo kommt, um über Gewerkschaften zu forschen.

Der ägyptische Innenminister behauptete derweil, die Sicherheitskräfte seien nie mit derartigen Anwürfen in Verbindung gebracht worden. In staatlichen Medien ist wie immer von einer Schmierkampagne die Rede, und die protestierenden Ärzte versuchte man als Muslimbrüder abzukanzeln. Damit werden derzeit jegliche politischen Opponenten diskreditiert. Regenis Schicksal erinnert jedoch daran, dass Menschenrechtsverstösse der ägyptischen Sicherheitskräfte weit verbreitet sind. Menschenrechtsorganisationen haben die Zustände in den Gefängnissen und Fälle von Verschwindenlassen oder Folter gut dokumentiert. Wenn die Opfer Ägypter sind, gibt es jedoch in der Regel keinen internationalen Aufschrei.

Obwohl der Druck auf Kairo zunimmt, den Exzessen der Sicherheitskräfte Einhalt zu gebieten, hat das Oberste Gericht am Sonntag ein Urteil gegen einen Polizisten aufgehoben – eines der wenigen, die je in einem solchen Kontext ausgesprochen wurden. Der Prozess wird nun neu aufgerollt. Der Polizist war wegen des Todes der Aktivistin Shaima al-Sabbagh zu einer 15-jährigen Haftstrafe verurteilt worden. Sabbagh wurde Anfang 2015 bei einer kleinen Demonstration in Kairo erschossen . Sie und andere hatten einen Kranz am Tahrir-Platz niedergelegt, um der Opfer des Volksaufstandes zu gedenken. Videoaufnahmen legten nahe, dass Sabbagh von einem Polizisten erschossen wurde. Das Bild der blutüberströmten 33-jährigen Mutter, die in den Armen eines Freundes verschied, ging um die Welt.“

 

In diesem Zusammenhang richten die nachstehend unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres folgende

 

Anfrage:

 

1.    Wann und in welcher Form wurde der Inhalt dieses einstimmig angenommenen Entschließungantrags der ägyptischen Regierung zur Kenntnis gebracht?

2.    Wurde von Seiten Ägyptens ein Moratorium über die Verhängung der Todesstrafe beziehungsweise deren Vollstreckung erlassen oder wenigstens ins Auge gefasst?

3.    Wie viele Todesurteile wurden 2015 vollstreckt?

4.    Wie viele seit Jahresbeginn 2016?

5.    Werden Sie als Außenminister der Republik Österreich darauf hinwirken, dass die Todesstrafe des früheren Präsidenten Mursi in eine Haftstrafe umgewandelt wird?

6.    Werden Sie als Außenminister der Republik Österreich im Fall Regeni darauf hinwirken, dass Ägypten eine Prüfung der Ereignisse durch eine internationale Kommission zustimmt?

7.    Wie können Sie sich die beiden, sich diametral widersprechenden Autopsien im Fall Regeni erklären?