8866/J XXV. GP

Eingelangt am 05.04.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend die Wirtschaftspartnerschaft Coffee Alliances for Ethiopia (CAFÉ).

Die Austrian Development Agency (ADA) unterstützt mit 499.500 Euro die Wirtschaftspartnerschaft Coffee Alliance for Ethiopia (CAFÉ) in Äthiopien und übernimmt damit laut Projektbeschreibung 50% des Projektvolumens. VertragspartnerInnen sind die ARGE Hanns R. Neumann Stiftung, die Fondazione Giuseppe e Pericle Lavazza Onlus und Familije Löfberg Stiftelse.

Die Gemeinnützigen Stiftungen der Unternehmen aus der Kaffeeindustrie verfolgen laut Homepage der ADA das gemeinsame Ziel, „die Lebensbedingungen kleiner Kaffeeproduzentlnnen und deren Familien    zu        verbessern“.                             (http://www.entwicklung.at/zahlen-daten-und- fakten/proiektliste/?tx_sysfirecdlist_pi1[showUid]=1031&cHash=f2913b40de748e93b10e59755fe291e 1)

 

Den Lead beim von der ADA geförderten Projekt hat die Neumann Stiftung inne. Die Stiftung wurde 2005 von der Familie Neumann als unabhängige und gemeinnützige Stiftung gegründet. Sie setzt sich für „mehr Nachhaltigkeit in der Kaffeewirtschaft“ ein und „hilft beim Schutz der natürlichen Ressourcen“ (http://www.nkg.de/verantwortung.html ). Die Familie Neumann ist auch Gründerin des weltweitführenden Rohkaffeedienstleisters der Neumann Kaffee Gruppe, welcher im Fall Kaweri in Uganda Landgrabbing vorgeworfen wird.

 

Es steht der Vorwurf im Raum das Tochterunternehmen der Neumann Gruppe, die Kaweri Coffee Plantation Ldt. (Kaweri), habe Landgrabbing für den Anbau von Kaffee in Uganda begangen. Die BewohnerInnen des Landes, das für den Kaffeeanbau durch Kaweri vorgesehen war, seien laut der Menschenrechtsorganisation FIAN vertrieben und nicht entsprechend entschädigt worden. Eine ugandische Investitionsbehörde habe den Vertrag zwischen dem ugandischen Staat und Kaweri verhandelt. Im August 2001 wurden die BewohnerInnen durch die ugandische Armee vertrieben. http://www.fian.de/fallarbeit/kaweriuganda/

Die Neumann Gruppe bestreitet jegliche Vorwürfe. Kaweri habe einen Pachtvertrag über 99 Jahre mit einem „Clean Title“ mit dem ugandischen Staat abgeschlossen. Es hätte sich um Land handeln sollen, das „frei von Ansprüchen jeglicher Art“ sei. http://www.nkg.de/userfiles/Documents/2013-02-01-kaweri-clean-title-de.pdf

 

Im August 2002 haben die Vertriebenen die ugandische Regierung und die Kaweri Kaffee Plantage verklagt. Das Verfahren wurde laufend verschleppt. Bis heute läuft ein Verfahren gegen Kaweri auf unterschiedlichen ugandischen Instanzen. Auch der Nationale Kontaktpunkt im Deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wurde eingeschaltet. Dieser sprach die Neumann Gruppe von allen Vorwürfen frei. Im Jahr 2015 äußerte sich der UN-Sozialausschuss bei der Prüfung Ugandas in seinen abschließenden Bemerkungen sehr besorgt darüber, dass die Vertriebenen der Kaweri Kaffeeplantage ihr Land bisher nicht wieder zurückbekommen haben. Der Prüfbericht fordert die ugandische Regierung auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechte der Vertriebenen wiederherzustellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres folgende

Anfrage:

1)       Ist Ihrem Ressort der Fall Kaweri bekannt?

2)       Wie wurde in der Projektentwicklung sichergestellt, dass der menschenrechtsbasierte Ansatz, dem sich die OEZA verschrieben hat, in der Zusammenarbeit mit der ARGE Hanns R. Neumann Stiftung verfolgt wird?

3)       Wie wird in der Projektimplementierung sichergestellt, dass der menschenrechtsbasierte Ansatz, dem sich die OEZA verschrieben hat, in der Zusammenarbeit mit der ARGE Hanns R. Neumann Stiftung verfolgt wird?

4)       Politikkohärenz für Entwicklung ist im aktuellen Dreijahresprogramm 2016-2018 der OEZA festgeschrieben. Mit welchen Instrumenten wird diese in der Wirtschaftspartnerschaft Coffee Alliances for Ethiopia sichergestellt?

5)       Welchen Beitrag für das Projekt leistet die ARGE Hanns R. Neumann Stiftung?

6)       Welchen Beitrag für das Projekt leistet die Fondazione Giuseppe e Pericle Lavazza Onlus?

7)       Welchen Beitrag für das Projekt leistet die Familije Löfberg Stiftelse?

8)       Welche Rolle haben die Projektbetroffenen bei der Projektkonzeption eingenommen?

9)       Welche positiven Effekte für die lokale Bevölkerung sind aus dem Projekt zu erwarten?

10)   Welchen Beitrag zur Armutsminderung wird das Projekt haben?

11)   Wie soll der Beitrag des Projektes zur Armutsminderung gemessen werden?

12)   Die Projektlaufzeit hat im November 2014 begonnen. Welches sind die Zwischenergebnisse nach über einem Jahr Laufzeit?

13)   In einem Schreiben des BMEIA vom 18.12.2015 an die AG Globale Verantwortung werden interessierten Beteiligten Daten betreffend unter anderem die Hintergründe jedes Vorhabens und die zu erwartenden Ergebnisse in Aussicht gestellt, die auf der Homepage der OEZA veröffentlicht werden sollen. Steht diese Information bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt zur Verfügung? Wann ist mit der Veröffentlichung diser Daten zu rechnen?

14)   Wie sind die Besitztitel des Landes, auf dem der Kaffee produziert werden soll, geregelt?

15)   Hat es in der Vorbereitung und / oder der Umsetzung des Projektes Änderungen in den Landtiteln gegeben?

16)   Haben Konsultationsprozesse unter Berücksichtigung des Free Prior Informed Consent stattgefunden?

17)   Wurde sichergestellt, dass alle betroffenen Bevölkerungsgruppen, insbesondere Frauen und nicht nur meist männliche Chiefs, in Entscheidungsprozesse bzgl. des Projekts eingebunden waren?

18)   Wie setzen sich die Entscheidungsgremien der Genossenschaften und der Dachorganisation zusammen?

19)   In welchem (Zulieferer/Abnehmer)Vertragsverhältnis stehen die beteiligten Produzentlnnen und die Neumann Gruppe/ Fondazione Giuseppe e Pericle Lavazza Onlus/Löfberg Stiftelse?

20) Leistet das Projekt einen Beitrag zur Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs?)

a)       Wenn ja, welchen?

b)       Wenn nein, warum nicht?


21)   Die vom BMEIA in Kooperation mit der ADA erarbeitete Landesstrategie Äthiopien 2014-2016 gibt an, dass im Bereich Wirtschaft und Entwicklung insbesondere auf jene Kooperationen fokussiert wird, in denen ein unmittelbarer Bezug zu den programmatischen Schwerpunkten der Landesstrategie besteht. Diese sind i) Ernährungssicherung, Landnutzung und nachhaltige Ressourcenmanagement und ii) öffentliche Dienstleistungen auf lokaler Ebene, wobei eine deutliche Schwerpunktsetzung in der Region Nord Gondar vorgesehen wird. Welche diesbezüglichen Bezüge gibt es hinsichtlich der Wirtschaftspartnerschaft Coffee Alliances for Ethiopia?

22)   Welche Lernerfahrungen - etwa aus dem Bereich Fair Trade - sind für das Projekt der Coffee Alliance for Ethiopia relevant?

23)   Welche allfällig anderen Ziele und Aktivitäten im Bereich einer Förderung der Privatwirtschaft   - die ja auch die Landwirtschaft einschließt - werden im Rahmen der neuen Landesstrategie Äthiopien speziell betreffend die Region Nord Gondar vorgesehen?

24)   Welche Mechanismen der strategischen Steuerung von Aktivitäten im Privatsektor sind von Seiten der für die Erstellung und Begleitung der neuen Landesstrategie Äthiopien zuständigen Organisationseinheit des BMEIA angedacht?