8867/J XXV. GP

Eingelangt am 06.04.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Eva Glawischnig-Piesczek, Alev Korun, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Spendenzugriff des Innenministeriums auf Gelder der NGOs?

BEGRÜNDUNG

 

Ende März wurde bekannt, dass Hilfsorganisationen, die seit Monaten ankommenden Flüchtlinge in Transit- bzw. Notquartieren auf Ersuchen des Innenministeriums versorgen, bereits seit über zwei Monaten auf die Bezahlung der Gelder, die sie dafür vorgestreckt haben, warten. Das Bundesministerium für Inneres ist bei der Zahlung schlichtweg säumig.

Der Generalsekretär des Roten Kreuzes erklärte im Ö1 Morgenjournal, dass es für einige Landesverbände bereits "recht knapp" werde, da in der Zwischenzeit siebenstellige Eurobeträge offen seien. Für die Hilfsorganisationen sei dies eine "große Belastung". Manche Landesverbände bringe die Situation "an den Rand der Zahlungsfähigkeit“. Aus dem Innenministerium hieß es dazu lapidar man sei zwar säumig, die Leistungen der NGOs stünden aber ohnehin außer Frage.

Das hinderte das Innenministerium nicht daran, an die NGOs ein Schreiben zu verschicken, in dem es diese dazu auffordert, die Höhe der Spendengelder, die sie für Flüchtlingshilfe einnehmen, bekanntzugeben, damit diese Summe dann vom seitens des BMI geschuldeten Betrags abgezogen werden könne. Kurzum: Das Innenministerium will sich aus privaten Spendengeldern der NGOs nun anscheinend die eigentlich staatliche Aufgabe der Notversorgung von Flüchtenden mitfinanzieren lassen.

Es stellt sich die Frage, ob die extra dafür erdachte „Sonderrichtlinie des Bundesministeriums für Inneres zur Abwicklung der Förderungen im Zusammenhang mit Hilfsmaßnahmen für Transitflüchtlinge“ („Sonderrichtlinie“) und die darauf basierenden Verträge nicht eine rechtliche Fehleinstufung sind. Die vom Innenministerium beauftragten Leistungen dürften nämlich gar nicht unter den Förderungsbegriff des §2 der Allgemeinen Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln („ARR“), auf die es sich beruft, fallen: Denn bei den NGO-Leistungen handelt es sich um direkt beauftragte, geldwerte Gegenleistungen, was eine Förderung ausschließen würde. Somit wäre aber auch die Einrechnung der Spenden unzulässig.

 

ANFRAGE

 

1)    Weshalb ist das Innenministerium nun bereits über zwei Monate mit der Rückerstattung der Gelder an die NGOs für Not/Transitquartiere im Verzug?

2)    Wie oft kam es in den letzten 6 Monaten zu einem Zahlungsverzug seitens des Innenministeriums?

 

3)     Werden die NGOs bei einem Zahlungsverzug des Innenministeriums vorab davon verständigt? Falls ja, mit wieviel zeitlichem Vorlauf  und in welcher Weise?

 

4)    Ab wann übernahmen NGOs die Einrichtung und Betreuung von Not/Transitquartieren?

 

5)    Wurden die NGOs vom Innenministerium darum ersucht, falls ja, wann genau?

 

6)    Wann wurde die Sonderrichtlinie des Bundesministeriums für Inneres dazu vom Innenministerium ausgefertigt, wann die Verträge mit den NGOs dazu unterfertigt?

 

7)    Wurden die NGOs somit vom Bundesministerium für Inneres mit der Erbringung von Hilfsmaßnahmen (Nahrungsversorgung, Unterbringung, Betreuung) für Transitflüchtlinge beauftragt?

 

8)    Traten die NGOs somit auf Bitte des Innenministeriums hin in Vorleistung?

 

9)    Falls ja, hat das Innenministerium den finanziellen Druck auf die NGOs, der durch diese Vorausleistung der NGOs entstand dazu benutzt, um bei der Sonderrichtlinie die die NGOs benachteiligende Regelungen aus Punkt VI.1,  die die Einrechnung von Spendengeldern vorsieht, aufzunehmen?

 

10) Auf welcher rechtlichen Grundlage hat das Innenministerium entschieden, hier NGOs bei der Auftragsvergabe wesentlich schlechter zu stellen, als andere private, gewinnorientierte Firmen, die ebenfalls mit staatlichen Aufgaben wie der Schubhaftbetreuung oder der Betreuung von Flüchtlingen in den Erstaufnahmestellen betraut wurden?

 

11) Wurde im Vertrag zum Betrieb des Schubhaftgefängnisses Vordernberg mit der G4S (der ebenfalls auf das Innenministerium zurückgeht) vorgesehen, dass G4S Eigenmittel zum Betrieb des Schubhaftgefängnisses Vordernberg heranzuziehen hat bzw. sich auf die Vergütung anrechnen lassen muss? Falls ja, in welchem Ausmaß genau? Falls nein, weshalb nicht?


12) Wurde in den ORS-Betreuungsverträgen im Rahmen der Bundesbetreuung von Asylsuchenden vorgesehen, dass die ORS GmbH Eigenmittel zum Betrieb der betreuten Erstaufnahmestellen heranzuziehen hat bzw. sich auf die Vergütung anrechnen lassen muss? Falls ja, in welchem Ausmaß genau? Falls nein, weshalb nicht?

 

 

13) Falls nein: Weshalb wurde für die NGOs, die hier mit der Transitflüchtlingsbetreuung ebenfalls eine staatliche Aufgabe übernehmen

 

a) eine Einstufung als „Förderung“ vorgenommen

 

b) zusätzlich noch eine benachteiligende Regelung in Punkt VI.1 der Sonderrichtlinie aufgenommen, die eine Verwendung von Spendengeldern (für eigentlich staatliche Zwecke!) vorsieht?

 

14) Weshalb wurden Sonderregelungen für die NGOs getroffen, nicht aber für private Unternehmen, die in vergleichbaren Bereichen vom Innenministerium beauftragt wurden?

 

15) Wieviel Geld wurde seit Oktober 2015 an die einzelnen NGOs für ihre Leistungen im Rahmen der Sonderrichtlinie pro Monat ausbezahlt?

 

16) Deckt sich dies mit den jeweils von den NGOs eingereichten Kosten? Falls nein, welche Kosten wurden vom BMI nicht bedeckt?

 

17)  Wie viele Not/Transitquartiere wurden im Rahmen der Sonderrichtlinie seit Oktober finanziert?

 

3.

sonstige Geldzuwendungen privatrechtlicher Art,

die der Bund in Ausübung der Privatwirtschaftsverwaltung (Art. 17 B-VG) einer außerhalb der Bundesverwaltung stehenden natürlichen oder juristischen Person oder einer im Firmenbuch eingetragenen Personengesellschaft auf Grundlage eines privatrechtlichen Förderungsvertrages aus Bundesmitteln für eine förderungswürdige Leistung (§ 12) gewährt, ohne dafür unmittelbar eine angemessene, geldwerte Gegenleistung zu erhalten.[Hervorhebung durch Autor]“

sind, schließt dies die Erbringung von Leistungen wie Nahrungsversorgung, medizinischer Betreuung und Unterbringung in Not- und Übergangsquartieren von Transitflüchtlingen, die eben eine geldwerte Gegenleistung darstellen, nicht aus?

18) Da laut §2 ARR eine Förderung im Sinne dieser Verordnung „ Aufwendungen des Bundes für […]

19)  Da hier die NGOs offensichtlich eine geldwerte Gegenleistung – noch dazu im Auftrag des Staates erbringen – dürften diese Leistungen der NGOs eigentlich nicht als Förderung eingestuft werden. Wie und bis wann gedenken Sie diese rechtliche Fehleinstufung zu beheben?

 

20)  Mit April 2016 läuft die Sonderrichtlinie aus, werden sie diese zu denselben Konditionen zu verlängern oder planen Sie Änderungen, insbesondere im Hinblick auf die Einstufung von geldwerten Gegenleistungen als „Förderungen“? Falls ja, welche?

 

21) Plant das Innenministerium gegebenenfalls, selbst die Betreuung der Notquartiere zu übernehmen? Falls nein, weshalb nicht? Falls ja, bis wann?

 

22) Falls ja, wie hoch wären die Kosten des Innenministeriums im Falle der Übernahme der Betreuungs- und Unterbringungskosten, medizinischer Betreuung und Nahrungsversorgung für die Notquartiere bei gleichbleibender Belegung (Personalkosten eingerechnet) pro Monat?

 

23) Wie hoch ist der Sockelbetrag den ORS für die Betreuung der EAST Traiskirchen monatlich erhält, wie hoch die zusätzlichen Beträge pro betreuter Person?