Eingelangt am 13.04.2016
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Anfrage
der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde an die
Bundesministerin für Inneres
betreffend Verschwundene Kinder
und Jugendliche ohne Begleitung
BEGRÜNDUNG
Nach
jüngsten Zahlen von Europol sind an die 10.000 unbegleitete
Flüchtlinge unter 18 Jahren („UMFs“) in Europa verschwunden.
Tausende seien in europäischen Staaten registriert worden, doch dann habe
sich ihre Spur verloren, sagte Brian Donald, Stabschef von Europol, dem
Observer. Er warnte davor, dass einige in die Hände von Kriminellen und
Menschenhändlern gefallen sein könnten. Europol habe Beweise, dass
manche Kinder und Jugendliche auf der Flucht sexuell missbraucht worden sein.
Kriminelle Banden, die bisher als Schleuser aufgetreten seien, wären dazu
übergegangen, Flüchtlinge für Sexarbeit und Sklaverei
auszunutzen (Die Zeit, 1.2.2016).
In Österreich spricht das Innenministerium von
derzeit 475 Minderjährigen, die nicht aus einem EU-Staat stammen und
vermisst werden. So sind alleine in Erstaufnahmestelle („EAST“)
Traiskirchen im Vorjahr 100 Kinder und Jugendliche abgängig gemeldet
worden, berichtet Ö1 am 2.2.2016.
Die Grünen haben einen parlamentarischen
Antrag mit konkreten Möglichkeiten, das Verschwinden von Kinder und
Jugendliche zu verhindern, eingebracht. Die Regierungsparteien haben diesen
jedoch schlichtweg vertagt – womit auch keinerlei Debatte im Plenum und
somit in der Öffentlichkeit darüber stattfinden konnte. Es fragt
sich, was die Regierung in dieser Sache außer der Ablehnung
parlamentarischer Initiativen unternommen hat.
Die unterfertigenden Abgeordneten
stellen daher folgende
ANFRAGE
- Wie viele unbegleitete minderjährige
AsylwerberInnen waren jeweils zum Monatsletzten im Jahr 2015 bis inklusive
April 2016 in der Bundesbetreuungsstelle Traiskirchen untergebracht?
- Wird im Falle der Abgängigkeit von unbegleiteten
Minderjährigen von den LeiterInnen der Bundesbetreuungseinrichtungen
darauf reagiert? Falls ja, wie genau?
- Gibt es einen fixen Ablauf zur Meldung,
Vorgehensweise und Dokumentation solcher Fälle? Falls ja, bitte um
detaillierte Schilderung.
- Falls ja, wie viele solcher Fälle wurden
in Bundesbetreuungseinrichtungen bisher registriert und dokumentiert?
- Falls nein, warum werden solche
Aufzeichnungen/Statistiken nicht geführt? Wie bringen Sie dies mit
dem in der EU-Aufnahmerichtlinie vorgesehenen besonderen Schutz
minderjähriger AsylwerberInnen in Einklang?
- Wird seitens des BMI eine
Abgängigkeitsmeldung erstattet und nach den betreffenden Kindern und
Jugendlichen aktiv gesucht, sollten unbegleitete minderjährige
AsylwerberInnen nicht in die Bundesbetreuungsstelle der sie zugewiesen sind
zurückkehren, oder werden diese nur aus der Grundversorgung
abgemeldet?
- Werden die Daten zur Abgängigkeit von unbegleiteten
Minderjährigen zentral gesammelt? Falls ja, wo und wie ist deren
Letztstand?
- Obwohl 2015 in Österreich fast 10.000
Asylanträge durch unbegleitete Minderjährige Asylsuchende
gestellt wurden, befanden sich Ende des Jahres nur 6.000 UMFs in
Grundversorgungen. Was ist mit den verbleibenden 3.500-4.000 unbegleiteten
Minderjährigen geschehen? Wie viele von ihnen sind abgängig, wie
viele in Landesquartieren versorgt?
- Wie hoch ist der Anteil an unbegleiteten
Minderjährigen innerhalb der Gruppe der als „abgängig
gemeldeten minderjährigen Nicht-EU BürgerInnen“ laut den
Daten des Kompetenzzentrums für abgängige Personen (KAP) mit 1.
April 2016, wie hoch war der Anteil mit 31.12.2015?
- Können Sie durch Kooperation mit anderen
EU-Ländern erheben, wie viele der aus österreichischen
Bundesbetreuungsstellen abgängigen unbegleitete Minderjährige in
diese weitergereist sind und wie viele dort erneut einen Asylantrag
gestellt haben?
- Falls ja, wie viele unbegleitete
Minderjährige, die aus Österreich abgängig waren, haben in
anderen EU-Ländern einen Asylantrag eingebracht? In welchen EU-Staaten
genau?
- Einem Koordinationsratsbeschluss zu Folge
sollten unbegleitete Minderjährige von den Bundesländern sofort
in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe aufgenommen werden. Weshalb
kommen unbegleitete Minderjährige trotzdem in die
Bundesbetreuungsstelle Traiskirchen?
- Wie viele unbegleitete Minderjährige
werden durchschnittlich im Monat direkt von Einrichtungen der Kinder- und
Jugendhilfe aufgenommen, wie viele in Bundesbetreuungsstellen
untergebracht?
- Wie lang ist der durchschnittliche Aufenthalt von
unbegleiteten Minderjährigen in der Betreuungsstelle Traiskirchen?
- Durch welche konkret stattfindenden Betreuungsmaßnahmen
und Sicherheitsmaßnahmen wird dort sichergestellt, dass diese
jungen AsylwerberInnen vor Ausbeutung und Anwerbung durch
Menschenhändler geschützt werden?
- Im grünen Entschließungsantrag „Schutz
von unbegleiteten Minderjährigen vor Menschenhändlern„ wird
die Sicherstellung einer tatsächlich vorhandenen kinder- und
jugendgerechten Betreuungsstruktur in Bundesbetreuungsstellen sowie
Landesunterbringungen, gefordert, da Berichten zufolge va. in der EAST
Traiskirchen eine Betreuung großteils fehlt. Wie viele
Betreuungspersonen sind in der EAST Traiskirchen ausschließlich
für die Betreuung unbegleiteter Minderjährige abgestellt?
- Welche Aktivitäten und
Angebote für Kinder und Jugendliche finden in der EAST Traiskirchen
derzeit wöchentlich statt? Bitte um einzelne Auflistung der
Aktivitäten/Angebote mit Angabe wie oft diese abgehalten werden.
- Im
Hinblick auf die besondere Schutzbedürftigkeit von
Minderjährigen, gibt es in Bundesbetreuungs- bzw. Übergangsquartieren
sichere Aufenthaltsorte und Anlaufstellen für Minderjährige,
z.B. in Form von speziell geschulten Ansprechpersonen beiderlei
Geschlechts (damit Mädchen sich an Frauen bzw. Buben sich an
Männer wenden können), an die sich die Minderjährigen
wenden können im Falle von Übergriffen, Gewalt, sexuellem
Missbrauch?
- Gibt es in Bundesbetreuungs- bzw.-
Übergangsquartieren Beratungsangebote bzw. werden den Kindern und
Jugendlichen standardmäßig Informationen in der jeweiligen
Landessprache über Hotlines bzw. Webseiten oder Beratungspersonen
mitgeteilt?
- In Bezug auf die Wahrung der Intimsphäre
bzw. den besonderen Schutz: Wie sicher sind Dusch- und
Sanitärräume in den Bundesbetreuungseinrichtungen für
minderjährige Buben und Mädchen? Sind die Räume abschließbar?
- Welche konkreten Maßnahmen planen Sie,
um das Verschwinden von unbegleiteten Minderjährigen aus
Bundesbetreuungsstellen aufzuklären?
- Welche konkreten Maßnahmen planen Sie,
um das Verschwinden von unbegleiteten Minderjährigen aus
Bundesbetreuungsstellen, und die damit einhergehende Gefahr, dass diese
Minderjährigen Opfer von Menschenhändlern werden, zu verhindern?
- Sind Sie diesbezüglich mit Interpol in
Kontakt? Falls ja, welche Informationen bezüglich verschwundener
unbegleiteter Minderjähriger haben Sie erhalten?
- Falls nein, weshalb nicht?