8928/J XXV. GP

Eingelangt am 13.04.2016
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Anfrage

der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Verschwundene Kinder und Jugendliche ohne Begleitung

BEGRÜNDUNG

Nach jüngsten Zahlen von Europol sind an die 10.000 unbegleitete Flüchtlinge unter 18 Jahren („UMFs“) in Europa verschwunden. Tausende seien in europäischen Staaten registriert worden, doch dann habe sich ihre Spur verloren, sagte Brian Donald, Stabschef von Europol, dem Observer. Er warnte davor, dass einige in die Hände von Kriminellen und Menschenhändlern gefallen sein könnten. Europol habe Beweise, dass manche Kinder und Jugendliche auf der Flucht sexuell missbraucht worden sein. Kriminelle Banden, die bisher als Schleuser aufgetreten seien, wären dazu übergegangen, Flüchtlinge für Sexarbeit und Sklaverei auszunutzen (Die Zeit, 1.2.2016).

In Österreich spricht das Innenministerium von derzeit 475 Minderjährigen, die nicht aus einem EU-Staat stammen und vermisst werden. So sind alleine in Erstaufnahmestelle („EAST“) Traiskirchen im Vorjahr 100 Kinder und Jugendliche abgängig gemeldet worden, berichtet Ö1 am 2.2.2016.

Die Grünen haben einen parlamentarischen Antrag mit konkreten Möglichkeiten, das Verschwinden von Kinder und Jugendliche zu verhindern, eingebracht. Die Regierungsparteien haben diesen jedoch schlichtweg vertagt – womit auch keinerlei Debatte im Plenum und somit in der Öffentlichkeit darüber stattfinden konnte. Es fragt sich, was die Regierung in dieser Sache außer der Ablehnung parlamentarischer Initiativen unternommen hat.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

  1. Wie viele unbegleitete minderjährige AsylwerberInnen waren jeweils zum Monatsletzten im Jahr 2015 bis inklusive April 2016 in der Bundesbetreuungsstelle Traiskirchen untergebracht?
  2. Wird im Falle der Abgängigkeit von unbegleiteten Minderjährigen von den LeiterInnen der Bundesbetreuungseinrichtungen darauf reagiert? Falls ja, wie genau?
  3. Gibt es einen fixen Ablauf zur Meldung, Vorgehensweise und Dokumentation solcher Fälle? Falls ja, bitte um detaillierte Schilderung.
  4. Falls ja, wie viele solcher Fälle wurden in Bundesbetreuungseinrichtungen bisher registriert und dokumentiert?
  5. Falls nein, warum werden solche Aufzeichnungen/Statistiken nicht geführt? Wie bringen Sie dies mit dem in der EU-Aufnahmerichtlinie vorgesehenen besonderen Schutz minderjähriger AsylwerberInnen in Einklang?
  6. Wird seitens des BMI eine Abgängigkeitsmeldung erstattet und nach den betreffenden Kindern und Jugendlichen aktiv gesucht, sollten unbegleitete minderjährige AsylwerberInnen nicht in die Bundesbetreuungsstelle der sie zugewiesen sind zurückkehren, oder werden diese nur aus der Grundversorgung abgemeldet? 
  7. Werden die Daten zur Abgängigkeit von unbegleiteten Minderjährigen zentral gesammelt? Falls ja, wo und wie ist deren Letztstand?
  8. Obwohl 2015 in Österreich fast 10.000 Asylanträge durch unbegleitete Minderjährige Asylsuchende gestellt wurden, befanden sich Ende des Jahres nur 6.000 UMFs in Grundversorgungen. Was ist mit den verbleibenden 3.500-4.000 unbegleiteten Minderjährigen geschehen? Wie viele von ihnen sind abgängig, wie viele in Landesquartieren versorgt?
  9. Wie hoch ist der Anteil an unbegleiteten Minderjährigen innerhalb der Gruppe der als „abgängig gemeldeten minderjährigen Nicht-EU BürgerInnen“ laut den Daten des Kompetenzzentrums für abgängige Personen (KAP) mit 1. April 2016, wie hoch war der Anteil mit 31.12.2015?
  10. Können Sie durch Kooperation mit anderen EU-Ländern erheben, wie viele der aus österreichischen Bundesbetreuungsstellen abgängigen unbegleitete Minderjährige in diese weitergereist sind und wie viele dort erneut einen Asylantrag gestellt haben?
  11. Falls ja, wie viele unbegleitete Minderjährige, die aus Österreich abgängig waren, haben in anderen EU-Ländern einen Asylantrag eingebracht? In welchen EU-Staaten genau?
     
  12. Einem Koordinationsratsbeschluss zu Folge sollten unbegleitete Minderjährige von den Bundesländern sofort in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe aufgenommen werden.  Weshalb kommen unbegleitete Minderjährige trotzdem in die Bundesbetreuungsstelle Traiskirchen?
  13. Wie viele unbegleitete Minderjährige werden durchschnittlich im Monat direkt von Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe aufgenommen, wie viele in Bundesbetreuungsstellen untergebracht?
     
  14. Wie lang ist der durchschnittliche Aufenthalt von unbegleiteten Minderjährigen in der Betreuungsstelle Traiskirchen?
  15. Durch welche konkret stattfindenden Betreuungsmaßnahmen und Sicherheitsmaßnahmen wird dort  sichergestellt, dass diese jungen AsylwerberInnen vor Ausbeutung und Anwerbung durch Menschenhändler geschützt werden?
  16. Im grünen Entschließungsantrag „Schutz von unbegleiteten Minderjährigen vor Menschenhändlern„ wird die Sicherstellung einer tatsächlich vorhandenen kinder- und jugendgerechten Betreuungsstruktur in Bundesbetreuungsstellen sowie Landesunterbringungen, gefordert, da Berichten zufolge va. in der EAST Traiskirchen eine Betreuung großteils fehlt. Wie viele Betreuungspersonen sind in der EAST Traiskirchen ausschließlich für die Betreuung unbegleiteter Minderjährige abgestellt?
  17. Welche Aktivitäten und Angebote für Kinder und Jugendliche finden in der EAST Traiskirchen derzeit wöchentlich statt? Bitte um einzelne Auflistung der Aktivitäten/Angebote mit Angabe wie oft diese abgehalten werden.
  18.  Im Hinblick auf die besondere Schutzbedürftigkeit von Minderjährigen, gibt es in Bundesbetreuungs- bzw. Übergangsquartieren sichere Aufenthaltsorte und Anlaufstellen für Minderjährige, z.B. in Form von speziell geschulten Ansprechpersonen beiderlei Geschlechts (damit Mädchen sich an Frauen bzw. Buben sich an Männer wenden können), an die sich die Minderjährigen wenden können im Falle von Übergriffen, Gewalt, sexuellem Missbrauch?
  19. Gibt es in Bundesbetreuungs- bzw.- Übergangsquartieren Beratungsangebote bzw. werden den Kindern und Jugendlichen standardmäßig Informationen in der jeweiligen Landessprache über Hotlines bzw. Webseiten oder Beratungspersonen mitgeteilt?
  20. In Bezug auf die Wahrung der Intimsphäre bzw. den besonderen Schutz: Wie sicher sind Dusch- und Sanitärräume in den Bundesbetreuungseinrichtungen für minderjährige Buben und Mädchen? Sind die Räume abschließbar?
  21. Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um das Verschwinden von unbegleiteten Minderjährigen aus Bundesbetreuungsstellen aufzuklären?
  22. Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um das Verschwinden von unbegleiteten Minderjährigen aus Bundesbetreuungsstellen, und die damit einhergehende Gefahr, dass diese Minderjährigen Opfer von Menschenhändlern werden, zu verhindern?
  23. Sind Sie diesbezüglich mit Interpol in Kontakt? Falls ja, welche Informationen bezüglich verschwundener unbegleiteter Minderjähriger haben Sie erhalten?
  24. Falls nein, weshalb nicht?