8978/J XXV. GP

Eingelangt am 15.04.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, DI Deimek

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend Schulbücher verbreiten Pseudowissen am Beispiel von „Geospots“ des Veritas-Verlags

 

 

Sichtlich selbst überrascht war der Autor Christian Felber über seine Namensnennung gemeinsam mit tatsächlichen Wirtschaftstheoretikern wie Hayek, Keynes, Marx oder Friedman in einem Schulbuch für Geografie und Wirtschaftskunde für die 7./8. AHS.

 

Der Redakteur von NZZ.at formuliert die Problematik daran folgendermaßen:

 

„Es passiert selten, dass meine ehemaligen Universitätsprofessoren erboste E-Mails verfassen, in deren Betreffzeile das Wort „skandalös“ und viele Rufzeichen vorkommen. Doch eine Grafik in einem Schulbuch, 'Geospots' für die 7. und 8. Schulstufe, hat genau das geschafft.
Abgebildet sind angeblich die gängigen Wirtschaftstheorien. Abgesehen von den leicht problematischen Umständen, dass Milton Friedman ein zusätzliches 'n' in den Nachnamen geschmuggelt wurde, dass nicht klar ist, wo denn Adam Smith abgeblieben ist, und dass die 'Gegenpole' Nachfrage (Keynes) und Markt (Hayek) alles, nur keine Gegenpole sind, drängt sich vor allem eine Frage auf: Was in aller Welt macht der Attac-Mitbegründer Christian Felber in einer Riege mit John Mayard
[sic!] Keynes, Karl Marx, Milton Friedman und Friedrich August von Hayek? [...]“ (https://nzz.at/geld/mit-attac-ideologie-im-schulbuch-gegen-den-neoliberalismus, 5. Apr. 2016)

 

Um die Absurdität nicht allein der Fantasie des Lesers zu überlassen sei an dieser Stelle auch noch eine Buchkritik in der „Presse“ vom 24. Jänner 2012 zu Christian Felbers Buch „Gemeinwohl“ auszugsweise zitiert:

 

„Wie man sich ein Weltbild richtig zurechtbiegt […]

Christian Felber preist seine 'Gemeinwohl-Ökonomie' als „Wirtschaftsmodell der Zukunft“ an. Tatsächlich erinnert sein Modell an dunkle Epochen und trägt den Keim einer neuen Kommandowirtschaft in sich.

Ende Oktober des Vorjahres hat sich Christian Felber in einem Leserbrief beschwert, von Michael Fleischhacker zwar beschimpft zu werden (Anarchomarxist, neokommunistischer Gemeinwohl-Pseudoökonom, herzjesumarxistischer Enteignungseuphoriker), sein epochales Buch 'Gemeinwohl-Ökonomie' werde in der 'Presse' jedoch ignoriert. Ich beschloss, das Buch endlich zu lesen, um Felber beispringen zu können. Immerhin geht es um die Mehrung des Guten.

[…] Es gibt Thesen, die sind so falsch, dass sie unwiderlegbar sind. Jede Buchseite schreit nach Widerspruch, so detailverliebt entwirft Felber die 'Gemeinwohl-Ökonomie' am Reißbrett. […] Die Tatsache, dass er keine adäquate Sprache für seine Anliegen findet, weckt zusätzlich Zweifel. Im Funktionärs-Quacksprech prasseln die Thesen herab. Gleichzeitig beruft er sich auf 'wissenschaftliche Erkenntnisse', um seine Thesen zu untermauern. Erkenntnisse, die häufig nur Verweise auf andere Verweise sind. Theorien, die Felbers Annahmen zuwiderlaufen, werden ausgeblendet. Man hat das Gefühl: Hier biegt sich einer die Welt so zurecht, dass sie seinen Theorien entspricht. […]

Man fragt sich, wann die Leute den Wohlstand der 'Gemeinwohl-Ökonomie' produzieren sollen, wenn sie ihre demokratischen Rechte in den wie Schwammerln aus dem Boden schießenden Einrichtungen ausüben wollen: demokratische Banken, Gemeinwohlkonvent, branchenweise Kooperationsausschüsse, demokratische Bahn, Post, Stadtwerke und Kindergärten. Ein 'demokratischer Bankenrat' besteht aus Vertretern der Bankangestellten, Konsumenten, Schuldnern, regionalen KMUs, Gender-Beauftragten (!) und Zukunftsanwaltschaft. […] Alle öffentlichen Betriebe (er nennt sie 'demokratische Allmenden') funktionieren nach diesem Schema bzw. funktionieren nicht, wie man aus bisherigen Erfahrungen mit solchen Einrichtungen annehmen muss. Wen das ans fehlgeschlagene Rätesystem der Sowjetunion und Planwirtschaft erinnert, der liegt nicht ganz falsch. […] Die Felber'schen Konvente (Daseinsvorsorgekonvent, Medienkonvent, Bildungskonvent, Demokratischer Wirtschaftskonvent) klingen erschreckend nach jenem 'Wohlfahrtsausschuss', der zum Instrument jakobinischer Schreckensherrschaft wurde. […] Wer Felbers wackelige Thesen zur Konkurrenz bezweifelt, bekommt taxfrei eine 'unglückliche Kindheit' attestiert. So landet er bei einem neuen Schulmodell, das sich nicht der Bildung, sondern 'der Erziehung zu neuen Werten' widmet: Gefühlskunde, Wertekunde, Kommunikationskunde, Demokratiekunde und Naturerfahrungskunde stehen auf dem Stundenplan. Alle, denen das nach Umerziehungslager klingt, haben wohl zu wenig Elternliebe erfahren. […] Felber ist unwiderlegbar: Wer seine Thesen für Unsinn hält, hat falsche Werte. Er bedient sich hermetischer Argumentationen, die jeden Gegner seiner Thesen ins Unrecht setzen – ein geschlossenes Weltbild. Hinter den demokratischen Überlegungen lugt das böse Antlitz der Diktatur hervor. […] Fleischhacker hat recht: Felber schwelgt in Enteignungsfantasien und predigt einen pseudoökonomischen Pseudokommunismus. Sein Demokratiemodell trägt den Keim einer neuen Kommandowirtschaft in sich. […] 'Tänzer' steht als Felbers Beruf im Klappentext. 'Traumtänzer', möchte man korrigieren. Wie weit es von dort zur Gemeinwohldiktatur ist, will man lieber nicht in Erfahrung bringen.“ (http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/726261/Wie-man-sich-ein-Weltbild-richtig-zurechtbiegt, 5. Apr. 2016)

 

Waren Beobachter bereits bisher fassungslos, dass Herr Felber seine kruden Theorien bei aller unwissenschaftlichen Arbeitsweise („…beruft er sich auf 'wissenschaftliche Erkenntnisse', um seine Thesen zu untermauern. Erkenntnisse, die häufig nur Verweise auf andere Verweise sind.“; „…bedient sich hermetischer Argumentationen“) an einer Wirtschaftsuniversität zum Besten geben durfte, so ist es vollends unglaublich, dass bei allen schlechten Ergebnissen heimischer Schüler bei diversen Schultestungen (zuletzt etwa Deutschbeherrschung bei Volksschülern) nun auch noch Gymnasiasten mit derart pseudowissenschaftlichen Inhalten verbildet werden sollen.

 

Wie der Tageszeitung „Wirtschaftsblatt“ vom 7. April 2016 zu entnehmen ist, haben inzwischen auch sechsundzwanzig Ökonomen einen Brief an Sie gesandt, in dem ua die Nicht-Weiterverwendung des og Schulbuchs gefordert wird:

 

„'Die Auswahl einer Person, die über keine ökonomische Ausbildung verfügt und keine wissenschaftlichen Publikationen aufweist, stellt einen Affront für alle (österreichischen) Wirtschaftsforscher dar', heißt es im Aufruf zur Unterzeichnung des Briefs. Zwar teile man das Ziel, unterschiedliche Wirtschaftstheorien und Fragestellungen der Ökonomie vorzustellen, heißt es dann im von bisher 26 Ökonomen unterzeichneten Schreiben selbst. Eine geeignete Person sei aber 'nach den Kriterien einer entsprechenden internationalen Bedeutung sowie weithin anerkannter wissenschaftlicher Arbeit zu wählen'.

Wenn es um Fragen des Gemeinwohls und Gemeinschaftsgüter gehe, schlagen die Ökonomen Wirtschafts-Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom vor. Lege man den Fokus auf Globalisierungskritik, kämen auch Joseph Stiglitz oder Paul Krugman in Frage, bei einem Akzent auf Verteilungsfragen Thomas Piketty oder der aktuelle Nobel-Laureat Angus Deaton.

Felber, 'der vorwiegend als politischer Aktivist auftritt', wird aber abgelehnt. Dessen Gemeinwohltheorie erfülle nicht die üblichen Kriterien der Wissenschaftlichkeit. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) wird schließlich aufgefordert, das im Veritas Verlag erschienene Lehrbuch in der aktuellen Form nicht weiter für den Einsatz an Schulen zuzulassen.“ (http://wirtschaftsblatt.at/home/life/timeout/4962239/Christian-Felber-auf-einer-Stufe-mit-Keynes-und-Friedman-, 7. Apr. 2016)

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres die folgende

 

 

Anfrage

 

 

1.    Wer hat das og Schulbuch für den Unterricht an 7./8. Klassen der AHS approbiert?

2.    Seit wann ist das og Schulbuch für den Unterricht approbiert?

3.    An welchen Schulen wird das og Schulbuch verwendet?

4.    Gibt es vom Autorenquartett des og Schulbuchs Germ/Hochreiner/Mayrhofer/Part noch weitere Schulbücher, die an österreichischen Schulen im Unterricht verwendet werden?

5.    Falls ja, um welche Titel handelt es sich?

6.    Falls ja, an welchen Schulen werden diese Schulbücher verwendet?

7.    Falls ja, werden Sie den og Fall zum Anlass nehmen, auch diese Schulbücher einer Kontrolle ob ihrer Verwendbarkeit für den Unterricht an österreichischen Schulen zu unterziehen?

8.    Falls ja, bis wann ist dies zu erwarten?

9.    Falls nein, warum nicht?

10. Gibt es vom Autor des og Schulbuchs Germ alleine noch weitere Schulbücher, die an österreichischen Schulen im Unterricht verwendet werden?

11. Falls ja, um welche Titel handelt es sich?

12. Falls ja, an welchen Schulen werden diese Schulbücher verwendet?

13. Falls ja, werden Sie den og Fall zum Anlass nehmen, auch diese Schulbücher einer Kontrolle ob ihrer Verwendbarkeit für den Unterricht an österreichischen Schulen zu unterziehen?

14. Falls ja, bis wann ist dies zu erwarten?

15. Falls nein, warum nicht?

16. Gibt es vom Autor des og Schulbuchs Hochreiner alleine noch weitere Schulbücher, die an österreichischen Schulen im Unterricht verwendet werden?

17. Falls ja, um welche Titel handelt es sich?

18. Falls ja, an welchen Schulen werden diese Schulbücher verwendet?

19. Falls ja, werden Sie den og Fall zum Anlass nehmen, auch diese Schulbücher einer Kontrolle ob ihrer Verwendbarkeit für den Unterricht an österreichischen Schulen zu unterziehen?

20. Falls ja, bis wann ist dies zu erwarten?

21. Falls nein, warum nicht?

22. Gibt es vom Autor des og Schulbuchs Mayerhofer alleine noch weitere Schulbücher, die an österreichischen Schulen im Unterricht verwendet werden?

23. Falls ja, um welche Titel handelt es sich?

24. Falls ja, an welchen Schulen werden diese Schulbücher verwendet?

25. Falls ja, werden Sie den og Fall zum Anlass nehmen, auch diese Schulbücher einer Kontrolle ob ihrer Verwendbarkeit für den Unterricht an österreichischen Schulen zu unterziehen?

26. Falls ja, bis wann ist dies zu erwarten?

27. Falls nein, warum nicht?

28. Gibt es vom Autor des og Schulbuchs Part alleine noch weitere Schulbücher, die an österreichischen Schulen im Unterricht verwendet werden?

29. Falls ja, um welche Titel handelt es sich?

30. Falls ja, an welchen Schulen werden diese Schulbücher verwendet?

31. Falls ja, werden Sie den og Fall zum Anlass nehmen, auch diese Schulbücher einer Kontrolle ob ihrer Verwendbarkeit für den Unterricht an österreichischen Schulen zu unterziehen?

32. Falls ja, bis wann ist dies zu erwarten?

33. Falls nein, warum nicht?

34. Gibt es von Autoren des Autorenquartetts des og Schulbuchs Germ/Hochreiner/Mayrhofer/Part noch in Kombination mit anderen Autoren weitere Schulbücher, die an österreichischen Schulen im Unterricht verwendet werden?

35. Falls ja, um welche Titel handelt es sich?

36. Falls ja, an welchen Schulen werden diese Schulbücher verwendet?

37. Falls ja, werden Sie den og Fall zum Anlass nehmen, auch diese Schulbücher einer Kontrolle ob ihrer Verwendbarkeit für den Unterricht an österreichischen Schulen zu unterziehen?

38. Falls ja, bis wann ist dies zu erwarten?

39. Falls nein, warum nicht?

40. Gibt es einen Kriterienkatalog, welcher für die Erstellung von Schulbüchern einzuhalten ist?

41. Falls ja, welchen Inhalts?

42. Falls nein, warum nicht?

43. Halten Sie das og Schulbuch für den Unterricht an österreichischen Schulen für hinreichend geeignet?

44. Wie äußern Sie sich zum ua von Ökonomen erhobenen Vorwurf, dass in österreichischen Schulbüchern Personen als Wirtschaftskoryphäen präsentiert werden, die weder über eine ökonomische Ausbildung verfügen, noch wissenschaftlichen Publikationen aufweisen und somit Pseudowissen verbreitet wird?

45. Werden Sie der Aufforderung der og Ökonomen nachkommen, dass das im Veritas-Verlag erschienene Lehrbuch in der aktuellen Form nicht weiter für den Einsatz an Schulen zugelassen werden soll?