9057/J XXV. GP

Eingelangt am 21.04.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Petra Bayr und GenossInnen

an den Bundesminister für Justiz betreffend den Auftritt in Wien der PFLP- Aktivistin Leila Khaled

Am Freitag, den 15.04.2016, fand ein Vortrag der palästinensischen Aktivistin und „Revolutionsikone“ Leila Khaled bei einer Veranstaltung des Österreichisch-Arabischen Kulturzentrums (OKAZ) in Wien statt

(http://okaz.at/leila-khaled-revolutionsikone-besucht-wien/).

Khaled ist aktives Mitglied im Politbüro der Volksfront zur Befreiung Palästinas (Popular Front for the Liberation of Palestine, PFLP, http://pflp.ps/enqlish/2016/04/13/comrade-leila-khaled-launches-tour-of- qermany-sweden-and-austria/). Innerhalb dieser Organisation kommt Khaled die Rolle einer Vordenkerin zu, die sich insbesondere in Medienauftritten und Vortragstouren, wie z.B. 2011 in Schweden oder 2015 in Südafrika, manifestiert.

In der Vergangenheit war Khaled an terroristischen Aktivitäten beteiligt. Insbesondere entführte sie, wie unter anderem aus einem Bericht des STANDARD (01.04.2016) hervorgeht, 1969 und 1970 zwei Flugzeuge der amerikanischen TWA bzw. der israelischen El Al in Rom bzw. Amsterdam.

Auch Wien war in der Vergangenheit Tatort des palästinensischen Terrorismus. So stand die PFLP etwa in enger Verbindung mit der Abu-Nidal-Gruppe, die den ehemaligen Wiener Stadtrat Heinz Nittel (SPÖ) am 01.05.1981 durch einen Terroranschlag in Wien ermordete, worauf die Österreichisch-Israelische Gesellschaft (ÖIG) in einer Presseaussendung (14.04.2016) hinwies.

Bei der Veranstaltung der OKAZ mit Khaled war der palästinensische Botschafter in Österreich, Saleh Abdel Shafi, anwesend und begrüßte sie als „Ikone der nationalen Befreiung“ (STANDARD, 15.04.2016). In ihrem Vortrag erläuterte Khaled, dass man nach 1967 eine „bewaffnete Revolution“ gestartet habe und diese „Werkzeuge“ nutze um die Freiheit wiederzuerlangen (ebd.). In Interviews mit österreichischen Medien gab Khaled an, auf Einladung der Palästinensisch-Österreichischen Gesellschaft (PÖG) nach Österreich gekommen zu sein (ÖSTERREICH, 17.4.2016). Ferner legitimierte sie die aktuellen Messerattentate auf israelische Zivilisten als „Widerstand“ (PRESSE, 18.4.2016) und erklärte allgemein: „Ich bereue gar nichts.“ (SALZBURGER NACHRICHTEN, 15.04.2016) Überdies erklärte sie in ihrer Autobiographie

„Mein Volk soll leben“ ihre frühe Bewunderung für Adolf Hitler damit, dass dieser „ein Feind der Juden“ war.

Der Gemeinsame Standpunkt 2001/931/GASP etabliert in Verbindung mit Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 ein EU-Sanktionssystem zur Bekämpfung von Terrorismus. Im Anhang dieser Verordnung wird die PFLP gelistet, der Khaled angehört. Eine solche Einstufung indiziert das Vorliegen einer terroristischen Vereinigung im Sinne des § 278b Abs. 3 StGB. Wenngleich die gegenwärtige personelle Stärke der PFLP nicht bekannt ist, kann zweifellos davon ausgegangen werden, dass sie aus mehr als zwei Personen besteht. Seit ihrer Gründung im Jahr 1967 ist die PFLP auf die Begehung terroristischer Straftaten ausgerichtet, insbesondere Mord, Körperverletzung, Luftpiraterie sowie weiterer terroristischer Straftaten

(http://www.globalsecurity.org/military/world/para/pflp.htm).

Laut Bericht des KURIER (14.04.2016) wurde die Veranstaltung des OKAZ mit Khaled durch das Magistrat Wien untersagt, nachdem das Landesamt für Verfassungsschutz (LV) ein „negatives Sicherheitsgutachten“ übermittelt hatte. Aus dem Bericht geht ferner hervor, dass bei der Staatsanwaltschaft Wien drei Sachverhaltsdarstellungen eingegangen sind - eine davon vom Verfassungsschutz. Eine weitere laut einer Presseaussendung (14.04.2016) von der Israelitischen Kultusgemeinde eingebracht.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Justiz folgende

Anfrage

1.    Ist nach der Rechtsansicht des BMJ die PFLP als terroristische Vereinigung i.S.d. § 278b StGB zu klassifizieren?

2.    Ist nach der Rechtsansicht des BMJ Leila Khaled als Mitglied in einer terroristischen Vereinigung gem. § 278b Abs. 2 i.V.m. § 278 Abs. 3 StGB zu klassifizieren?

a.    Wenn ja, warum?

b.    wenn nein, warum nicht? (Mit Bitte um ausführliche Begründung hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsmerkmale, insbesondere der Handlungsvarianten der „Mitgliedschaft“ sowie des subjektiven Tatbestandes.)

3.    Kommt nach der Rechtsansicht des BMJ Leila Khaled die Rolle einer „Vordenkerin“ einer terroristischen Vereinigung i.S.d. § 278b Abs. 2 i.V.m. § 278 Abs. 3 StGB zu?

4.    Ist es geplant, § 278b Abs. 2 StGB dahingehend zu reformieren, auch reine Formalmitgliedschaften in terroristischen Vereinigungen strafrechtlich zu sanktionieren?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, wann ist mit einem Gesetzesvorschlag zu rechnen?

5.    Gibt oder gab es Ermittlungen dahingehend, ob im Rahmen der Veranstaltung der OKAZ am 15.04.2016 oder im Vorfeld derselben oder in Folge derselben mit Leila Khaled Vermögenswerte gesammelt oder bereitgestellt wurden, die mittelbar oder unmittelbar der PFLP oder einem ihrer Mitglieder (Formalmitglied oder Mitglied i.S.d. § 278 Abs. 3 StGB) zukommen sollen bzw. sollten bzw. zukamen?

6.    Nach welchen Kriterien ist nach Rechtsansicht des BMJ die Abgrenzung zwischen einer euphemistischen Darstellung und einer Gutheißung von terroristischen Straftaten i.S.d. § 282a Abs. 2 StGB vorzunehmen?

7.    Sind nach der Rechtsansicht des BMJ die Äußerungen Leila Khaleds über ihre Vergangenheit als Flugzeugentführerin bzw. über den palästinensischen Terrorismus im Allgemeinen und im Besonderen der Terroranschläge der PFLP objektiv geeignet, die Gefahr der Begehung einer oder mehrerer terroristischer Straftaten gem. § 278c Abs. 1 Z 1-9 oder 10 StGB herbeizuführen?

8.    Bei der Veranstaltung des OKAZ mit Leila Khaled am 15.04.2016 wurde einer anwesenden Zeugin zufolge durch die Vortragende der Satz „The Jewish mind does feel superior, destroys every other country in their area that has civilization and together with the US they want their wealth” geäußert. Stellt dieser Satz nach Rechtsansicht des BMJ, eine Verhetzung i.S.d. §283 StGB dar?

9.    Wenn ja, stellt nach Rechtsansicht des BMJ die unkommentierte Fortführung des Vortrages, bei dem wiederholt vom „Jewish mind“ die Rede war, eine Verhetzung durch Unterlassen gem. §§ 2, 283 StGB aufgrund einer aus dem Vereinsrecht oder anderer Rechtsvorschriften begründeten Garantenstellung durch die Organisatoren bzw. der Vorstandsmitglieder des OKAZ dar?

10.  Wurden aufgrund der genannten Sachverhaltsdarstellungen gegen Leila Khaled oder gegen die Vorstandsmitglieder des Österreichisch­Arabischen Kulturzentrums (OKAZ, ZVR: 360053560) Ermittlungsverfahren eingeleitet oder ist dies zu erwarten?

a.    Wenn ja, aufgrund des Verdachtes welcher in Frage kommenden strafbaren Handlungen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

11.  lst nach Rechtsansicht des BMJ, für den Fall, dass Leila Khaled als Beschuldigte in einem österreichischen Strafverfahren geführt wird, Leila Khaled zur Personenfahndung mittels Europäischem Haftbefehl auszuschreiben?

a.    Fall nein, warum nicht?

b.    Falls ja, würde der Bundesminister für Justiz gegebenenfalls unter Gebrauch seines Weisungsrechts eine Personenfahndung mittels Europäischem Haftbefehl veranlassen?