9058/J XXV. GP

Eingelangt am 25.04.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Gefährdung von Bundesvermögen durch Kohlenstoffblase

BEGRÜNDUNG

 

Das Klimaabkommen von Paris sieht vor, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad °C, wenn möglich 1,5 Grad zu begrenzen. Der Weltklimarat (IPCC) hat errechnet, dass allein zum Erreichen des 2°C-Ziels mindestens zwei Drittel der aktuell bekannten fossilen Reserven nicht verwertet werden können und somit im Boden bleiben müssen. Bleibt der Großteil der fossilen Reserven ungenutzt, droht den in diesem Bereich aktiven Unternehmen ein massiver Wertverlust („Carbon Blase“). Schon jetzt ist dieser  – begleitet vom Preisverfall bei Rohstoffen – zu beobachten. Zwischen Anfang 2014 und September 2015 haben fossile Aktien im Vergleich zum S&P-Leitindex über 40 Prozent an Wert verloren.

Auch Investmentbanken wie die Citigroup oder HSBC halten einen drastischen Absturz der Börsenkurse großer Erdölkonzerne in den nächsten Jahren für denkbar und gehen von Verlusten bis zu 60 Prozent der Unternehmenswerte aus. Der Gouverneur der Bank of England, wie auch der UN-Generalsekretär warnten zuletzt eindringlich vor diesen Risiken. Allein im Euroraum könnte ein Platzen der Carbon Blase 350 bis 400 Milliarden Euro Schaden verursachen. (Der Standard, 20.12.2015) Für Österreich ergab eine Untersuchung des Grünen Parlamentsklubs ein Verlustrisiko von über 10 Mrd. Euro allein am privaten Geld- und Kapitalmarkt.[i]

Betroffen wären nicht nur Energieunternehmen, Banken und Versicherungen. Betroffen wäre auch die öffentliche Hand, die Anteile an Unternehmen in der fossilen Energiebranche hält, in diese direkt investiert oder Ihr Vermögen (z.B. in Form von Pensions- und Vorsorgekassen) in Fonds veranlagt, die einen hohen „Kohlenstoffanteil“ haben. Laut einer Studie der Grünen Fraktion im Europaparlament sind 2,5 Mrd. Dollar oder 4,2 % der polnischen Pensionsfonds durch einen schnellen Umstieg der EU auf klimafreundliche Energieversorgung gefährdet.[ii]

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

 

1)    Welche Anlagerichtlinien bestehen für Kreditpolitik, Wertpapier- und Beteiligungsgeschäfte der Republik Österreich?

2)    Schließen diese Anlagerichtlinien eine Veranlagung der Gelder in kohlenstoffintensiven Unternehmungen oder Aktien dezidiert aus? Wenn nein, warum nicht?

3)    Welches Anlagenkonzept verwendet die Bundesregierung für Rücklagen von Beteiligungsunternehmen der Republik Österreich?

4)    Schließen diese Anlagerichtlinien eine Veranlagung der Gelder in Kohlenstoffintensiven Unternehmungen, Fonds oder Aktien dezidiert aus? Wenn nein, warum nicht?

5)    Wie hat die Bundesregierung die Rückstellungen für Beamtenpensionen angelegt (bitte um Aufschlüsselung nach Anlageart und Anteil der kohlenstoffintensiven Aktion u Unternehmensanleihen)?

6)    Mittel in welcher Höhe zahlt der Bund jährlich an die Pensionskassen, Abfertigungs- und Mitarbeitervorsorgekassen der Unternehmungen und Einrichtungen der öffentlichen Wirtschaft des Bundes aus?

7)    In welchen Fonds oder Aktiengesellschaften sind diese Gelder angelegt?

8)    Welche Richtlinien gibt der Bund für die Veranlagung dieser Gelder vor?

9)    Schließen diese Anlagerichtlinien eine Veranlagung der Gelder in Kohlenstoffintensiven Unternehmungen oder Aktien dezidiert aus? Wenn nein, warum nicht?
Liegen der Bundesregierung für Österreich Statistiken vor, welche die öffentlichen Investitionen in Unternehmen beziffern, die fossile Energien fördern, besitzen oder in großem Maße verbrennen? Bitte um Übermittlung

10) Ist vorgesehen, im Sinne einer umsichtigen Haushaltspolitik, eine Strategie zu erarbeiten, wie eine Wertverlust österreichischer Bundesvermögen durch einen „phase out“ fossiler Energien, wie er im Pariser Klimaabkommen vorgesehen ist vermieden werden kann? Wenn ja, wann ist mit der Veröffentlichung dieser Strategie zu rechnen?



[i] Rattay/Günsberg,: Fossiles Divestment. Marktuntersuchung und mögliche Ansätze in Österreich, Grüner Parlamentsklub, 30.10.2015.

[ii] Weyzig/Kuepper, et.A.: The price of doing too little too late. The impact of the carbon bubble on the EU financial system, Green European Foundation, Februar 2015.