9130/J XXV. GP

Eingelangt am 29.04.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Georg Willi, Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend 4-gleisiger Ausbau der Westbahnstrecke Linz - Wels – drohende Verschlechterungen für PendlerInnen aus dem Raum Pasching-Hörsching-Oftering

 

 

Die ÖBB planen aktuell den 4-gleisigen Ausbau der Westbahnstrecke zwischen Linz und Marchtrenk.

 

Dabei soll die Trasse zwischen Leonding und Hörsching weiter nach Süden verlegt werden und im Zuge dessen die Bahnhaltestelle von Pasching, einem rasch wachsenden Ort wenige Kilometer von Linz entfernt, aufgelassen werden.

 

Wenngleich auch die Aktivitäten der Zuständigen auf Gemeinde- und Landesebene zur Unterstützung des Umstiegs auf öffentliche Verkehrsmittel ungenügend sind, vermittelt auch der Zugang der ÖBB zum regionalen Angebot den Eindruck, dass der Regionalverkehr unerwünscht ist.

In Pasching liegt der Verdacht nahe, dass PendlerInnen systematisch zum Umstieg auf das Auto gebracht werden sollen. Denn es bleibt hier in der wichtigsten Pendlerzeit des Tages von 5:51 bis 7:16 Uhr (85 Minuten) kein Zug stehen. Diese Zeitspanne wurde in den letzten Jahren zudem pro Jahr um ein paar Minuten verlängert. 2012 blieb beispielsweise von 5:58 bis 7:07 Uhr (69 Minuten) kein Zug stehen. Abends und am Wochenende ist die Anbindung an Linz sehr schlecht.

Stehen hier Absichten dahinter – etwa dass die ÖBB dann argumentieren können: Es fährt ja kaum jemand in Pasching mit dem Zug, wer braucht hier schon eine Haltestelle?

 

Der Ausbau der 4-gleisigen Bahnstrecke darf nicht auf Kosten der Paschinger PendlerInnen gehen. Daher ist der geplante ersatzlose Entfall der Bahnhaltestelle Pasching strikt abzulehnen.

Es wäre dies ein völlig verkehrtes Signal – umsomehr in Zeiten, in denen das Verständnis für den Öffentlichen Verkehr und seine Förderung steigt,

·         sei es, um dem Megastau in Linz entgegenzuwirken,

·         sei es, weil sich Bund und Länder gerade auf höchster politischer Ebene  auf das Gegenteil der Pläne im Raum Pasching-Hörsching-Oftering, nämlich auf eine Ausweitung des Mindestangebots im Öffentlichen Verkehr nach Schweizer Vorbild verständigt haben,

·         sei es, weil im Zusammenhang mit den Beschlüssen des Pariser Weltklimavertrags der zügige Ausstieg aus fossil motorisierten Verkehrsformen ansteht, energieeffiziente E-Mobilität auf der Schiene ist die mit Abstand zielführendste Variante leistbare Mobilität für möglichst viele auch in Zukunft zu sichern.

 

Es ist auch grundsätzlich widersinnig, in die schnurgerade ÖBB-Westbahntrasse zwischen Linz und Marchtrenk eine unnötige Kurve, also einen Umweg, hineinzubauen, womit noch dazu eines der größten noch zusammenhängenden Grünlandgebiete im Nahbereich von Linz völlig zerschnitten werden soll. In der jahrelangen Bauphase gäbe es noch dazu gravierende Nachteile für den Fernverkehr, auch und nicht zuletzt denjenigen der ÖBB, Fahrzeitgewinne durch umliegende viele hundert Mio schwere Ausbauten kämen nicht bzw um viele Jahre verspätet beim Kunden an, selbst für den angepeilten Integrierten Taktverkehr ist dieses Projekt eine substanzielle Gefahr mit Wirkung weit über die lokale Umgebung und den Oberösterreichischen Zentralraum hinaus.

 

Die von den ÖBB vor Ort insbesondere im Jahr 2012 genannten Argumente für die Haltestellenschließung halten kritischer Betrachtung durchwegs nicht stand.

So wird auf die Kundenfrequenz verwiesen, die aber wie erwähnt gerade bei den Linz-PendlerInnen nicht zufällig sondern von den ÖBB verursacht geringer als möglich ist, und in den als Vergleich genannten Nachbarorten, die auch von Ausweich-Zusteigern aus Pasching profitieren, nicht nennenswert höher ist.

Weiters wird der Linzer Flughafenbus als Alternative angepriesen, der aber schon laut Fahrplan doppelt so lange, real aber durch Stau oft drei bis viermal so lange unterwegs ist wie die Züge und daher für Arbeits- oder Bildungs-PendlerInnen, die rasch und pünktlich am Ziel sein müssen, unbrauchbar ist – daran würde im Übrigen auch eine Verdichtung des Bus-Intervalls nichts ändern.

Und es werden die Vorteile des Baus des 3. und 4. Gleises „auf der Grünen Wiese“ bemüht, obwohl die anderen zwei Drittel der Strecke Linz-Wels so wie viele andere Abschnitte der „Neuen Westbahn“ unmittelbar an der Bestandstrasse errichtet werden sollen und niemand erklären kann, warum dies justament beim Mittelteil der Strecke anders sein „muss“.

 

Gegen eine Änderung der derzeitigen Trasse und für eine Nutzung des Bestandes inkl. Bahnhaltestelle Pasching sprechen unter anderem folgende Argumente:

·       Massive Verschlechterung des öffentlichen Nahverkehrs in Pasching durch den Wegfall der Bahnhaltestelle.

Das neu geplante S-Bahn-System soll daher in der Zukunft an Pasching vorbeifahren. Dabei wäre der Zug die Alternative, die Linz und Leonding vor dem Verkehrskollaps retten kann. Bereits 2001 waren 81% der Pendler im Auto unterwegs, dieser Wert ist durch die „Nicht-Halte-Politik“ der ÖBB in Pasching mittlerweile sicherlich noch deutlich höher

·       Neue Trasse, obwohl geeigneter schnurgerader Altbestand inkl. Bahnhaltestelle

Die bestehende Westbahnstrecke von Linz nach Marchtrenk ist einer der längsten geraden Abschnitte im österreichischen Bahnnetz. Diese Trassenführung ist auch für moderne Hochleistungszüge die optimale. Es gibt keinen sachlichen Grund, auf eine nachteiligere Trassenführung zu wechseln.

·       Hoher Flächenverbrauch, der, siehe Frageteil, durch den Projektwerber ÖBB Infrastruktur AG in seinem konkreten Ausmaß immer noch im Nebel gehalten wird.

·       Umweltzerstörung: Gravierende nachteilige Beeinträchtigungen der Natur bzw. der Umwelt, insbesondere des Bodens und dessen Ertragskraft, des zu Nutz- und Trinkwasserzwecken verwendeten (Grund-)Wassers, der Luft und des Klimas sowie des Landschaftsbildes und des Erholungswertes des betroffenen Gebietes bzw. der Umgebung

·       Stark nachteilige Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenbestand (Wildwechsel etc.)

·       Es zeigt sich in der Praxis, dass Bahnhöfe weit außerhalb von Orts- oder Stadtzentren kaum angenommen werden (Bahnhaltestelle Flughafen Hörsching).

·       Es gibt von vielen Seiten negative Beschlüsse zum Projekt, von der Gemeinde Oftering über die Landwirtschaftskammer bis hin zu einer BürgerInneninitiative,

·       Die Bewertungskriterien vor rund zehn Jahren, die den Schwenk zum Flughafen bevorzugten, sind heute nicht mehr aktuell.

Der Flughafen Linz wird weniger als damals von Passagierflugzeugen angeflogen. Zahlreiche Fluggäste fahren mit der neuen Direkt-Schnellverbindung auf der Schiene nach Wien-Schwechat. Eine ÖBB-Regionallinie, die einmal pro Stunde hält, kann dieses Flughafen-interne Problem auch nicht lösen.

Am Ausbau des Flughafens für den nacht- und lärmintensiven Frachtflugverkehr hat die Bevölkerung der Region keinerlei Interesse. Zudem stellt sich die Frage, welchen Nutzen dafür eine auf Hochgeschwindigkeit ausgelegte Neubaustrecke hätte, die von Güterzügen nicht ausgenutzt werden könnte und bei Halt im Bereich des Flughafens hauptsächlich zum Abbremsen und Beschleunigen benötigt, also wieder nicht mit 200 oder 250 km/h befahren würde.

 

Es liegt der Verdacht nahe, dass das gesamte Projekt weniger mit mehr oder weniger stichhaltigen Verkehrsbedürfnissen als mit Grundstücksverwertungsbedürfnissen Einzelner begründet ist, also eher ein Fall für den Rechnungshof als für die Verkehrspolitik ist.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Was wird von der direkten Anbindung des Flughafens konkret erwartet – welches Fahrgastpotential, welches Potential im Güterverkehr? Bitte begründen Sie Ihre Angaben auch schlüssig.

2)    Wie würde sich die direkte Anbindung des Flughafens auf die Situation der PendlerInnen in Pasching, Hörsching und Oftering auswirken?

3)    Welche Auswirkungen erwarten Sie durch den Wegfall der Bahnhaltestelle Pasching für das in Planung befindliche S-Bahn-Konzept?

4)    Wie ist der aktuelle Verfahrensstand für den Ausbau der Strecke Linz-Wels und insbesondere für den Abschnitt Leonding-Hörsching?

5)    Welche Bauzeiträume sind für die einzelnen Abschnitte des Ausbaus der Strecke Linz-Wels nach derzeitigem Stand vorgesehen?

6)    Welche Auswirkungen erwarten Sie für die Zeit der Realisierung des geplanten Projekts für den Personenfernverkehr auf der Bestandsstrecke?

7)    Nachdem widersprüchliche Angaben zwischen 7 und 170 Hektar in diversen aktuellen Zeitungsmeldungen enthalten sind, siehe OÖN 17.3.2016, Tips KW 11, S. 3 und BezirksRundschau Linz-Land Nr. 11, S. 5 (in den UVP-Unterlagen der ÖBB[1] gibt es dazu keine Angaben): Wie hoch ist der tatsächliche Flächenverbrauch des aktuellen Projekts im Abschnitt der Verschwenkung?

8)    Wieviele Grundeigentümer würden in welchem Flächen-Ausmaß (Angabe in ha oder m2) von den für die Errichtung der Neubaustrecke nötigen Grundankäufen profitieren?



[1] („Information zum Ausbau zur viergleisigen Weststrecke Abschnitt Linz-Marchtrenk“: http://www.oebb.at/infrastruktur/de/5_0_fuer_Generationen/5_4_Wir_bauen_fuer_Generationen/5_4_1_Schieneninfrastruktur/Weststrecke/Streckenausbau_Linz_-_Wels/__Dms_Dateien/_Info_Linz-Marchtrenk.jsp)