9146/J XXV. GP
Eingelangt am 29.04.2016
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Roman Haider
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Türkei als sicherer Drittstaat und Visafreiheit
Im Pakt zwischen der Türkei und der EU in Sachen Flüchtlinge wurde der Türkei Visafreiheit bis spätestens Ende Juni versprochen, wenn Ankara 72 Bedingungen erfüllt. Mehr als die Hälfte der Punkte ist bereits abgearbeitet, die restlichen sollen bis Mai erledigt sein.
Folge dieses Abkommens und der Visafreiheit könnte sein, dass sich die EU damit zwar gegen Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan abschottet, dafür aber massenhaft Kurden nach Europa kommen. Diese können dann ganz einfach mit türkischem Pass in den Schengenraum einreisen und hier einen Asylantrag stellen.
Bisher müssen Antragsteller für ein Visum für den Schengenraum glaubhaft versichern können, dass sie in die Türkei zurückkehren wollen. Wenn die Visumpflicht entfällt, sind zwar nur Aufenthalte von bis zu 90 Tagen erlaubt - und ein Recht darauf, sich in der EU niederzulassen und dort zu arbeiten, besteht nicht. Dennoch könnten zahlreiche Türken versucht sein, mit Schwarzarbeit ihr Glück zu versuchen und nach der 90-Tage-Frist unterzutauchen.
Sollte die Visumpflicht aufgehoben werden, erwartet der britische Türkei-Experte Gareth Jenkins vom Institut für Sicherheits- und Entwicklungspolitik eine neue Fluchtbewegung in die EU. "Potenziell könnten 400.000 bis 500.000 türkische Flüchtlinge - vor allem Kurden - Asyl beantragen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Angesichts des immer autokratischeren Kurses von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und des bürgerkriegsähnlichen Konflikts im kurdisch geprägten Südosten der Türkei scheinen solche Szenarien nicht abwegig. Auch hätten die Asylwerber angesichts der eskalierenden Gewalt im Kurdenkonflikt große Chancen auf Anerkennung.
Weniger Chancen auf Anerkennung hätten solche Asylwerber, würde die EU die Türkei als "sicheres Herkunftsland" einstufen. Erdogan müsste bescheinigen und auch durchsetzen, dass in seinem Land die Menschenrechte geachtet werden und keine politische Verfolgung stattfindet.
Jeder Drittstaat muss die gültigen Voraussetzungen für eine Visaliberalisierung voll inhaltlich erfüllen. Spätestens mit Inkrafttreten dieser müsste man diese Staaten als sichere Drittstaaten klassifizieren. Dies gilt auch für die Türkei.
(…) Bei sicheren Herkunftsstaaten wird allgemein davon ausgegangen, dass deren Staatsbürger eher selten Asyl bekommen, weil die Länder eben als „sicher“ gelten. Vor allem angesichts der Grund- und Menschenrechtslage ist das in der Türkei umstritten. „Sollten verstärkt Gründe für Asylanträge von türkischen Staatsbürgern entstehen, muss die Vereinbarung mit der Türkei insgesamt gekündigt werden“, fordert Mikl-Leitner. (…)
(orf.at vom 15.03.2016)
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres nachstehende
Anfrage: