9162/J XXV. GP

Eingelangt am 02.05.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Mängel und Intransparenz bei der Daseinsvorsorge im Bereich Post

 

Nachdem die Post AG seit Jahren ein rigoroses Schließungs- und Umstrukturierungskonzept bei den ehemaligen Postämtern verfolgt, treten zahlreiche Versorgungsengpässe mit Postdienstleistungen auf. Wiederholt beschweren sich Betroffene bei den politisch Zuständigen. Die Grünen haben sich – vgl. u.a. den Antrag 62/A(E) der laufenden Gesetzgebungsperiode „betreffend Transparenz statt Geheimnistuerei bei der Schließung von Postgeschäftsstellen“ – wiederholt für ein Überdenken der sehr großzügigen Spielräume, die das unter SPÖ-Federführung entstandene Postmarktgesetz der Post AG bietet, sowie für mehr Transparenz in den Entscheidungen der entsprechenden beim BMVIT angesiedelten Gremien über die Schließung von Geschäftsstellen eingesetzt. Dies stieß auf parlamentarischer Ebene immer wieder auf verbale Unterstützung auch aus den Regierungsfraktionen, jedoch hielt das Stimmverhalten der SPÖ- und ÖVP-MandatarInnen mit diesen Äußerungen leider nicht Schritt. Dies obwohl gerade ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger und damit das hauptsächliche Wählerpotenzial der ehemaligen Großparteien besonders unter dieser Entwicklung leiden.

 

Häufig wurden die Verschlechterungen damit gerechtfertigt, dass im Gegenzug zu Geschäftsstellenschließungen ja Postpartner mit kundenfreundlicheren Öffnungszeiten eingerichtet wurden. Welche Risken dieses Modell in sich birgt zeigte sich allerdings bei der Insolvenz der Handelskette "Zielpunkt", die zur sehr kurzfristigen und meist für mehr oder weniger lange Zeit ersatzlosen Schließung der in den Filialen der Handelskette angesiedelten Postpartner führte. Auch andere Postpartner gingen den Kunden aufgrund von Geschäftsschließungen und dergleichen verloren.

 

Angesichts des Rückgangs der Briefkorrespondenz mag manche Einsparung argumentierbar erscheinen. Allerdings hatte der infolge massiver Umsatz-Provisionskürzungen seitens der Post AG (auf ein deutlich unter dem von Nachbarstaaten wie Deutschland liegendes prozentuelles Niveau) weitgehend eingestellte Briefmarkenverkauf in Trafiken sowie die deutliche Reduktion der Postkästen die Attraktivität der Briefkorrespondenz zusätzlich beschädigt, der Rückgang wurde also zum Teil durch kundenferne Sparmeister im Post-AG-Management mitverschuldet und sollte nicht durch Entgegenkommen bei weiteren Service-Verschlechterungen auch noch politisch honoriert werden.

Nunmehr weist die Post AG auf steigende Paketzahlen hin. Aber auch Aufgabe und Abholung von Paketen brauchen ein entsprechendes Netz an Abgabestellen, wenn kilometerlange Anfahrten zu den wenigen noch bestehenden Poststellen nicht zur Regel werden sollen.

Selbst im städtischen Umfeld ist eine zB Verfünffachung der Weglänge zum nächsten Postamt/Partner innerhalb des letzten Jahres durchaus kein Einzelfall. Gleichzeitig stieg der Gewinn des Unternehmens beträchtlich und vor allem die Gehälter und Boni des Vorstands sorgen bei „Normalsterblichen“ immer wieder für Erstaunen.

 

Somit wird offensichtlich. dass die Regelungen des Postmarktgesetzes extrem kundinnen- und servicefeindlich gestaltet wurden und/oder vom normunterworfenen Unternehmen mangelhaft wahrgenommen oder einseitig zur Profitmaximierung ausgenutzt werden.

 

Wie desinteressiert die Post AG an diesem Thema ist und wie tatenlos Regulierungs- und Aufsichtsbehörde dem offenbar zuschauen, wird trefflich durch die Ausführungen auf

https://www.post.at/footer_ueber_uns_konzerninformation_post_geschaeftsstellen.php

illustriert, die („… Erfahrungen aus dem täglichen Betrieb werden in die weitere Umsetzung des groß angelegten Filial-Konzeptes einfließen und bis 2012 zur Gänze abgeschlossen sein.“) zum Zeitpunkt der Einbringung dieser Anfrage (April 2016) immer noch auf dem Stand von 2011 sind.

Daneben herrscht unverändert hohe Intransparenz die Post-Geschäftsstellen betreffenden Entscheidungen und Entscheidungsgrundlagen gemäß § 7 und § 43 Postmarktgesetz.

 

Industriepolitik zugunsten eines Konzerns und seiner Manager, aber auf Kosten der KundInnen und der Transparenz darf aber nicht zur Richtschnur werden!

 

Deshalb erscheint eine Evaluierung des Postmarktgesetzes im Hinblick auf äußerst mangelhafte Daseinsvorsorge unumgänglich. Es ist völlig unzumutbar, dass Kundinnen, Einzelpersonen oder Firmenangestellte immer mehr Zeit für die Erledigung von Postangelegenheiten aufbringen müssen, wenn geleichzeitig das Unternehmen zur Daseinsvorsorge verpflichtet ist. Dieser unnötige „Raub an Lebenszeit“ durch ein Unternehmen mehrheitlich in der öffentlichen Hand ist nicht länger zu akzeptieren, vor allem angesichts der Managementgehälter und Boni, die derzeit ja sozusagen dafür gezahlt werden, dass der Bevölkerung ein massiv erhöhter Zeitaufwand für Posterledigungen oktroyiert wird.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie viele Postämter wurden in den letzten drei Jahren in den einzelnen Bundesländern geschlossen?

2)    Wie viele davon wurden durch Postpartner ersetzt?

3)    Wie viele Postpartner wurden in den letzten drei Jahren zugesperrt?

4)    Wie viele davon wurden „zunächst ersatzlos“ zugesperrt, das heißt dass am Tag ihrer Schließung noch keine zB besser situierte oder länger geöffnete zusätzliche andere Postservicestelle welcher Art auch immer zusätzlich zur Verfügung gestellt wurde?

5)    Wie viele davon blieben „längerfristig ersatzlos“ zugesperrt, das heißt dass auch a) 1 Monat, b) 3 Monate, c) 6 Monate lang nach dem Tag ihrer Schließung noch keine zB besser situierte oder länger geöffnete zusätzliche andere Postservicestelle welcher Art auch immer zusätzlich zur Verfügung gestellt wurde?

6)    Wie viele davon blieben „auf Dauer ersatzlos“ zugesperrt?

7)    Welche neuen Einrichtungen übernahmen die Postpartnerfunktion von ehemaligen, der Insolvenz a) dauernd oder b) vorübergehend zum Opfer gefallenen Zielpunkt-Filialen? (bitte um konkrete Angabe, welcher Zielpunkt-Postpartner durch welchen Partner ersetzt wurde und ab welcher Zeitspanne nach dem Zusperren des Zielpunkt-Postpartners dieser Ersatz jeweils zur Verfügung stand)

8)    Aus welchen Gründen wurde das Postamt 1014 Wien in der Herrengasse Wien I geschlossen? Welcher konkrete Ersatz wird dafür geboten?

9)    Wie rechtfertigen Sie den erhöhten Zeitaufwand der Kundinnen durch die Schließung von Postdienststellen?

10) Wie viele Briefkästen wurden in den letzten drei Jahren entfernt?

11) Welcher Ersatz ist hierfür vorgesehen?

12) Wann wird durch attraktivere Provisionsgestaltung wieder dafür gesorgt, dass Briefmarken in den Trafiken generell erhältlich sind?

13) In welcher Form ist sichergestellt, dass die unterm Strich erhebliche Demontage von Postdienstleistungen nicht dem Postmarktgesetz widerspricht? Welche Kontrolleinrichtung bürgt wie dafür?

14) Wann gedenken Sie das Postmarktgesetz zu reformieren, sodass wieder eine zumutbare Postinfrastruktur entsteht?

15) Wie stehen Sie zur vollständigen Veröffentlichung aller Entscheidungen gemäß § 7 PMG?

16) Wie stehen Sie zur vollständigen Offenlegung der den Entscheidungen gemäß § 7 PMG zugrundeliegenden, Prüfungsberichte der RTR und Gutachten von (Amts)Sachverständigen?

17) Wie stehen Sie zur vollständigen Veröffentlichung der Stellungnahmen gemäß § 43 PMG des Post-Geschäftsstellenbeirats?

18) Wie stehen Sie zur vollständigen Veröffentlichung und damit Information der Öffentlichkeit über Art und Umfang der „freien Würdigung“ dieser Stellungnahmen gemäß § 43 PMG durch die Post-Control-Kommission?