9180/J XXV. GP

Eingelangt am 06.05.2016
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Anfrage

der Abgeordneten Lugar

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Abschiebungspraxis in Österreich“

 

 

Der bestialische Mord in Ottakring dürfte in Betracht der medialen Berichterstattung auch auf ein Versagen von Innenministerium und Bundesregierung zurückzuführen sein. So soll die Abschiebung des mutmaßlichen Täters nach Kenia nach Aussage des kenianischen Botschafters möglich gewesen sein.

 

 

"Kronen Zeitung" - 06.05.2016

 

18 Anzeigen und ein Mord – die Akte von Francis N.

 

Der mordverdächtige Francis N. in einem Videofilm. Kenias Botschafter (kl. Bild) sieht keine Probleme für eine Abschiebung

 

Die Akte des mordverdächtigen Kenianers Francis N., der nie (!) Asyl beantragt hat, ist ein trauriges Sinnbild für die staatliche Ohnmacht. Der „Krone“-Faktencheck in Kurzform:

 

Im März 2008 kommt der damals 13-Jährige mit einem Visum – seine Mutter und zwei Geschwister leben schon hier – nach Österreich. Dreieinhalb Jahre ist Francis N. legal in Wien aufhältig.

 

Ende 2011 wird sein Verlängerungsantrag abgewiesen. Ende 2012 dann rechtskräftig. Seitdem lebt er als U-Boot illegal in der Bundeshauptstadt, kommt zweimal aus der Schubhaft frei.

 

2011 und 2013 wird der insgesamt 18-mal bei der Polizei unter anderem wegen Drogen- und Gewaltdelikten angezeigte Francis N. verurteilt. Allerdings sitzt er nur kurz in Haft bzw. geht auf Bewährung frei – es gilt das mildere Jugendstrafrecht.

 

Nachdem Francis N. trotz rechtskräftigem Aufenthalts- und Einreiseverbot seit 2014 nicht freiwillig geht, beantragt dann im Sommer des Vorjahres das Innenministerium ein Heimreisezertifikat für die Abschiebung bei der kenianischen Botschaft in Wien. Denn trotz eines EU-Abkommens mit afrikanischen Staaten über Entwicklungshilfe-Millionen, verknüpft mit Rückführungen, wird jeder Fall einzeln geprüft. Ohne dieses Dokument verweigern nämlich die dortigen Behörden die Einreise.

 

Seit knapp einem Jahr herrscht in dem Fall aber Funkstille von kenianischer Seite – bis zu dem skurrilen ORF-Auftritt des Herrn Botschafters, der nur von einer „logistischen Frage“ spricht.

 

 

http://tvthek.orf.at/program/ZIB-2/1211/ZIB-2/12621821/Grauenhafte-Bluttat-am-Wiener-Brunnenmarkt/12621830

 

 

(Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit sind alle Bezeichnungen nur in der männlichen Form angegeben. Selbstverständlich sind aber beide Geschlechter gleichermaßen angesprochen.)

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres nachstehende

 

 

Anfrage:

1. Wie beurteilen Sie die Aussagen des kenianischen Botschafters zur möglichen Abschiebung von Francis N.?

 

2. War die Abschiebung von Francis N. zeitlich vor der oben angeführten Tat rechtlich und tatsächlich möglich?

 

3. Warum genau wurde Francis N. nicht abgeschoben?

 

4. Welche Schritte wurden seitens Ihres Ministeriums hinsichtlich Francis N. wann konkret gesetzt?

 

5. Gab es eine Besprechung mit dem kenianischen Botschafter und wie lautet das Ergebnis?

 

6. Wie viele Abschiebungen fanden wohin in den Jahren 2014, 2015 und bisher im Jahr 2016 statt?

 

7. Wie viele Abschiebungen scheiterten aufgrund mangelnder Rücknahmebereitschaft der betreffenden Länder in den Jahren 2014, 2015 und bisher im Jahr 2016? (Bitte um Aufgliederung nach Jahren und Ländern samt Ablehnungsgründe)

 

8. Mit welchen Ländern bestehen seit wann welche Abkommen betreffend Abschiebungen? (Bitte um ländermäßige Auflistung samt Inhaltsbeschreibung)

 

9. Wie viele rechtskräftig negativ beschiedene Asylwerber befinden sich aktuell in Österreich?

 

10. Bei wie vielen dieser Personen ist eine Abschiebung aus welchen Gründen gescheitert?