9235/J XXV. GP

Eingelangt am 11.05.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Georg Willi, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend ÖBB-Tarifbestimmungen als rechtliche Grundlage für Reisen mit den ÖBB

 

Die Tarifbestimmungen, zusammengefasst im sog. „ÖBB-Handbuch“ und anderen Tarifdokumenten, stellen die „rechtlichen Grundlagen“ für die Reisen mit den ÖBB dar, wie in der Einleitung des „ÖBB-Handbuches“ („Auf eine gute Verbindung“) nachzulesen ist.

 

Es stellt sich allerdings die Frage, welche Relevanz diese Tarifbestimmungen tatsächlich haben. Diese Frage stellt sich insbesondere,

- wenn die Tarifbestimmungen unvollständig sind (d.h. nicht alle wesentlichen Bedingungen beinhalten),

- wenn als immer existierend behauptete Angebote von einem auf den anderen Tag verschwinden

- wenn geänderte Versionen zu knapp oder verspätet (d.h. am oder nach dem 1. Geltungstag) und meistens unvermittelt (d.h. ohne jegliche Mitteilung an potentielle ÖBB-Kunden und ÖBB-Newsletter-Bezieher) quasi geheim "veröffentlicht" werden. (Nur zu gewissen Neuerungen oder Aktionen gibt es aufbereitete Infos via Newsletter.)

Es handelt sich dabei nicht um ausnahmsweise Einzelfälle, sondern um ein Muster, von dem ÖBB-KundInnen regelmäßig betroffen sind.

 

Beispiel für Unvollständigkeit betr. "Hauptbahnhofticket":

 

·         ÖBB-Handbuch vom 13.12.2015 (und frühere Ausgaben):

„B.1.18.2.1. Diese Fahrkarte erhalten Sie vom 30. November 2015 bis 17. März 2016.“

 

Das heißt: Keinerlei Hinweis auf die Kontingentierung von 50.000 Stück, wie in den Medien und auf der ÖBB-Homepage mitgeteilt wurde, was ja eine wesentliche Randbedingung ist.

D.h. ohne Kontingentierung hätten die KundInnen die Kaufgarantie für eine solche Fahrkarte bis 17.3.2016, mit Kontingentierung haben sie diese nicht.

Dabei ist es laut Eigendefinition das „ÖBB-Handbuch“, welches die rechtlichen Grundlagen enthält – und nicht sonstige Mitteilungen auf der ÖBB-Homepage oder Werbespots.

 

·         ÖBB-Handbuch vom 01.01.2016:

„B.1.18.2.1. Diese Fahrkarte erhalten Sie vom 30. November 2015 bis 07. Jänner 2016.“

Wer rechnet damit, dass nach einer Ausgabe 13.12.2015 bereits ab 1.1.2016 eine erneut geänderte Fassung gilt? Niemand.

Es stellt sich auch die Frage, wieso am 28.12.2015 7:22 (Erstelldatum der Fassung gültig ab 1.1.2016) bei den ÖBB bereits bekannt war, dass das in den Tarifbestimmungen unerwähnte und unerwähnt bleibende Kontingent genau am 7.1.2016 erreicht werden würde.

 

Im Übrigen wurde auf der ÖBB-Homepage noch am 10.1.2016 (!) unter der Rubrik „Neu für Sie“ behauptet:

„Buchen Sie jetzt eines von insgesamt 50.000 Hauptbahnhof-Aktionstickets für den Zeitraum zwischen 7. Jänner und 17. März 2016.“

Erst am 11.1.2016 wurde diese Mitteilung durch folgende geändert:

„Reisen Sie mit Ihrem Hauptbahnhof-Aktionsticket zwischen 7. Jänner und 17. März.

Der Kauf des Tickets war zeitlich begrenzt bis 7.1. möglich.“

 

Beispiel für „Dauer“-Angebote, die aber plötzlich nicht mehr verfügbar sind: „Österreich-Bahn-Kurier-Paket national“:

 

·         ÖBB-Handbuch vom 13.12.2015 (und frühere Ausgaben):

„B.1.15.1.1. Dieses Serviceangebot gibt es immer. Sie erhalten es für den Kurierversand innerhalb Österreichs.“

 

·         ÖBB-Handbuch vom 01.01.2016:

unter „Änderungen zur letztgültigen Version“ (Seite 10) steht:

„B.1.15 Auflassen Angebot Bahn-Kurier-Paket“

 

Vierzehn Tage vor Auflassung des Angebots wurde in den „rechtlichen [und damit verbindlichen] Grundlagen“ noch wortwörtlich behauptet, dass es dieses Serviceangebot immer (!) gebe, während beim „Standardticket“ angeführt war, dass es dieses „bis auf Widerruf gibt“.

 

Beispiel für geänderte Versionen, die zu knapp vor dem ersten Geltungstag oder überhaupt erst im Nachhinein verfügbar sind:

 

·         ÖBB-Handbuch gültig ab 13.12.2015: Erstelldatum 10.12.2015 15:38

·         ÖBB-Handbuch gültig ab 01.01.2016: Erstelldatum 28.12.2015 7:22

·         ÖBB-Handbuch gültig ab 11.02.2016: Erstelldatum 11.02.2016 14:39 (!)

 

Das Erstelldatum ist jeweils das Erstelldatum der pdf-Datei (pdf > Eigenschaften), d.h. der Zeitpunkt, zu dem die pdf-Datei mit den Tarifbestimmungen vom Verfasser (ÖBB) erzeugt wurde. Der genaue Zeitpunkt der (nicht-kommunizierten) Veröffentlichung (Verfügbarkeit im Internet) ist nicht eruierbar, liegt jedenfalls nach dem Erstelldatum.

Anhand des Erstelldatums ist jedenfalls ersichtlich, dass die „rechtlich verbindlichen“ Tarifbestimmungen zu knapp vor oder überhaupt erst im Lauf des 1. Geltungstags veröffentlicht werden.

Eine Vorlaufzeit von 7 Tagen sollte doch mindestens eingehalten werden können.

 

In den meisten Fällen – ausgenommen größere Tarifumstrukturierungen und gewisse Aktionsangebote – erfährt man als Kundin/Kunde nichts von solchen Änderungen über die Medien oder sonstige Informationskanäle wie E-Mail-Newsletter.

 

Das Verkehrsministerium ist Eigentumsvertreter und Aufsichtsbehörde für die ÖBB. An den Eigentümer und die Aufsichtsbehörde werden geänderte Tarifbestimmungen hoffentlich automatisch versendet, aber unmöglich vor dem Datum, an dem sie erstellt werden. Infolgedessen sollte im Ministerium doch irgendjemandem etwas bezüglich der wiederholt fragwürdigen Veröffentlichungstermine und möglicherweise doch auch bezüglich der mangelnden Verlässlichkeit nicht weniger Angaben auffallen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Ist Ihnen bzw Ihrem Ressort bekannt, dass Tarifbestimmungen der ÖBB wiederholt unvollständig sind, indem sie nicht alle wesentlichen Bedingungen beinhalten?

2)    Wenn nein: Warum ist dies nicht bekannt?

3)    Wenn ja: Was haben Sie bzw Ihr Ressort wann konkret unternommen, um diesen wiederholten Missstand abzustellen?

4)    Falls Sie bzw Ihr Ressort nichts unternommen haben: Warum nicht?

5)    Ist der in Frage 1 beschriebene und in der Anfragebegründung näher belegte Sachverhalt gesetzeskonform?

6)    Ist Ihnen bzw Ihrem Ressort bekannt, dass Tarifbestimmungen der ÖBB, die als immer existierend behauptete Angebote beinhalten, von einem auf den anderen Tag aufgelassen werden und diese „ewigen Angebote“ daher verschwinden?

7)    Wenn nein: Warum ist dies nicht bekannt?

8)    Wenn ja: Was haben Sie bzw Ihr Ressort wann konkret unternommen, um diesen wiederholten Missstand abzustellen?

9)    Falls Sie bzw Ihr Ressort nichts unternommen haben: Warum nicht?

10) Ist der in Frage 6 beschriebene und in der Anfragebegründung näher belegte Sachverhalt gesetzeskonform?

11) Ist Ihnen bzw Ihrem Ressort bekannt, dass Änderungen der Tarifbestimmungen der ÖBB wiederholt zu knapp oder verspätet (d.h. am oder nach dem 1. Geltungstag) und meistens unvermittelt (d.h. ohne Vorwarnung oder Mitteilung an potentielle ÖBB-Kunden und ÖBB-Newsletter-Bezieher, nur zu gewissen Neuerungen oder Aktionen gibt es aufbereitete Infos via Newsletter) und somit quasi geheim "veröffentlicht" werden?

12) Wenn nein: Warum ist dies nicht bekannt?

13) Wenn ja: Was haben Sie bzw Ihr Ressort wann konkret unternommen, um diesen wiederholten Missstand abzustellen?

14) Falls Sie bzw Ihr Ressort nichts unternommen haben: Warum nicht?

15) Ist der in Frage 11 beschriebene und in der Anfragebegründung näher belegte Sachverhalt gesetzeskonform?

16) Werden Sie sich für Nachbesserungen bei den für die KundInnen nachteiligen Änderungen durch den neuen ÖBB-Ticketshop (dem medium inadäquates „App“-Design, dadurch aus Prinzip langsamer, wesentlich umständlicher zu bedienen und unübersichtlicher) einsetzen?

17) Werden Sie sich für Nachbesserungen bei den für die KundInnen nachteiligen Änderungen durch die Neugestaltung (Dominieren großer Bilder beeinträchtigt Übersichtlichkeit; reduzierter Informationsgehalt - z.B. fehlen bei Fahrplanbildern die Änderungshinweise; Archivversionen von Tarifbestimmungen können nicht mehr als Gesamttext, sondern nur mehr kapitelweise gedruckt werden, ...) einsetzen?