9398/J XXV. GP

Eingelangt am 23.05.2016
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Roman Haider

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Steuertransparenz

 

 

Wiener Zeitung vom 12.05.2016:

 

"Unternehmen sollten ihre Gewinne dort versteuern, wo sie entstehen, und sie nicht in dubiose Firmenkonstruktionen in Steueroasen transferieren, um der Besteuerung zu entgehen.

Dieser Aussage würden nach den Steuerbegünstigungs- beziehungsweise Steuerhinterziehungs-Affären, die durch Lux Leaks und Panama Leaks ans Licht gekommen sind, wohl die meisten Politiker und Politikerinnen zustimmen. Doch der Kampf gegen die Gewinnverschiebung großer Unternehmen gestaltet sich zäh. Zwar haben sich die EU-Finanzminister Anfang März auf den Austausch von Steuerdaten internationaler Großkonzerne geeinigt, doch eine Veröffentlichung der Steuerdaten von multinationalen Unternehmen, wie es die EU-Kommission zur Zeit plant, stößt auf Widerstand.

Etwa bei Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Er lehnt eine verpflichtende Veröffentlichung aus Datenschutzgründen ab. Es reiche völlig aus, wenn das Finanzministerium Einsicht habe, heißt es dort. Das Steuergeheimnis sei schließlich immer noch eines der am besten gehüteten Geheimnisse.

Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass multinationale Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro die von ihnen entrichtete Ertragsteuer veröffentlichen müssen. Und zwar in einem Bericht zusammen mit anderen relevanten steuerlichen Informationen. Diese zusätzlichen Transparenzanforderungen sollen unabhängig davon, ob die Unternehmen ihren Sitz in oder außerhalb der EU haben, erfüllt werden. Man will also nicht nur für europäische, sondern auch für nicht-europäische multinationale Unternehmen, die in Europa Geschäfte betreiben, dieselben Berichtspflichten schaffen. Die dadurch entstehende öffentliche Kontrolle soll bewirken, dass Unternehmen soziale Verantwortung übernehmen - und zwar dort, wo sie ihren Geschäften nachgehen. Zudem will man für kleinere und mittlere Unternehmen, die keine Steuerfluchtpolitik betreiben, den Wettbewerbsnachteil, den sie dadurch erleiden, verringern.

Die Initiative der Kommission führt den von den G20 im November des vergangenen Jahres gebilligten OECD-Plan ("Base Erosion an Profit Shifting" - BEPS) fort, der sich gegen Steuertricks und Gewinnverlagerung internationaler Konzerne richtet.

Einer Schätzung der EU zufolge wären 6000 multinationale Konzerne von der geplanten Berichtspflicht erfasst, 2000 davon haben ihr Hauptquartier in der EU. In Österreich dürften zwischen 15 und 25 Unternehmen betroffen sein. Insgesamt müssten nur 10 bis 15 Prozent der international tätigen Firmen Steuerinformationen abliefern, sie stehen aber für 90 Prozent des Umsatzes aller Großkonzerne.

Frankreich, Italien und Großbritannien haben sich zu dem Vorschlag der Kommission bereits positiv geäußert.

Schelling meint in einer Stellungnahme für den Bundesrat jedoch, dass eine Veröffentlichung von Steuerinformationen ein unverhältnismäßig großes Risiko für die Unternehmen berge. Geschäftsgeheimnisse könnten verletzt und die Daten in der Öffentlichkeit fehlinterpretiert werden, was den Wettbewerb negativ beeinflussen könne.

Die Nichtregierunsorganisation Attac, die am Donnerstag auf die Stellungnahme für den Bundesrat aufmerksam gemacht hat, bezeichnet die Einwände des Finanzministeriums als "völlig haltlos". "Öffentliche Berichtspflichten existieren für EU-Banken und EU-Rohstoffkonzerne schon seit 2014 - ohne, dass sie zu Wettbewerbsnachteilen geführt hätten", sagt David Walch von Attac im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Im Gegenteil, sie würden sogar helfen, steuerliche Wettbewerbsverzerrungen zwischen klein- und mittelständischen Unternehmen und multinationalen Konzernen massiv zu verringern."

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten, an den Bundesminister für Finanzen nachfolgende

 

Anfrage

 

1.     Sie sprechen sich aus Datenschutzgründen gegen eine Veröffentlichung von Steuerdaten multinationaler Konzerne, wie es die EU derzeit plant, aus; um welche Bedenken geht es Ihnen hier konkret?

2.     Sie sind der Meinung, dass eine Einsicht des Finanzministeriums völlig ausreichen würde, und eine Veröffentlichung von Steuerdaten somit nicht notwendig sei; wie begründen Sie diese Ansicht?

3.     Gemäß ihrem Ministerium heißt es „das Steuergeheimnis sei schließlich noch eines der am besten gehüteten Geheimnisse“. Erachten Sie diese Einstellung vor allem hinsichtlich der aktuellen Umstände noch als zeitgemäß?

4.     Wenn ja warum und soll das auch so bleiben?

5.     Wenn nein, warum nicht und werden Sie sich diesbezüglich für eine Lockerung einsetzen?

6.     Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass multinationale Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro die von ihnen entrichtete Ertragsteuer in einem Bericht mit anderen steuerlichen Informationen veröffentlichen müssen. Diese zusätzlichen Transparenzanforderungen sollen unabhängig davon, ob die Unternehmen ihren Sitz in- oder außerhalb der EU haben, erfüllt werden. Wie stehen Sie als Finanzminister generell zu dieser Idee?

7.     Können Sie dem Vorschlag zumindest teilweise etwas abgewinnen?

8.     Wenn ja was?

9.     Wenn nein, warum nicht?

10.  Welche Vorschläge gibt es andernfalls seitens Ihres Ministeriums um vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen, die keine Steuerfluchtpolitik betreiben, den Wettbewerbsnachteil, den sie dadurch erleiden, zu verringern?

11.  Einer Schätzung der EU zufolge wären 6.000 multinationale Konzerne von der geplanten Berichtspflicht erfasst, 2.000 davon haben ihr Hauptquartier in der EU; in Österreich dürften zwischen 15 und 25 Unternehmen betroffen sein. Frankreich, Italien und Großbritannien haben sich zu dem Vorschlag der Kommission bereits positiv geäußert. In Österreich wären somit weitaus weniger Unternehmen von einer derartigen Berichtspflicht betroffen, als in anderen Ländern der EU, die sich jedoch positiv zu dem Vorschlag der Kommission äußern. Wie erklären Sie sich diesen Umstand?

12.  In einer Stellungnahme sprachen Sie davon, dass eine Veröffentlichung von Steuerinformationen ein unverhältnismäßig großes Risiko für Unternehmen berge, da Geschäftsgeheimnisse verletzt werden, und Daten in der Öffentlichkeit fehlinterpretiert werden könnten, was den Wettbewerb negativ beeinflussen könne. Die Nichtregierungsorganisation Attac bezeichnet Ihre Einwände diesbezüglich als "völlig haltlos". Was entgegnen Sie dieser Kritik?