9429/J XXV. GP

Eingelangt am 01.06.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Dr. Jessi Lintl

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien

 

betreffend neues Hochhauskonzept STEP 2025 - Anschlag auf das UNESCO Weltkulturerbe „Wiener Innenstadt“

                                            

 

Die Tageszeitung „Die Presse“ bzw. deren Internet-Ausgabe „diePresse.com“ berichteten am 10. Mai 2016:

„Heumarkt: Rechtlicher Kampf gegen den Turm

10.05.2016 | 18:00 | von Mirjam Marits (Die Presse)

Die Initiative Denkmalschutz will rechtlich gegen das geplante 73-Meter-Hochhaus beim Eislaufverein vorgehen. Die Investoren hingegen präsentieren in Kürze ihre Detailpläne.

Wien. Es ist ein sehr langer offener Brief, den der Wiener Bürgermeister, die für die Stadtentwicklung zuständige Stadträtin, Maria Vassilakou, alle Gemeinderäte, aber auch die beiden Präsidentschaftskandidaten, Hofer und Van der Bellen, erhalten haben.

Auf 20 Seiten legt die Initiative Denkmalschutz – beziehungsweise die von ihr beauftragte Rechtsanwaltskanzlei List – dar, wieso sie „sämtliche zulässigen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel ergreifen werde“, um das geplante Hochhaus beim Eislaufverein zu verhindern. Auch die Europäische Kommission wurde mit der Bitte, eine mögliche Vertragsverletzung durch die Republik Österreich zu prüfen, von der Kanzlei eingeschaltet.

Der Hauptgrund für den Widerstand: Durch den seit Jahren umstrittenen Wohnturm, der neben dem Hotel Intercontinental entstehen soll, werde der Unesco-Weltkulturerbe-Status der Wiener Innenstadt gefährdet. Unter anderem, weil der 73 Meter hohe Turm die historisch bedeutende Sichtachse – den Canaletto-Blick vom Schloss Belvedere auf die Innenstadt – verstellen würde (siehe Visualisierung oben). Im schlimmsten Fall könnte die Unesco der Wiener Innenstadt ihren Weltkulturerbe-Status aberkennen, so die Befürchtung der Initiative Denkmalschutz.


Tatsächlich hat sich die Unesco – die in der Causa Wohnturm am Heumarkt bei ihrer nächsten Sitzung im Sommer befinden wird – bereits kritisch geäußert. Auch der Internationale Rat für Denkmalpflege (Icomos), der die Unesco berät, hat sich mehrfach gegen die Hochhauspläne ausgesprochen.

Schlechte Durchlüftung

Zudem könnte – ein bisher noch nicht gehörtes Argument – die „eklatant vergrößerte Baumasse“ des Projekts die „Funktion als Frischluftschneise der Stadt“ empfindlich stören. Schon 1964 sei der Bau des Hotel Intercontinental von 50 auf 44 Meter Bauhöhe reduziert worden, weil „ein derart hoher Baukörper die Durchlüftung des benachbarten Stadtparks verhindert“ hätte. Dieser „Tatbestand“ gelte noch heute.

Der geplanten Wohnturm, den die Firma Wertinvest im Zuge der von ihr finanzierten kompletten Neugestaltung des Heumarktareals errichten möchte, stehe auch exemplarisch für die – aus Sicht der Initiative Denkmalschutz – verfehlte Hochhauspolitik: Da das Hochhauskonzept keine „Ausschlusszonen für Hochhäuser“ mehr vorsehe, sei der historische Architekturbestand Wiens generell in Gefahr.

Rechtlich sei Österreich aber per Welterbekonvention verpflichtet, Maßnahmen zur Erhaltung der historischen Kulturgüter zu setzen. Außerdem, so vermuten die Denkmalschützer, könnte die Wiener Bauordnung nicht EU-rechtskonform sein – konkret im Bereich der strategischen Umweltprüfung (SUP), die im Zuge der Umwidmung der Flächen notwendig sein könnte. Hier sei – salopp formuliert – die Öffentlichkeit, etwa durch NGOs, nicht ausreichend einbezogen, was dem EU-Recht widersprechen könnte. Im Büro der zuständigen Vizebürgermeisterin Vassilakou reagiert man auf den langen Brief äußerst kurz: Man werde ihn lesen und beantworten, so ein Sprecher.

Planungen schon konkret

Bei der Firma Wertinvest, die 210 Mio. Euro in die Neugestaltung des Heumarkts stecken will, ist man ungeachtet der möglichen negativen Äußerung der Unesco schon in den Detailplanungen: Anfang Juni wird man die Öffentlichkeit im Rahmen einer Ausstellung im Intercontinental informieren: Wie wird der Eislaufverein neu aussehen? Wo wird es die Wege über das Areal, die künftig den ersten mit dem dritten Bezirk besser verbinden sollen, geben? Wo werden die Sportflächen entstehen? All das sei, sagt Sprecherin Daniela Enzi, in Absprache mit den Beteiligten (Konzerthaus, Eislaufverein etc.) und den Magistratsabteilungen schon sehr konkret.

All diese Details (etwa die auf 99 Jahre garantierte Pacht für den Eislaufverein) werden demnächst in einem städtebaulichen Vertrag zwischen Wertinvest und Stadt fixiert. Damit sei die öffentliche Nutzung „für alle Ewigkeit“ fixiert.

(Quelle:http://diepresse.com/home/panorama/wien/4985773/Heumarkt_Rechtlicher-Kampf-gegen-den-Turm?from=simarchiv; abgerufen am 11. Mai 2016)

 

Die FPÖ ist die einzige Partei, welche heftigen Widerstand gegen den geplanten rot-grün-schwarzen Anschlag auf das UNESCO-Weltkulturerbe in Wien leistet und geleiset hat. Mit unzähligen Anträgen[1], Anfragen und Bürgerversammlungen hat sie seit Beginn vor diesem Projekt gewarnt und eine Projektdimension im Einklang und mit Zustimmung der UNESCO gefordert.

Dass die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou das sinnlose 300-Millionen-Projekt nunmehr vorläufig gestoppt hat, ist auch dem kontinuierlichen Protest der FPÖ zuzuschreiben.

Jedoch hat sich dadurch das Problem nur nach hinten verschoben. Es ist steht in den Sternen, ob nicht wieder ein neues Projekt mit anderem Mascherl präsentiert wird, welches wiederum das Weltkulturerbe Wiener Innenstadt gefährdet. Dessen ungeachtet ist das am 19.12.2014 vom Wiener Gemeinderat beschlossene Fachkonzept des STEP 2025 HOCHHAUSKONZEPT WIEN in Kraft, welches keine Ausschlusszonen für Hochhäuser in den Kernzonen des Weltkulturerbes mehr vorsieht und damit weiterhin eine massive Gefährdung der Wiener Innenstadt als UNESCO-Weltkulturerbe besteht.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien nachstehende

ANFRAGE

 

1)    Ist Ihnen der Bericht des Internationalen Rates für Denkmalpflege, erstellt von Architekt Giancarlo Barbato mit Originaltitel ICOMOS Reactive Monitoring Mission to the World Heritage property „Historic Centre of Vienna“ (Austria) (C1033), 16-19 November 2015 bekannt

2)    Wenn nein, warum nicht?

3)    In Ihren Zuständigkeitsbereich fällt das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt samt österreichischer Erklärung – kurz „Welterbekonvention“ (BGBl. Nr. 60/1993). Ihnen müsste daher die Erhaltung des Weltkulturerbe-Status der Wiener Innenstadt am Herzen liegen. Sind Sie darüber informiert, dass durch das am 19.12.2014 vom Wiener Gemeinderat beschlossene Fachkonzept des STEP 2025 HOCHHAUSKONZEPT WIEN - in der Folge kurz „neues Hochhauskonzept“ genannt -, welches keine Ausschlusszonen für Hochhäuser in den Kernzonen des Weltkulturerbes mehr vorsieht, eine massive Gefährdung der Wiener Innenstadt als UNESCO-Weltkulturerbe gegeben ist, welche unweigerlich den Verlust des Weltkulturerbe-Status Wiens nach sich ziehen kann?

4)    Wenn nein, warum nicht?


 

5)    Haben Sie Informationen über die Bemühungen von Bürgerinitiativen und seitens der Opposition im Wiener Gemeinderat, den Weltkulturerbe-Status der Wiener Innenstadt zu erhalten, indem diese sich gegen das „neue Hochhauskonzept“ der Stadt Wien mittels verschiedenster Maßnahmen zur Wehr setzten und setzen?

6)    Wenn nein, warum nicht?

7)    Wenn ja, werden Sie sich zur Lösung dieses Konflikts um das „neue Hochhauskonzept“ vermittelnd einsetzen um eine drohende Aberkennung des Weltkulturerbe-Status der Wiener Innenstadt zu verhindern?

8)    Wenn ja, auf welche Weise?

9)    Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Empfehlungen des Internationalen Rates für Denkmalpflege (offizielles Beratungsgremium der UNESCO für Weltkulturerbe) betreffend das neue Hochhauskonzept STEP 2025 Stadtentwicklungsplan für Wien umgesetzt werden?

10) Wenn nein, warum nicht?

11) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Wiener Gemeinderat, keine Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes betreffend  Projekte, ähnlich dem des Sanierungsprojektes des Hotels Intercontinental vornehmen wird, welche den Status der Wiener Innenstadt als Weltkulturerbe gefährden könnten?

12) Wenn nein, warum nicht?

13) Werden Sie sich im Hinblick auf die Wahrung der Wiener Innenstadt als Weltkulturerbe dafür stark machen und vermittelnd tätig sein, dass sich der Wiener Gemeinderat

a)    für eine Neuausrichtung und Korrektur des Stadtentwicklungsplanes STEP 2025

b)    für ein neues Hochhaus-Konzept, das dem Weltkultur-Erbe zweifelsfrei gerecht wird und

c)    für die Berücksichtigung der Weltkulturerbe-Gebiete (Schutz- und Pufferzonen) im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan

ausspricht?

14) Wenn nein, warum nicht?

15) Kann die Aberkennung der Wiener Innenstadt als Weltkulturerbe auch finanzielle Folgen haben, wie beispielsweise Entfall von Fördergeldern aus Förderprogrammen?

16) Wenn ja, welche und in welcher Höhe?

17) Sind Sie über die zahlreichen Rechtsprobleme, wie beispielsweise im Bereich der Weltkulturerbekonvention, des „Übereinkommens von Faro (BGBl. II Nr. 23/2015), im Umweltrecht sowie auch im EU-Recht informiert, die sich im Zusammenhang mit dem neuen Hochhauskonzept STEP 2015 ergeben?

18) Wenn nein, warum nicht?

19) Wenn ja, welche Initiativen werden Sie ergreifen um zur Auflösung der Rechtsprobleme und Widersprüche in den unterschiedlichen Rechtsmaterien beizutragen?

20) Werden Sie die Stadt Wien ersuchen, ICOMOS so schnell als möglich eine fachliche Stellungnahme zu ob genannten Missionsbericht vom November 2015 abzugeben und sich mit den dort festgehaltenen Fragen auseinanderzusetzen?

21) Werden Sie sich bei der Stadt Wein einsetzen, den Empfehlungen von ICOMOS zu folgen und das neue Hochhauskonzept STEP 2025 zu überarbeiten, sodass der Schutz des historischen Zentrums Wiens gewährleistet werden kann damit es zu keiner Aberkennung des Weltkulturerbe-Status der Wiener Innenstadt kommt?

 



[1] Beschlussantrag der FPÖ-Gemeinderäte Ursula Stenzel, Mag. Gerald Ebinger, Christian Unger, Ricarda Reif und Dietrich Kops betreffend Bewahrung des Weltkulturerbe-Status für Wien Innere Stadt, eingebracht in der Spezialdebatte „Kultur, Wissenschaft  und Sport“ zum Budgetvoranschlag 2016 am 11.12.2015; Beschlussantrag der FPÖ-Gemeinderäte Anton Mahdalik, Mag. Johann Gudenus, Christian Unger, Univ. Prof. Dr. Herbert Eisenstein und Dominik Nepp betreffend Rettung des UNESCO-Welterbes Innere Stadt, eingebracht in der Sitzung des Gemeinderates am 19.12.2014 zu Post 115.;