9444/J XXV. GP

Eingelangt am 08.06.2016
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dr. Andreas F. Karlsböck und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend Intransparenz bei der Verleihung des „Goldenen Doktordiploms“

 

 

Was mit der Aberkennung des Ehrendoktorats für Konrad Lorenz durch den Senat der Universität Salzburg begonnen hat, scheint sich an der Universität Wien bei der Verleihung von „Goldenen Doktordiplomen“ auf anderer Ebene fortzusetzen, nämlich die willkürliche Ausgrenzung von honorigen Wissenschaftern aus ideologischen und parteipolitischen Gründen.

 

Wie jedes Jahr wurden auch 2015 die Institute der rechtswissenschaftlichen Fakultät am Juridicum der Universität Wien vom Dekan aufgefordert, Kandidaten für die Verleihung eines „Goldenen Doktordiploms" durch die Universität Wien zu nominieren. In den Richtlinien für akademische Ehrungen gemäß § 19 Abs 2 Z 8 des UG 2002 bestimmt die Universität Wien nämlich in § 6 für ihren Wirkungsbereich: „Die Universität Wien kann die bereits erfolgte Verleihung eines akademischen Grades aus besonderem Anlass, insbesondere anlässlich der 50. Wiederkehr des Tages der Verleihung, erneut vornehmen, wenn dies im Hinblick auf die besonderen wissenschaftlichen Verdienste, das hervorragende berufliche Wirken oder die enge Verbundenheit der Absolventin oder des Absolventen mit der Universität Wien gerechtfertigt ist.“

 

Das Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte schlug für den Absolventenjahrgang 1965 „einstimmig“ seinen ehemaligen Vorstand, em. o. Univ.-Prof. Dr. Willi Brauneder, vor, der nicht nur, wie erforderlich eine, sondern alle drei oben genannten Voraussetzungen in bester Weise erfüllt. Daraufhin beschloss das Fakultätskollegium gleichfalls einstimmig diese Ehrung und leitete den entsprechenden Beschluss dem Akademischen Senat der Universität Wien weiter. Und dann die Überraschung: Der Senat lehnte eine Ehrung Brauneders ab! Begründung wurde keine dazu abgegeben – wie sonst rechtsstaatlich selbstverständlich.

 

Weder im Protokoll der 15. ordentlichen Sitzung des Senats der 5. Funktionsperiode vom 26. November 2015, wo unter Punkt 6.1 akademische Ehrungen für einen illustren Personenkreis vorgeschlagen wurden, noch im Protokoll der 16. ordentlichen Sitzung des Senats der 5. Funktionsperiode vom 21. Jänner 2016, wo unter 7.1 ebenfalls viele prominente Wissenschafter zur Ehrung aufgelistet wurden, ist der Name Willi Brauneder zu finden. Seine Abweisung kommt, so gesehen, einer ungerechtfertigten Diskriminierung gleich, da seine wissenschaftlichen Leistungen qualitativ unbestreitbar sind. Auch quantitativ hat er mehr geleistet als andere Professoren, welchen die ihm versagte Ehrung sehr wohl zuteil wurde.


Brauneders Leistungen für die Universität und die Fakultät wie auch für das Institut zeigten überdurchschnittliches Engagement, u.a. in der Organisation mehrerer internationaler Fachtagungen, der Gründung einer internationalen Fachzeitschrift etc. Er ist international anerkannt, war Vorsitzender internationaler Fachvereinigungen, ist Träger mehrerer akademischer Auszeichnungen, darunter Ehrendoktorate des Auslandes, erhielt in Österreich das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse und war von 1987 bis 1989 Dekan der Juridischen Fakultät – um nur die wichtigsten Positionen hervorzuheben. Der Universitätsleitung scheint das in seinem Fall, im Gegensatz zu anderen, trotzdem zu wenig zu sein.

 

Im internen Senatsprotokoll der Sitzung vom 26.11.2015 findet sich im Punkt zur Abstimmung über das „Goldene Doktordiplom“ von Prof. Brauneder folgender Satz: „Der Antrag auf Verleihung des Goldenen Doktordiploms an Brauneder findet mit 4 Ja-, 5 Gegenstimmen und 8 Enthaltungen nicht die erforderliche Mehrheit.“ Aus sicherer Quelle wissen wir außerdem, dass der Antrag nicht diskutiert wurde. Es mussten also im Vorfeld Absprachen stattgefunden haben. Eine explizite Begründung fehlt jedenfalls.

 

Schon in den vergangenen Jahren ist es vorgekommen, dass missliebige Persönlichkeiten ohne offizielle Begründung von Ehrungen ausgeschlossen wurden. Dabei hatte die jeweilige Universität im Vorfeld zumeist die Meinung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW) eingeholt, einer Stiftung, die gemeinsam von der Republik Österreich, der Stadt Wien und dem Verein Dokumentationsarchiv getragen wird und die für ihr Ressentiment gegenüber freiheitlichen Funktionsträgern bekannt ist. Ein Faktum, das eine objektive Beurteilung von Wissenschaftern, die der FPÖ nahestehen, nahezu ausschließt.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft folgende

 

 

Anfrage

 

1.    Wie beurteilen Sie den geschilderten Sachverhalt in politischer und in rechtlicher Hinsicht?

 

2.    Bestehen Ihrer Beurteilung nach ausreichend Rechtsschutzmöglichkeiten gegen unsachliche Diskriminierungen der geschilderten Art?

 

3.    Wenn ja, welche?

 

4.    Wenn nein, haben Sie in Aussicht genommen, im Wege eines Ministerialentwurfes bzw. einer Regierungsvorlage diesbezüglich Abhilfe zu schaffen?

 

5.    Mit welcher Begründung wurde der Antrag der Juridischen Fakultät der Universität Wien auf Verleihung des „Goldenen Doktordiploms“ an em. o. Univ.-Prof. Dr. Willi Brauneder vom Akademischen Senat abgelehnt?

 

6.    Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Willi Brauneder die wohlverdiente Verleihung des „Goldenen Doktordiploms“ nicht vorenthalten und das entsprechende Verfahren neu aufgerollt bzw. die Abstimmung mit zwingender Begründung wiederholt wird?


7.    Wurde im „Fall Brauneder“ die Meinung außeruniversitärer Gremien seitens des Akademischen Senats eingeholt?

      Wenn ja, von wem und warum?

 

8.    Werden Sie den „Fall Brauneder“ zum Anlass nehmen, um auf die Universitäten – etwa im Rahmen der Leistungsvereinbarungen – einzuwirken, mehr Transparenz bei der Abstimmung über akademische Ehrungen walten zu lassen?

      Wenn ja, wann und in welcher Form?

      Wenn nein, warum nicht?