9481/J XXV. GP

Eingelangt am 13.06.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Eva Mückstein, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Gesundheit

betreffend missglückte Reform der allgemeinmedizinischen Ausbildung

BEGRÜNDUNG

 

Die im Oktober 2014 beschlossene Novelle zum Ärzte-Gesetz trat am 1. Jänner 2015 bzw. Teile davon am 1. Juli 2015 in Kraft. Das Kernstück dieser Novelle betraf die Neugestaltung der ÄrztInnen-Ausbildung, die für jene Personen verpflichtend ist, die ihre Ausbildung nach dem 31. Mai 2015 begonnen haben. Die ÄrztInnen-Ausbildung NEU reguliert nunmehr die Teilung der Ausbildung in eine mindestens neunmonatige Basisausbildung an einer Krankenanstalt und die darauf aufbauende praktische Ausbildung zur/zum  Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin oder die ebenfalls darauf aufbauende Sonderfachausbildung zur/zum Fachärztin/-arzt.

Weitere Details zur ÄrztInnen-Ausbildung sind in der Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit über die Ausbildung zur Ärztin für Allgemeinmedizin/zum Arzt für Allgemeinmedizin und zur Fachärztin/zum Facharzt (Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 – ÄAO 2015) normiert.

Die Ausbildung der ÄrztInnen für Allgemeinmedizin wurde zwar von 36 auf 42 Monate erhöht und die freiwillige Lehrpraxis ist nunmehr verpflichtend, allerdings nur im Umfang von sechs Monaten (erst nach sieben Jahren sind neun Monate, nach weiteren fünf Jahre zwölf Monate vorgesehen). Die Änderung von einer freiwilligen zur verpflichtenden Lehrpraxis ist positiv zu beurteilen. Kritisch zu sehen ist hingegen die Kürze von nur sechs Monaten sowie die nicht gesicherte österreichweite Finanzierung der Lehrpraxis.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die neunmonatige Basisausbildung, die ausschließlich an der Klinik zu absolvieren ist. Dadurch kommen die angehenden ÄrztInnen in diesen neun Monaten nur mit dem Klinik-Alltag in Kontakt, was für eine Entscheidung zu Gunsten einer allgemeinmedizinischen Ausbildung eher hinderlich ist.


Auch die zum Teil schlechtere Bezahlung während der Ausbildung zur/zum AllgemeinmedizinerIn trägt dazu bei, dass sich weniger Personen nach der neunmonatigen Grundausbildung für die Allgemeinmedizin entscheiden – ebenso wie die symbolische Abwertung der allgemeinmedizinischen gegenüber der fachärztlichen Ausbildung, weil diese noch immer keine Ausbildung zur/zum Fachärztin/-arzt ist.

Es gibt bereits erste Informationen darüber, wonach sich von den Personen, die die neunmonatige Basisausbildung bereits absolviert haben, nur sehr wenige Personen für die Ausbildung zur/zum Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin entschieden haben. Sollten sich die Rahmenbedingungen für die allgemeinmedizinische Ausbildung nicht ändern und verbessern, ist zu befürchten, dass in Zukunft zu wenige AllgemeinmedizinerInnen ausgebildet werden, was zu einem Mangel in der allgemeinmedizinischen Versorgung führen wird. Auch aufgrund der bevorstehenden Pensionierungswelle von AllgemeinmedizinerInnen mit Kassenverträgen, ist zu befürchten, dass in Zukunft die allgemeinmedizinische Versorgung der Bevölkerung nicht mehr im ausreichenden Maß sichergestellt werden kann.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Wie viel Personen haben das Medizinstudium seit 1. Juni 2015 in Österreich abgeschlossen und wie viele davon stehen in Ausbildung

a.    zur/zum Fachärztin/Facharzt?

b.    zur/zum Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin?

(Bitte getrennt nach Bundesländern und bei den FachärztInnen zusätzlich getrennt nach Sonderfächern angeben.)

2.    Wie viele Personen haben in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 mit der allgemeinmedizinischen Ausbildung begonnen?

a.    Wie viele Personen haben sich in der Zeit vom 1. März 2016 bis zum 30. Juni 2016 gem. ÄrztInnen-Ausbildungsordnung 2015 (ÄAO 2015) für die allgemeinmedizinische Ausbildung entschieden?

 

3.    Wie viele Personen haben die allgemeinmedizinische Ausbildung in den Jahren 2010 bis 2015 abgeschlossen? (aufgeschlüsselt nach Jahren)

 

4.    Wie viele TurnusärztInnen, die nach dem 31. Mai 2015 mit der Ausbildung begonnen haben, haben ihr Studium nicht in Österreich abgeschlossen? (Bitte getrennt nach Bundesländern und Allgemeinmedizin/Sonderfächer angeben.)


5.    Ist Ihnen bekannt, ob die landesfondsfinanzierten Krankenanstalten in den Bundesländern unterschiedliche Gehälter für in Ausbildung stehende AllgemeinmedizinerInnen und FachärztInnen zahlen?

a.    Wenn ja, wie hoch sind die Unterschiede bei den Anfangsgehältern?

b.    Werden Sie sich für die gleiche Bezahlung einsetzen?

c.    Wenn nein, werden Sie diese Daten erheben lassen?

 

6.    Wie und bis wann stellen Sie die Finanzierung der Lehrpraxis in ganz Österreich sicher, sodass die in Ausbildung stehenden AllgemeinmedizinerInnen von Beginn an wissen, unter welchen Bedingungen sie ihre Ausbildung absolvieren können?

a.    Wenn Sie diese Zuständigkeit in den Ländern verorten, welche Maßnahmen können Sie ergreifen, dass die „säumigen“ Bundesländer tätig werden?

 

7.    Wie viele allgemeinmedizinische Praxen mit und ohne Kassenvertrag gab es in Österreich im Zeitverlauf 2010 bis 2015? (aufgeschlüsselt nach Jahren, Bundesländern)

a.    Wie verteilen sich die Verträge der allgemeinmedizinischen kassenärztlichen Praxen auf die einzelnen Krankenkassen? – (aufgeschlüsselt nach Jahren, Bundesländern)

 

8.    Wie viele allgemeinmedizinische Kassenstellen konnten in den Jahren 2010 bis 2015 nicht besetzt werden? (aufgeschlüsselt nach Jahren, Bundesländern und Krankenkassen)

a.    Was sind aus Ihrer Sicht die Hauptgründe dafür?

 

9.    Der künftige Bedarf an ÄrztInnen für Allgemeinmedizin wird auf Grundlage der Beratungsergebnisse der Kommission für die ärztliche Ausbildung gemäß Artikel 44 der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl. I Nr. 105/2008, in der Fassung BGBL. I Nr. 199/2013, gemäß § 196 Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, den Bundesländern mitgeteilt.

a.    Welcher Bedarf an ÄrztInnen für Allgemeinmedizin wurden den Bundesländern mitgeteilt?

b.    Kann der Bedarf an ÄrztInnen für Allgemeinmedizin mit den derzeit zur Verfügung stehenden  ÄrztInnen für Allgemeinmedizin von den einzelnen Bundesländern abgedeckt werden?

c.    Kann der Bedarf an ÄrztInnen für Allgemeinmedizin voraussichtlich auch in den Jahren 2016 bis 2025 abgedeckt werden?

d.    Welche Anzahl von jährlich neu beginnenden allgemeinmedizinischen TurnusärztInnen liegt der Bedarfsrechnung (9c.) zugrunde?

 

10. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die allgemeinmedizinische Ausbildung für AbsolventInnen der medizinischen Fakultäten attraktiver zu machen?


11. Die Träger von Krankenanstalten, die über Landesgesundheitsfonds abgerechnet werden, sind gem. § 196 Ärztegesetz 1998 i.d.g.F. verpflichtet, dass eine entsprechende Zahl an Ausbildungsstellen für die Ausbildung zur/zum Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin zur Verfügung steht.

a.    Kommen die über Landesgesundheitsfonds abgerechneten Krankenanstalten dieser Verpflichtung im vollen Umfang nach?

b.    Wenn nein, in welchen Bundesländern und Krankenanstalten ist dies nicht der Fall?

c.    Wenn nein, welche Sanktionsmöglichkeiten haben Sie, damit diese Ausbildungsstellen bald zur Verfügung stehen und werden diese eingesetzt?

d.    Wenn nein, welche Auswirkungen hat dies auf die Anzahl der in Zukunft zur Verfügung stehenden AllgemeinmedizinerInnen?

 

12. Wissen Sie, wie viele Ausbildungsstätten für die Ausbildung zur/zum Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin gemäß ÄAO 2015 bisher von der Österreichischen Ärztekammer anerkannt wurden?

a.    Wenn ja, wie viele wurden bisher anerkannt und entspricht diese Zahl dem tatsächlichen Bedarf an Ausbildungsstätten? (aufgeschlüsselt nach Bundesländern)

b.    Wenn der Bedarf an Ausbildungsstätten höher ist als die bisher anerkannte Anzahl, welche Maßnahmen ergreifen Sie, um den Bedarf zu decken?

 

13. Wie viele AllgemeinmedizinerInnen mit eigener Praxis erreichen in den nächsten zehn Jahren ihr gesetzliches Pensionsalter? (aufgeschlüsselt nach Bundesländern, Jahren sowie mit/ohne Kassenvertrag)

 

14. Gibt es nach Ihrer Einschätzung in den nächsten zehn Jahren einen Mangel an AllgemeinmedizinerInnen mit Kassenvertrag?

a.    Wenn nein, welche Daten liegen dem zugrunde?

b.    Wenn ja, welche Maßnahmen werden ergriffen, um einer Mangelversorgung der Bevölkerung und Zwei-Klassen-Medizin (das Ausweichen auf WahlärztInnen können sich nicht alle Versicherten leisten) entgegen zu wirken?