9563/J XXV. GP

Eingelangt am 16.06.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Rechtsunsicherheiten für EPU im Rahmen von GPLA-Verfahren

Einer Einzelperson kann es in Österreich passieren, aufgrund von verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen an mehrere Sozialversicherungträgern gleichzeitig Sozialversicherungsbeiträge leisten zu müssen. Diese Entwicklung ergibt sich unter anderem aus den sich veränderenden Erwerbstätigkeitsmustern, in denen die Österreicher_innen leben und arbeiten. Es wird immer schwerer, zwischen selbstständiger und unselbstständiger Arbeit messerscharf abzugrenzen.

In zahlreichen Fällen haben GPLA-Verfahren bei Auftraggeber_innen von Unternehmer_innen ergeben, dass diese selbstständigen Auftragnehmer_innen von der prüfenden GKK sozialversicherungsrechtlich als Arbeitnehmer_innen beurteilt und behandelt wurden. Infolgedessen wurden diese Selbstständigen mit diesem geprüften Teil ihrer Erwerbstätigkeit zu unselbstständigen Erwerbstätigen umqualifziert, während gleichartige Aufträge bei anderen Auftraggeber_innen noch der selbstständigen Tätigkeit zugeordnet blieben. Dadurch sind Selbstständige, aber auch Bauern und Bäuerinnen sowohl bei der SVA bzw. SVB als auch bei der jeweiligen Gebietskrankenkasse kranken- bzw. sozialversichert.

Zudem ist es möglich, dass insbesondere EPU die nur für einen Auftraggeber_innen arbeiten, als Dienstnehmer_inner der Auftraggeber_in betrachtet werden und damit vor allem gegen ihren Willen von Selbstständigen zu Unselbstständigen erklärt werden. Solche Verfahren sind Ergebnis eines verdeckten Kampfes der unterschiedlichen Versicherungsträger um Versicherte und deren Beiträge. Es geht nicht um die Sache, es geht ums Geld. Die einfachste Lösung wäre eine Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger. Doch dieser Schritt ist aufgrund evidenter Interessenslagen jener Parteien und Kammern, die ihnen zuzuordnende Vertrauensleute in Sozialversicherungsträgern unterbringen, nicht zu erwarten.

Mit dem Ziel eines Interessenausgleichs zwischen Arbeit- bzw. Auftraggeber_innen und insbesondere den unterschiedlichen Versicherungsträgern in Verfahren mit unklarer sozialversicherungsrechtlicher Zuordnung wurde auf Grundlage eines Beschlusses der Trägerkonferenz des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger mit 01.10.2012 eine Schlichtungsstelle eingerichtet, die über strittige Fälle bzw. Verfahren entscheidet. Im Regierungsprogramm wird auch auf S.16 darauf eingegangen: "Rechtssicherheit für Selbständige: Bei Uneinigkeit zwischen den SV-Trägern entscheidet eine im Hauptverband eingerichtete Schlichtungsstelle". Die gegenwärtige Situation, in der die SVA bzw. SVB nur die Möglichkeit hat eine Stellungnahme abzugeben, kann aber nicht die endgültige Lösung sein und führt auch keineswegs zu Rechtssicherheit für die Betroffenen. Eine solche Schlichtungsstelle wäre zweifelsohne ein wichtiger erster Schritt, doch würde es wie angedeutet nicht zu einer endgültigen oder besseren Rechtssicherheit der Betroffenen führen, insbesondere weil die Schlichtungsstelle nur im Nachhinein tätig wird und nicht bereits vorab Rechtssicherheit schaffen kann, bevor eine Umqualifizierung im Raum steht.

Bundeskanzler Kern hat angekündigt, bis zum Sommer entsprechende Rahmenbedingungen in diesem Bereich schaffen zu wollen bzw. zumindest Vorschläge zu machen. Es muss allerdings klargestellt werden, dass nicht unter dem Deckmantel eines angeblichen Kampfs gegen Scheinselbstständigkeit und prekäre Beschäftigungsverhältnisse jene Erwerbstätigen in ihrer Existenz bedroht werden, die freiwillig als Selbstständige arbeiten. Ein Anhörungsrecht bzw. Parteistellung nicht nur der betroffenen Sozialversicherungsträger, sondern auch der Betroffenen Selbstständigen ist dafür Voraussetzung. Hierzu haben gem. Anfragebeantwortung vom 24.9.2014 (2148/AB XXV.GP) damals bereits Vorgespräche stattgefunden, doch noch immer lässt eine Regelung auf sich warten.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

 

1.    Wie viele Fälle gab es, in denen anlässlich einer GPLA festgestellt wurde, dass GSVG- oder BSVG-versicherte Erwerbstätige auf Grund der ausgeübten Tätigkeit nach Ansicht der jeweiligen GKK ein Pflichtversicherungsverhältnis nach ASVG bestehe? (Aufschlüsselung auf Jahre seit 2012, nach Sozialversicherungsträger)

2.    Wie viele Betroffene Erwerbstätige waren insgesamt von diesen Feststellungen betroffen? (Aufschlüsselung auf Jahre seit 2012, nach Sozialversicherungsträger)

3.    In wie vielen Fällen führte eine solche Feststellung tatsächlich zu einem ASVG-Versicherungsverhältnis (oder zu zusätzlichen ASVG-Versicherungsverhältnissen)? (Aufschlüsselung auf Jahre seit 2012, nach Sozialversicherungsträger)

4.    In wie vielen Fällen verblieben die GSVG- bzw. BSVG-Versicherten bei ihrem ursprünglichen Sozialversicherungsträger? (Aufschlüsselung auf Jahre seit 2012, nach Sozialversicherungsträger)

5.    In wie vielen Fällen wurde die Schlichtungsstelle mit einbezogen? (Aufschlüsselung auf Jahre seit 2012, nach Sozialversicherungsträger)

6.    Kam in allen diesen Fällen die Initiative auf Einbeziehung der Schlichtungsstelle von den von der Ummeldung Betroffenen SVA- bzw. SVB-Versicherten? Wenn nein, wie hoch war der Anteil solcher Fälle? (Aufschlüsselung auf Jahre seit 2012, nach Sozialversicherungsträger)

7.    In wie vielen Fällen wurde die SVA bzw. SVB zu einer Stellungnahme eingeladen? (Aufschlüsselung auf Jahre seit 2012, nach Sozialversicherungsträger)

8.    In wie vielen Fällen wurde von Seiten der SVA bzw. SVB eine Stellungnahme abgegeben? (Aufschlüsselung auf Jahre seit 2012, nach Sozialversicherungsträger)

9.    In wie vielen Fällen wurde die Stellungnahme der SVA bzw. SVB berücksichtigt und in deren Sinne entschieden? (Aufschlüsselung auf Jahre seit 2012, nach Sozialversicherungsträger)

10. Gab es seit Übermittelung der Anfragebeantwortung 2148/AB XXV. GP bereits weitere Gespräche zur Schaffung einer Formalparteistellung der betroffenen Sozialversicherungsträger?

11. Wenn ja, sind entsprechende Änderungen in den Verfahren vorgesehen?

12. Wenn ja, bis wann ist mit diesen Änderungen zu rechnen?

13. Wenn nein, weshalb nicht?

14. Gab es auch Gespräche, ob die von einer Umqualifizierung direkt betroffenen Selbstständige eine Formalparteistellung erhalten?

15. Wenn ja, sind entsprechende Änderungen in den Verfahren vorgesehen?

16. Wenn ja, bis wann ist mit diesen Änderungen zu rechnen?

17. Wenn nein, weshalb nicht?

18. Gab es auch Gespräche, ob im Rahmen einer Schlichtungsstelle die Möglichkeit einer Vorabprüfung durch die Sozialversicherungsträger geben soll?

19. Wenn ja, sind entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung dieser Möglichkeit bereits vorgesehen?

20. Wenn ja, bis wann soll diese Möglichkeit geschaffen werden?

21. Wenn nein, weshalb sollen sich Selbstständige und Auftraggeber_innen nicht bereits im Vorfeld der Aufnahme von Aufträgen eine entsprechende Informationen einholen können?