9628/J XXV. GP

Eingelangt am 20.06.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Georg Willi, Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Geldverschwendung durch fragwürdige Bautätigkeiten der ASFINAG in Wien 22 Hirschstetten im Vorgriff auf das nicht genehmigte Projekt „Stadtstraße“

 

Im Zusammenhang mit der geplanten Spange/“Einschließlichstrecke“ der S1 zur Seestadt Aspern und den Plänen für eine diese fortsetzende sogenannte „Stadtstraße“ bis zur A 23 Wiener Südosttangente im Bereich Hirschstetten verdienen aktuelle massive Bautätigkeiten der ASFINAG im Raum Hirschstetten breitere öffentliche Aufmerksamkeit:

Für jedermann mit freiem Auge erkennbar werden derzeit im Verantwortungsbereich der ASFINAG im Bereich der Anschlussstelle Hirschstetten der A 23 massive Tragwerkssäulen und Stützmauern für die an dieser Stelle geplante Anbindung der sog. „Stadtstraße“ errichtet.

Die Stadtstraße ist jedoch noch nicht einmal im Ansatz genehmigungsreif und wird das in der derzeit betriebenen Form auch nicht werden. Das Projekt dieser Stadtstraße ist dementsprechend auf dem Genehmigungspfad noch nicht einmal bis zur Öffentlichen Auflage vorangekommen.

 

Es handelt sich daher um eine Vorleistung für ein Projekt, dessen Genehmigung (und endgültige Dimensionierung, und Kapazität) den Wünschen der Baulobby zum Trotz in den Sternen steht. Der ASFINAG müsste aus der Geschichte der mit riesigen Kosten errichteten und bis heute sinn- und nutzlosen „Gesperrten Ausfahrt Simmering“ derselben A 23 die Problematik eigentlich ausreichend vertraut sein, um eine Wiederholung einer derart peinlichen und teuren Causa tunlichst zu vermeiden.

 

Es geht einerseits um Geld der Autofahrer, andererseits aber auch um die Interessen der SteuerzahlerInnen im Allgemeinen: Denn für die Milliardenschulden der ASFINAG haftet ja der Staat und jede verzichtbare Neubautätigkeit verringert den Spielraum sowohl für Schuldenrückzahlung als auch für Dividendenleistung an den Eigentümer – die Republik.

 

Von engagierten BürgerInnen, denen derartiger Umgang mit ihrem Geld und mit dem Lebensraum in ihrer Wohnumgebung nicht gleichgültig ist und die sich daher in der Bürgerinitiative „hirschstetten retten“ engagieren, wurden diese fragwürdigen Bautätigkeiten daher begrüßenswerterweise frühzeitig gegenüber der ASFINAG thematisiert.

Wörtlich wurde daraufhin von der regional zuständigen ASFINAG-Pressesprecherin am 13.1.2016 ausgeführt: „Die ASFINAG saniert 2016/2017 die A 23 im Bereich Stadlau/Hirschstetten –Fahrbahn und beide Tunnelbauwerke. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei den derzeit dort laufenden Arbeiten um Vorbereitungen für die Sanierung der Brückenobjekte der Anschlussstelle und die Herstellung einer Radwegquerung. Allfällige weitere Arbeiten außerhalb des unmittelbaren Bereichs der A 23 werden nicht von der ASFINAG durchgeführt. …“

 

Dies entspricht entweder nicht den Tatsachen oder verschweigt gezielt korrekte Zusammenhänge und Details.

 

Eins drauf setzte auf entsprechende Nachfrage im Mai 2016 der Geschäftsführer der ASFINAG Bau Management GmbH, der als Antwort auf eine kritische Darstellung der gegenständlichen Bautätigkeiten wörtlich folgendes ausführte:

„… Bei der Anschlussstelle Hirschstetten werden aktuell Sanierungsarbeiten an der Fahrbahn und den Brückenbauwerken sowie die Neuerrichtung einer Geh- und Radwegunterführung umgesetzt. Um die Verkehrsbeschränkungen auf der A 23 Südosttangente Wien so gering wie möglich zu halten, erfolgt die Umsetzung der Maßnahmen im Zuge der Tunnelsanierung Stadlau und Hirschstetten.“

Zur Krönung fügt er dann noch an: „Im Hinblick auf das Stadt Wien-Projekt Stadtstraße werden die Maßnahmen selbstverständlich derart ausgeführt, dass eine künftige Anbindung an das hochrangige Netz nicht verunmöglicht wird.“

 

Diese Antwort legt nahe, dass die ASFINAG hier ein falsches Spiel betreibt. Offenbar meinen maßgebliche RepräsentantInnen dieses Staatsunternehmens, sie könnten den BürgerInnen etwas vormachen:

·         Der Tunnel Hirschstetten ist weit weg vom Ort des Geschehens, hat keine Verbindung zum Tragwerk der Durchfahrt der Hirschstettner Straße und diese Durchfahrt ist weder ein Tunnel noch bedarf ihr Tragwerk wohl einer Sanierung. Vielmehr wurden zusätzliche Tragwerkssäulen eben für die beabsichtigte Auffahrt der Stadtstraße errichtet und auch die Stützmauer für diese.

·         Der Durchstich für den Geh- und Radweg ist ein Klacks und ebenfalls nicht dort situiert, wo diese massiven Stahlbetonbauten gebaut wurden und werden.

 

Es geht somit mitnichten um Maßnahmen im Rahmen einer A23-Sanierung, sondern völlig unzweifelhaft um davon unabhängige Vorleistungen (der ASFINAG) für ein anderes Projekt, das noch nicht einmal zur Verhandlung mit den Bürgerinnen und Bürgern aufgelegt wurde.

Vor deren Nase finden in provokantester Weise massive Bauarbeiten statt, die anders als von ASFINAG-Seite behauptet in keinem Bezug zu einer Tunnel- oder Tragwerkssanierung der bestehenden Autobahn stehen, sondern offenbar an Entscheidungs- und Genehmigungsprozessen vorbei in alter „Betonierer-Manier“ – siehe zB das Beispiel der „Ennsnahen Trasse“ vor rund 20 Jahren – Fakten für ein anderes Projekt schaffen sollen.

 

Der westliche Teil ab Seestadt West bis zur A 23 soll hingegen als sogenannte "Stadtstraße" im Verantwortungsbereich der Stadt Wien errichtet werden. Dafür "sagte das BMVIT der Stadt Wien die Errichtungskosten zu" (Zitat Stadt Wien), wobei es sich gemäß dem mit derselben BStG-Novelle eingefügten § 10 Abs 4 BStG korrekt um einen betraglich fix gedeckelten Zuschuss zur Errichtung handelt: ,,(4) Der Bund leistet an das Land Wien entsprechend dem Baufortschritt einen Zuschuss in der Höhe von 231,6 Millionen Euro zur Errichtung einer Straße von Hirschstetten (A 23) bis zum Beginn der Einschließlichstrecke der S 1 im Bereich der Straße Am Heidjöchl, Höhe Johann-Kutschera-Gasse."


Der Zuschuss ist in § 10 Abs 4 Bundesstraßengesetz geregelt. Es wurden bereits Mittel im geringen Ausmaß aus dem Budget der Stadt Wien in vorbereitende Arbeiten zum Projekt Stadtstraße investiert und vom Bund refundiert. Diese im Luftschadstoff-Sanierungsgebiet und mitten durch dichtest bewohntes Gebiet geplante „Stadtstraße“ stellt in der Verkehrswirkung einen Lückenschluss im hochrangigen Straßennetz mit entsprechender Anziehungskraft für den Kfz-Durchzugs- und –Pendlerverkehr dar.

 

Alle namhaften Verkehrsexperten sowie das Umweltministerium empfehlen den massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs (ÖV) und den Rückbau der Ortsdurchfahrten, um die bestehenden und abzusehenden Verkehrsprobleme in der Donaustadt und Floridsdorf zu lösen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Sind Sie über die aktuellen Bautätigkeiten an der A 23 Wiener Südosttangente im Raum Hirschstetten im „Vorgriff“ auf die weit von einer Genehmigung und einer abschließenden Klärung ihrer Dimensionierung entfernte Stadtstraße Hirschstetten im Bereich der projektierten Anbindung dieser Stadtstraße an die A 23 informiert?

2)    Wer ist Auftraggeber des in Frage 1 angesprochenen Teils der Baumaßnahmen?

3)    Wer hat den in Frage 1 angesprochenen Teil der Baumaßnahmen auf Grundlage welches Genehmigungsverfahrens genehmigt?

4)    Falls der in Frage 1 angesprochene Teil der Baumaßnahmen ohne entsprechende in den Vorfragen angesprochene Grundlagen umgesetzt wird: Wie erklären Sie dies, und wer trägt dafür die Verantwortung?

5)    Was haben Ihnen Ihre VertreterInnen im Aufsichtsrat der ASFINAG bisher zu den aktuellen Bautätigkeiten im „Vorgriff“ auf die Stadtstraße Hirschstetten im Bereich ihrer projektierten Anbindung an die A 23 Wiener Südosttangente im Raum Hirschstetten berichtet?

6)    Falls Ihnen dazu nichts berichtet wurde – warum nicht?

7)    Sind Sie über die in der Anfragebegründung wiedergegebenen mutmaßlichen Falschaussagen von teilweise sehr hochrangigen ASFINAG-RepräsentantInnen gegenüber engagierten BürgerInnen in dieser Causa zuvor informiert gewesen?

8)    Wie beurteilen Sie die Vorgangsweise im ASFINAG-Einflussbereich, bauliche Vorleistungen für nicht genehmigte Straßenbauprojekte zu erbringen, mit dem Risiko ein weiteres Geisterbauwerk wie die „Gesperrte Ausfahrt Simmering“ in den Wiener Stadtraum zu betonieren?

9)    Wie beurteilen Sie die Vorgangsweise im ASFINAG-Einflussbereich, dieses Vorgehen kritischen BürgerInnen gegenüber mit mutmaßlichen Falschaussagen – wie dem Herstellen nicht existenter Zusammenhänge zu tatsächlichen Sanierungs- oder „Ertüchtigungs“vorhaben an der A 23 zu verschleiern?

10) Werden Sie – persönlich oder zB über Ihre hochrangigen VertreterInnen im Aufsichtsrat der ASFINAG – gegenüber den maßgeblichen Verantwortlichen der ASFINAG darauf hinwirken, dass mutmaßliche Falschaussagen, Tatsachenverdrehungen und –verschleierungen gegenüber BürgerInnen im Zusammenhang mit faktisch stattfindenden Bautätigkeiten ausnahmslos zu unterlassen sind? Wenn nein warum nicht?

11) Auf wessen Kosten wurden die Tragwerkssäulen für die beabsichtigte Auffahrt der Stadtstraße und die Stützmauer für diese errichtet?

12) Wie ist der aktuelle Stand bei der UVP zur S1-Spange/“Einschließlichstrecke“ zur Seestadt Aspern?

13) Ist es zutreffend, dass zwischen ASFINAG und Stadt Wien noch nicht einmal abschließend fixiert ist, wo – im Fall der Errichtung - der genaue Übergangspunkt zwischen S1-Spange/“Einschließlichstrecke“ zur Seestadt Aspern einerseits und „Stadtstraße“ der Stadt Wien endgültig situiert sein soll?

14) Soll die S1-Spange/“Einschließlichstrecke“ zur Seestadt Aspern auch ohne gültigen Genehmigungsbescheid der S1 Lobauautobahn gebaut werden?

15) Wenn ja, welchen Effekt bzw welche Effekte hätte sie dann?

16) Soll die „Stadtstraße“ auch dann gebaut werden, wenn die S1-Spange/“Einschließlichkeitsstrecke“ und die S1 Lobauautobahn nicht gebaut werden - obwohl gar kein Entlastungseffekt zu erzielen wäre, zumal selbst mit allen im Nordostraum Wien bislang vorgesehenen hochrangigen Straßenbauten ein solcher nicht nur ausbleiben würde, sondern die Ortskerne belegtermaßen noch mehr belastet würden?

17)  Welcher Anteil der vorgesehenen – wenn auch bei weitem unzureichenden - € 231 Mio wurde für den „Stadtstraßen-Abschnitt“ bereits an die Stadt Wien überwiesen?

18) Wann wurden in diesem Sinne welche Beträge überwiesen (Aufschlüsselung in Betrag und Datum)?