9634/J XXV. GP

Eingelangt am 21.06.2016
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ANFRAGE

der Abgeordneten Carmen Schimanek

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Justiz

 

betreffend Verhinderung der Schließung und der Anerkennung von Kinderehen

 

Am 11.06.2016 war der Tiroler Tageszeitung unter dem Titel „Flüchtlinge - Angeblich hunderte Fälle von Kinderehen in Deutschland“ folgender Bericht zu entnehmen:

 

„Berlin (APA/dpa) - Die deutschen Behörden haben einem Zeitungsbericht zufolge mehrere hundert Kinderehen unter Flüchtlingen registriert. In den allermeisten Fällen seien minderjährige Mädchen bereits in der Heimat mit einem Erwachsenen verheiratet worden, anschließend machten sie sich auf den Weg nach Deutschland, schreibt die „Bild“-Zeitung (Samstag).

 

Das Blatt beruft sich auf Zahlen aus den Bundesländern und Informationen der Justizministerkonferenz. So hätten allein die Behörden in Bayern bis Ende April 161 Fälle von verheirateten Asylbewerbern unter 16 Jahren und 550 Fälle von Verheirateten unter 18 Jahren registriert.

 

Laut „Bild“ prüft die Justizministerkonferenz von Bund und Ländern nun, ob die Ehemündigkeit in Deutschland generell auf 18 Jahre angehoben werden soll. Geklärt werde zudem, ob nach ausländischem Recht geschlossene Ehen die Anerkennung in Deutschland versagt werden soll, wenn keine Ehemündigkeit nach deutschem Recht bestehe.

 

Im traditionellen islamischen Recht wird teilweise davon ausgegangen, dass Mädchen bereits mit 9 Jahren, Buben mit 12 Jahren heiratsfähig sind. Allerdings haben einige Staaten mit Reformen und zur Vermeidung von Kinderehen ein höheres Alter für die Ehemündigkeit festgelegt, wobei dies in der Praxis unterlaufen wird.

 

Die Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer hatte im Mai gewarnt, dass immer mehr Flüchtlingskinder zwangsverheiratet werden. Vor allem bei minderjährigen Mädchen aus Syrien steige die Anzahl der Kinderehen. Vor dem Krieg in Syrien seien bei 13 Prozent aller Hochzeiten einer oder beide Ehepartner jünger als 18 Jahre gewesen. Nun seien es über 51 Prozent. Vor allen in Flüchtlingscamps in Jordanien, im Libanon, im Irak und in der Türkei habe sich die Zahl der Zwangsehen erhöht.

 

Ein Grund sei, Töchter in der Fluchtsituation finanziell, aber auch körperlich abzusichern, erklärte Alia Al-Dalli, Leiterin der SOS-Kinderdörfer im Nahen Osten. Die Folgen seien allerdings verheerend: Die Mädchen brechen nicht nur häufig die Schule ab und werden sozial isoliert, sondern auch oft Opfer von häuslicher Gewalt und sexuellem Missbrauch durch wesentlich ältere Ehemänner. Laut der Weltgesundheitsbehörde WHO sei die zweithäufigste Todesursache von Kinderbräuten die Geburt ihres Kindes, gefolgt von Selbstmord.“

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.    Sind Ihnen Fälle von Kinderehen – somit von Ehen, bei denen zumindest ein Ehegatte die für eine Ehe vom österreichischen Ehegesetz geforderten Voraussetzungen aufgrund seines Alters nicht erfüllt – bekannt geworden?

2.    Wenn ja: Wie viele Fälle sind Ihnen zwischen 2013 und 31.5.2016 bekannt geworden?

3.    Wenn ja: In wie vielen Fällen war ausschließlich die Ehegattin minderjährig?

4.    Wenn ja: In wie vielen Fällen war ausschließlich der Ehegatte minderjährig?

5.    Wenn ja: In wie vielen Fällen waren beide Ehegatten minderjährig?

6.    Wenn ja: In welchen Ländern wurden die Kinderehen geschlossen bzw. über welche Staatsbürgerschaft verfügen die Ehegatten?

7.    Sind zwischen 2013 und 31.5.2016 in Österreich Kinderehen anerkannt worden?

8.    Wenn ja: Wie viele?

9.    Wenn ja: Warum waren in diesen Fällen die Bestimmungen des fremden Rechtes mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung vereinbar (§17 IPRG; §6 IPRG)?

10. Wenn ja: Sind diese Ehen bloß deshalb anerkannt worden, weil im österreichischen Recht eine fehlende Ehemündigkeit die Gültigkeit einer Ehe nicht berührt?

11. Planen Sie Änderungen von Bestimmungen, welche die Anerkennung von Ehen betreffen (zB. Nichtanwendung des fremden Rechts, wenn das in Österreich gesetzlich vorgeschriebene Mindestalter nicht erreicht wird)?

12. Wenn nein: Warum nicht?

13. Planen Sie die Abschaffung der Absurdität des geltenden Rechts, nach der Personen über 7 Jahren eine rechtsgültige Ehe schließen können (§ 2 iVm 102 Abs 1 EheG; mangelnde Ehemündigkeit berührt die Gültigkeit einer Ehe nicht)?

14. Arbeiten Sie in Fällen von Kinderehen mit anderen Ministern bzw. Ministerien oder sonstigen Einrichtungen zusammen?

15. Wenn ja: Mit welchen?

16. Wenn nein: Planen Sie Maßnahmen, um Schnittstellen zu anderen Ressorts und Einrichtungen zu optimieren?

17. Wenn nein: Warum nicht?

18. Planen Sie Änderungen des Strafrechts, wie etwa eine Verschärfung des §106a StGB, wenn das Opfer minderjährig ist, um das Eingehen von Kinderehen hintanzuhalten?