9690/J XXV. GP

Eingelangt am 28.06.2016
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Roman Haider

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend die Deregulierungsaufforderung seitens der OECD an Österreich

 

 

Die Presse vom 01.06.2016:

 

"Das müsste dem Finanzminister zu denken geben: Internationale Organisationen erwarten für Österreich ein niedrigeres Wachstum als die heimischen Prognosen, die dem Budget zugrunde liegen. Im April legte der IWF seinen Ausblick für heuer mit 1,2 Prozent tiefer an als Wifo (1,6 Prozent) und Nationalbank (1,9 Prozent). Nun reiht sich die OECD mit 1,3 Prozent in den Chor der Vorsichtigen ein.

Was aber ist zu tun? Dem Pariser Thinktank der Industriestaaten ist aufgefallen, wie unterschiedlich sich hierzulande die Produktivität entwickelt: In der Industrie bleibe sie dynamisch, bei den Dienstleistungen aber ging sie in den vergangenen fünf Jahren sogar zurück. Hier gebe es einen „Reformstau“, „starre Strukturen“ und zu „strenge Regulierung“. Tatsächlich hat Österreich zwar sehr offene Produktmärkte (Nummer drei von 34 OECD-Staaten), ist aber bei unternehmensnahen Dienstleistungen stark reguliert (Platz 28). Besonders gilt das für Ingenieure, IT-Services, Architekten, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Juristen.

Der Effekt ist immer der gleiche: Strenge Auflagen führen zu wenig Wettbewerb und damit zu hohen Kosten. Hier sieht die OECD auch den Hauptgrund für die höhere Inflation, verglichen mit Deutschland und dem Rest Europas. OECD-Experte Volker Ziemann versteht zwar die Intention des Gesetzgebers: Die Zugangshürden sollten die Qualifikationen „vor ausländischer Konkurrenz schützen“, damit sich die hohen Investitionen in die Ausbildung lohnen. Aber das könnte „in einer globalisierten Welt“ nach hinten losgehen. Nicht nur der direkte Export der Dienstleistungen leidet unter zu hohen Preisen, sondern auch die Industrie, die sie als Vorleistung miteinkalkulieren muss.

In diese Richtung deutet auch eine aktuelle Analyse des IHS zur Wettbewerbsfähigkeit. IHS-Forscher Klaus Weyerstraß sieht die Entwicklung der heimischen Industrieproduktivität seit 2000 durchaus positiv. Er rechnet dabei den Output pro Arbeitsstunde. Das dürfte aussagekräftiger sein als die übliche Berechnung pro Erwerbstätigen, weil die Zahl der Teilzeitkräfte hierzulande besonders stark gestiegen ist. Ein moderater Zuwachs bei der Produktivität reichte aber nicht aus, um wettbewerbsfähig zu bleiben – weil die Kosten aus dem Ruder liefen: Die Lohnstückkosten sind seit 2000 viel stärker gestiegen als in Deutschland und der Schweiz. Österreich hat also an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Und das dürfte weniger an überzogenen Lohnerhöhungen für Fabrikarbeiter als an breiteren Kostensteigerungen für die Firmen liegen.

Sicher: Dass die heimische Kfz-Zulieferindustrie gegenüber der billigen Konkurrenz aus Osteuropa an Boden verliert, ist kaum aufzuhalten. Aber die Lücke ist durch neue Angebote zu schließen. Und dabei könne sich Österreich nur „nach oben orientieren“, sagt Ziemann von der OECD. Dabei „verzahnen“ sich Ware, Beratung und IT. Je höherwertiger ein Produkt, je kompletter die Lösung, desto mehr Dienstleistungen sind darin enthalten. Und umso wichtiger werde es für Österreich, hier für mehr Wettbewerb und konkurrenzfähige Preise zu sorgen."

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

Anfrage

 

1.     Wie erklären Sie sich, dass internationale Organisationen wie etwa der IWF oder auch die OECD für Österreich ein niedrigeres Wachstum erwarten als dies im Rahmen heimischer Prognosen der Fall ist?

2.     Wie stehen Sie zu jener Aussage im Artikel, dernach die Produktivität bezüglich Dienstleistungen in Österreich auf Grund eines "Reformstaus", "starrer Strukturen" und "zu strenger Regulierungen" in den letzten fünf Jahren zurückgegangen ist?

3.     Was gedenken Sie dagegen zu unternehmen?

4.     Die OECD sieht in den strengen Auflagen in Österreich die Ursache für die im Vergleich zum Rest Europas hohe Inflation im Inland; stimmen Sie mit dieser Ansicht überein?

5.     Wenn ja, warum und welche Maßnahmen werden Sie ergreifen?

6.     Wenn nein, warum nicht?

7.     OECD-Experte Volker Ziemann spricht davon, dass staatliche Zugangshürden Qualifikationen vor ausländischer Konkurrenz schützen sollen, damit sich hohe Investitionen in die Ausbildung lohnen, ein derartiger Schritt aber auch schnell nach hinten losgehen könne. Wie stehen Sie zu dieser Aussage?

8.     Laut IHS-Forscher Klaus Weyerstraß ist die Zahl der Teilzeitkräfte hierzulande besonders stark gestiegen. Worauf führen Sie diesen Trend zurück?

9.     Des weiteren spricht Weyerstraßer davon, dass die heimischen Lohnstückkosten seit 2000 viel stärker gestiegen sind als etwa in Deutschland oder der Schweiz. Mit welchen Maßnahmen gedenken Sie diesem Trend gegenzusteuern?

10.  Mit Hilfe welcher Maßnahmen soll die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zukünftig gewährleistet werden?