9706/J XXV. GP

Eingelangt am 29.06.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Peter Pilz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz

betreffend beschleunigte Karrieren für StaatsanwältInnen

BEGRÜNDUNG

 

In den vergangenen Jahren haben im Bereich der Staatsanwaltschaften einige Fälle von äußerst beschleunigten Karrieren Aufsehen erregt. Es entsteht dabei der Eindruck, dass nicht jahrelange Erfahrungen in der Praxis und besondere Leistungen im Beruf den Ausschlag für Beförderungen geben, sondern dass vielmehr Tätigkeiten im Bundesministerium selbst als besonderer Karriereturbo wirken.

Auffällig ist, dass mehrere der betroffenen StaatsanwältInnen kurz vor oder während ihrer Dienstzuteilung im Ministerium (etwa ins Ministerkabinett, als Protokollchefin oder in der Weisungsabteilung) auf OStA-Planstellen bei der WKStA bestellt wurden, was mit entsprechenden Gehaltsvorteilen verbunden ist.

Noch rascher kann der Aufstieg verlaufen, wenn jemand ein Praktikum bei der Generalprokuratur absolviert. Diese begehrten Plätze sollen ein Garant für eine baldige Beförderung zum Generalanwalt bzw. zur Generalanwältin und damit dem Gipfel der möglichen Karriere für StaatsanwältInnen sein. Auch hier sind einige Fälle dokumentiert, in denen diese Bestellungen erfolgten, obwohl die betreffenden Personen nur  ein bis drei Jahre Praxis aufzuweisen hatten, und ab dann im BMJ dienstzugeteilt bzw. in einem Fall aufgrund gewerkschaftlicher Tätigkeit weitgehend dienstfreigestellt waren.

Diese Entwicklungen sind nicht nur geeignet, die Motivation verdienter langjähriger StaatsanwältInnen mit umfangreicher Erfahrung in der Praxis zu beeinträchtigen, sondern gefährden auch die Unabhängigkeit der Justiz durch Besetzung der Weisungskette mit anscheinend linientreuen, berechenbaren MinisterialbeamtInnen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE

 

1)    In wie vielen Fällen ist in den Jahren 2010 bis 2015 jeweils der Bundesminister für Justiz im Bereich der Staatsanwaltschaften, Oberstaatsanwaltschaften und der Generalprokuratur bei Bestellungen nicht den Vorschlägen der Personalkommissionen gefolgt?

2)    Welche Richtlinien bestehen für die Berücksichtigung von Erfahrungen in der staatsanwaltschaftlichen Praxis gegenüber Verwendungszeiten in der Justizverwaltung im Bundesministerium für Justiz im Rahmen der Bestellungsverfahren?

3)    In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2010 bis 2015 Personen während einer Verwendung im Justizministerium oder zeitnah mit der Zuteilung zu einer solchen Verwendung auf OStA-Planposten bestellt?

4)    Welchem Zweck dienen solche Bestellungen, wenn offensichtlich von vornherein klar ist, dass die mit dem jeweiligen Planposten verbundene Arbeit gar nicht geleistet werden soll?

5)    Wie viele Personen, die auf OStA-Planposten der WKStA, der OStA Wien, der OStA Graz, der OStA Linz und der OStA Innsbruck bestellt sind, sind jeweils derzeit dem Bundesministerium für Justiz zugeteilt?

6)    Wie viele Jahre staatsanwaltschaftlicher Praxis bei einer Staatsanwaltschaft konnten diese Personen im Zeitpunkt ihrer Bestellung jeweils aufweisen?

7)    Wie viele Jahre staatsanwaltschaftlicher Praxis bei einer Staatsanwaltschaft konnten die bei den Oberstaatsanwaltschaften tätigen OberstaatsanwältInnen durchschnittlich aufweisen?

8)    Wie viele Personen haben in den Jahren 2010 bis 2015 jeweils das Praktikum bei der Generalprokuratur absolviert?

9)    Wie viele dieser Personen wurden in weiterer Folge zu GeneralanwältInnen bestellt?

10) Wie viele GeneralanwältInnen gibt es derzeit insgesamt?

11) Wie viele dieser GeneralanwältInnen haben das Praktikum bei der Generalprokuratur vor ihrer Bestellung nicht absolviert, und wie viele schon?

12) Wer entscheidet über die Zulassung zum Praktikum bei der Generalprokuratur?

13) Nach welchen Kriterien erfolgt diese Entscheidung?