9723/J XXV. GP

Eingelangt am 01.07.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Ing. Lugar

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffendIstanbul-Terror: Spur führt nach Österreich“

 

In der Tageszeitung „Die Presse“ vom 01.07.2016 ist nachstehender Artikel zu lesen:

„Istanbul-Terror: Spur führt nach Österreich - Als Drahtzieher der Anschläge auf den Atatürk-Flughafen gilt Ahmed Tschatajew, der 2003 in Österreich Asyl erhielt. Neun Jahre später zog der Tschetschene in den Jihad nach Syrien“.

Wien/Istanbul. Er kam 2003 aus Tschetschenien nach Österreich und erhielt Asyl. Neun Jahre später zog Ahmed Tschatajew in den Jihad nach Syrien. Und jetzt gilt der 36-jährige Tschetschene als möglicher Drahtzieher der verheerenden Anschläge, die am Istanbuler Atatürk-Flughafen mindestens 44 Menschen in den Tod gerissen haben. „Wir sind in Kontakt mit den türkischen Behörden“, erklärte der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck, gegenüber der „Presse“. Es gebe aber noch keine gesicherten Erkenntnisse, ob Tschatajew tatsächlich für die Terrorattentate verantwortlich sei …

Für die österreichischen Behörden ist der vierfache Vater kein Unbekannter. Sie führen den im November 2003 anerkannten Flüchtling in ihren Karteien als „Foreign Fighter“ – als jemanden, der sich islamistischen Extremisten im Kampf gegen den syrischen Diktator Bashar al-Assad angeschlossen hat. Mehr als die Hälfte dieser Kämpfer, die aus Österreich nach Syrien zogen, stammen aus Tschetschenien.

Nach Informationen der „Presse“ ist Tschatajew zuletzt im Grenzgebiet zwischen Syrien und der Türkei verortet worden. Sein Name war schon früher durch türkische Zeitungen gegeistert, nämlich als einer der Organisatoren des blutigen Attentats in Ankara im Oktober 2015. Zwei Selbstmordattentäter sprengten sich damals in die Luft und ermordeten über 100 Menschen.

Und nun tauchte sein Name wieder auf. Regierungsnahe Medien in der Türkei berichten, dass die Terrorgruppe rund um Tschatajew am 25. Mai türkischen Boden betreten hat. Im Istanbuler Viertel Aksaray auf der europäischen Seite mieteten sich die Männer eine Wohnung. Hier soll auch das Attentat auf den Flughafen geplant worden sein, denn alle Bewohner seien in das Blutbad verwickelt gewesen. Tschatajew, so heißt es weiter, dürfte ein Gefährte des selbst ernannten Kaukasus-Emirs Doku Umarow gewesen sein. Nach Umarows Tod im Jahr 2013 habe er sich der Terrormiliz Islamischer Staat angeschlossen.

Die Vereinten Nationen führen Tschatajew auf einer Sanktionenliste, die Moskauer Behörden haben ihn international zur Fahndung ausgeschrieben. Er kämpfte Ende der 1990er-Jahre aufseiten der tschetschenischen Rebellen. Im Jahr 2000 soll er verwundet worden und den russischen Streitkräften in die Hände gefallen sein. Später gelang ihm die Flucht nach Österreich. Bei seinem Asylverfahren gab er an, schwer gefoltert worden zu sein. Manche türkischen Zeitungen nennen ihn den „Einarmigen Tschetschenen“. Denn ihm wurde noch während des Krieges im Kaukasus ein Arm amputiert.


In Wien soll er enge Kontakte zu Umar Israilow gepflogen haben, den Auftragskiller des in Grosny herrschenden und Putin-freundlichen Kadyrow-Clans, der im Jänner 2009 auf offener Straße erschossen worden ist.

Am Donnerstag haben türkische Spezialeinheiten bei Razzien 13 Personen festgenommen. Einige von ihnen sollen den IS zumindest logistisch unterstützt haben. Mittlerweile hat die Polizei die Identität der drei Flughafen-Attentäter geklärt. Es soll sich um einen Kirgisen, einen Usbeken sowie einen russischen Staatsbürger handeln, der aus Dagestan stamme. Letzterer soll aus der IS-Hochburg Raqqa nach Istanbul gekommen sein.

Der Kreml hat die Beteiligung eines russischen Staatsbürgers bisher nicht bestätigt. Ankara und Moskau haben sich erst vor ein paar Tagen wieder versöhnt. Grund für die bittere Eiszeit war der Abschuss eines russischen Kampfjets seitens türkischer Militärs.

Bisher hat der IS seine Mitglieder aus der Kaukasus-Region bzw. Ex-Sowjetrepubliken nicht als Selbstmordattentäter im Ausland eingesetzt. Zumindest im Bürgerkriegsland Syrien gelten tschetschenische Kämpfer als besonders brutal. Beobachter befürchten, dass sich mehrere zentralasiatische und tschetschenische Terrorzellen nun auch in der Türkei aufhalten.“

Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Inneres nachstehende

 

Anfrage

 

1.     Entspricht es den Tatsachen, dass der Tschetschene Ahmed Tschatajew 2003 in Österreich Asyl erhielt?

a.     Auf welcher Rechtsgrundlage wurde der Asylstatus erteilt?

b.     Was waren die entscheidenden Fakten für die Anerkennung des Asylstatus?

c.     Können sie mitteilen, ob Ahmed Tschatajew seit 2003 Mindestsicherung bzw. andere Sozialleistungen oder Vergünstigungen bezogen hat? Wenn ja, für wie lange?

                                  i.    Wie viele Familienmitglieder von Ahmed Tschatajew erhielten aufgrund seines Asylstatus ebenfalls Sozialleistungen und in welcher Höhe von der Republik Österreich?

                                 ii.    Auf welche Höhe belaufen sich die gesamten Sozialleistungen, die Ahmed Tschatajew und seine Familie während deren Aufenthalt in Österreich bezogen haben?

2.     Ist Ihnen bekannt, dass Tschatajew 2012 in den „Jihad nach Syrien“ gezogen ist?

a.     Wenn ja, seit wann?

b.     Welche Konsequenzen haben Sie bzw. Ihr Ressort daraus abgeleitet?

c.     Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ressort in diesem Zusammenhang ergriffen?

3.     In Wien soll Tschatajew enge Kontakte zu Umar Israilow gepflogen haben, einem Auftragskiller des in Grosny herrschenden, Putin-freundlichen Kadyrow-Clans, der im Jänner 2009 in Wien auf offener Straße erschossen worden ist. Sind Ihnen diese Tschatajews Kontakte bekannt?

a.     Wenn ja, seit wann?

b.     Welche Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ressort aufgrund dieser Erkenntnis eingeleitet?

c.     Wenn nein, warum nicht?

4.     Laut „Die Presse“ führen Sie den im November 2003 anerkannten Flüchtling Tschatajew in ihren Karteien als „Foreign Fighter“ – als jemanden, der sich islamistischen Extremisten im Kampf gegen den syrischen Diktator Bashar al-Assad angeschlossen hat. Entspricht dieser Umstand den Tatsachen?

a.     Wenn ja, seit wann wird Tschatajew von Ihrem Ressort als „Foreign Fighter“ geführt?

b.     Welche Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ressort aufgrund dieser Klassifizierung eingeleitet?

5.     Ist Ihnen bekannt, dass die Vereinten Nationen Tschatajew auf einer Sanktionenliste führen?


a.     Wenn ja, seit wann und welche Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ressort aufgrund dieser Klassifizierung eingeleitet?

b.     Wenn nein, warum nicht?

6.     Ist Ihnen bekannt, dass die Moskauer Behörden Tschatajew international zur Fahndung ausgeschrieben haben?

a.     Wenn ja, seit wann und welche rechtlichen Auswirkungen hatte dieser Umstand auf Tschatajews Aufenthalt in Österreich?

                                  i.    Welche Maßnahmen haben Sie in diesem Zusammenhang getroffen?

b.     Wenn nein, warum nicht?

7.     Mehr als die Hälfte der Kämpfer, die aus Österreich nach Syrien zogen, stammen aus Tschetschenien.

a.     Wie viele Tschetschenen leben mit anerkanntem Asylstatus Österreich?

b.     Wie viele davon sind als so genannte „Foreign Fighter“ eingestuft?

c.     Wie viele davon beziehen Mindestsicherung?

d.     Wie viele Familienangehörige haben diese Personen in Österreich?  

a.     Wie viele davon beziehen Sozialleistungen oder andere Vergünstigungen durch die Republik Österreich?

8.     Haben sie vor, Personen mit anerkanntem Asylstatus, die als so genannte „Foreign Fighter“ Kriegshandlungen als Mitglieder kämpfender Gruppen setzen, das Asylrecht abzuerkennen,

a.     Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage und mit welchem Zeithorizont?

b.     Wenn nein, warum nicht?