9725/J XXV. GP

Eingelangt am 04.07.2016
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Aufgriffsstatistik, Antragsstatistik und Zulassungsstatistik

 

 

Am 31. Mai 2016 überraschte der Bundeskanzler nach dem Ministerrat die staunende Öffentlichkeit mit der Aussage, dass es im Jahr 2016 erst 11.000 Asylanträge gegeben hätte. Mittels kreativer Zählmethode versucht er offensichtlich, das Erreichen des „Richtwertes“ (=Obergrenze) von 37.500 Asylanträgen für das heurige Jahr möglichst lange hinauszuzögern.

So rechnet Kern von der Gesamtsumme einfach jene weg, die unter die Dublin-Regelung fallen (also jene, für die theoretisch ein anderes Land zuständig wäre und die daher in diesen Staat zurückgeschickt werden könnten), ebenso Familien-Nachzug sowie Kinder, die erst nach dem Asylantrag der Eltern geboren werden. Holt ein Asylant also seine zwei Frauen und zehn Kinder nach Österreich, zählen nach der Kern`schen Algebra alle dreizehn zusammen nur als eine Person.

Im ORF-Report am Dienstag, 31.Mai 2016 war ebenso diese neue Zahl ein großes Thema. Die Reporterin Susanne Schnabl vom ORF befragte Herrn Konrad Kogler zu dieser Kanzler-Aussage:

 

..." Schnabl Susanne (ORF)

   Jetzt kommen die Menschen aber trotzdem. Und das Interessante daran nämlich

   heute war: bis gestern sagte mir Ihr Kollege im Innenministerium, sind seit

   Jänner ungefähr 22 000 Asylanträge in Österreich gestellt worden. Heute

   sagt die Regierung, nein, das sind nur 11 000. Das wäre sehr weit noch

   entfernt von der sogenannten Obergrenze - zur Erinnerung, 37 500. Müssen

   die Beamten im Innenministerium jetzt die Anträge so zählen, damit man eben

   diese Obergrenze nicht so schnell erreicht?

 

Kogler Konrad (Bundesministerium für Inneres)

   Nein. Es ist so: Alle Personen, die hier in Österreich aufgegriffen wurden,

   gehen einmal bei uns hinein in den Bereich der Aufgriffsstatistik. So viele

   Personen haben wir tatsächlich aufgegriffen. Ein kleinerer Teil davon

   stellt dann auch einen Asylantrag. Und wiederum ein kleinerer Teil hat dann

   auch tatsächlich die Möglichkeit, dass er zu einem Asylverfahren in

   Österreich zugelassen wird. Es gibt beispielsweise Personen, die schon in

   Ungarn Eurodac behandelt wurden und deswegen dorthin zurückgestellt werden

   können. Und deswegen ist es immer eine kleinere Nummer und eine kleinere

   Anzahl. Aber was für uns wichtig ist: Beim Gipfel, beim Asylgipfel wurde

   eben festgelegt, dass jene zu zählen sind, die als Flüchtlinge zu einem

   Verfahren zugelassen werden.

 

Schnabl Susanne (ORF)

   Die Zählweise ist aber für uns, für die Öffentlichkeit nun eine neue. Sie

   unterscheiden zwischen jemandem, der einen Antrag stellt und jemandem, der

   für das Verfahren zugelassen wird. Wenn Sie diese Rechnung aber anwenden

   auf das Vorjahr, dann hätten wir keine 90 000 Flüchtlinge in diesem Land

   beziehungsweise Anträge. Und das war ja immer die Zahl mit der argumentiert

   wurde, wir brauchen eine Obergrenze.

 

Kogler Konrad (Bundesministerium für Inneres)

   Also Sie wissen, dass ich der Generaldirektor bin und kein Politiker, aber

   für uns war immer eines wichtig: Die Systeme in Österreich sind so

   ausgerichtet, dass eine bestimmte Anzahl an Menschen tatsächlich auch

   integriert werden kann. Für uns als Polizei und als Innenministerium geht

   es auch darum, dass diese Menschen, die nach Österreich kommen, auch

   tatsächlich integriert werden um einerseits ein gutes Zusammenleben mit den

   Österreicherinnen und Österreichern zu gewährleisten und andererseits auch

   Kriminalität von Beginn an zu verhindern.

 

Schnabl Susanne (ORF)

   Da geht es um die Integration, dazu braucht man einen positiven Asylantrag.

   Aber nur damit ich es verstehe: All die Menschen, die jetzt in den letzten

   Tagen oder heute über Ungarn kommen, wie wir das gerade gesehen haben, die

   zählen jetzt nicht in diese berühmte Obergrenze?

 

Kogler Konrad (Bundesministerium für Inneres)

   Alle Menschen, die hier her nach Österreich kommen, hier aufgegriffen

   werden, fallen als Aufgegriffene in die Aufgriffsstatistik, fallen als

   Personen, die einen Asylantrag stellen in die Antragsstatistik und fallen

   als Personen, die zugelassen werden, in diese Zulassungsstatistik. Und der

   dritte Wert ist jener Wert, der beim Asylgipfel auch vereinbart wurde.

 

Schnabl Susanne (ORF)

   Werden also nicht mitgezählt, um diese Obergrenze zu erreichen. Verstehe ich das richtig?

 

Kogler Konrad (Bundesministerium für Inneres)

   Werden mitgezählt, sofern sie zum Asylverfahren tatsächlich zugelassen werden."...

Quelle: APA

 

Offensichtlich werden im BMI unterschiedliche Statistiken geführt.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage

 

1.     Wie viele illegale Personen wurden in den Monaten Jänner bis Juni 2016 österreichweit aufgegriffen? (aufgeschlüsselt nach Monaten)


2.     Wie viele illegale Personen wurden in den Monaten Jänner bis Juni 2016 österreichweit aufgegriffen? (aufgeschlüsselt nach Aufgriffe durch die Polizei und Aufgriffe durch das Bundesheer)

3.     Wie viele illegale Personen wurden in den Monaten Jänner bis Juni 2016 österreichweit aufgegriffen? (aufgeschlüsselt nach Bundesländern)

4.     Wie viele wurden an den österreichischen Grenzübergängen aufgegriffen? (aufgeschlüsselt nach Monaten und Grenzübertrittsstellen)

5.     Wie viele dieser österreichweit aufgegriffenen Personen haben einen Asylantrag gestellt? (aufgeschlüsselt nach Monaten)

6.     Wie viele Personen wurden demnach in den Monaten Jänner bis Juni 2016 in die Aufgriffsstatistik aufgenommen? (aufgeschlüsselt nach Monaten)

7.     Wie viele der an den österreichischen Grenzübergängen aufgegriffenen Personen haben einen Asylantrag gestellt? (aufgeschlüsselt nach Monaten)

8.     Wie viele jener Personen, die einen Asylantrag gestellt haben, sind tatsächlich zum Asylverfahren zugelassen worden? (aufgeschlüsselt nach Monaten)

9.     Wie viele Personen wurden demnach in den Monaten Jänner bis Juni 2016 in die Antragsstatistik aufgenommen? (aufgeschlüsselt nach Monaten)

10.  Gibt es Personen, die 2016 in die Antragsstatistik aufgenommen wurden, aber nicht in die Aufgriffsstatistik?

11.  Wenn ja, warum?

12.  Wenn ja, wie viele?

13.  Wie viele Personen, die in den Monaten Jänner bis Juni 2016 einen Asylantrag gestellt haben, wurden tatsächlich zum Asylverfahren zugelassen? (aufgeschlüsselt nach Monaten)

14.  Welches waren die Gründe, dass die Personen nicht zugelassen wurden?

15.  Wie viele Personen wurden 2016 nicht zum Asylverfahren zugelassen?

16.  Wo befinden sich jene Personen, die zwar einen Asylantrag gestellt haben, aber nicht zum Verfahren zugelassen wurden?

17.  Wie viele Personen, die 2016 nicht zum Asylverfahren zugelassen wurden, haben Österreich nachweislich wieder verlassen?

18.  Wie viele Personen wurden 2015 nicht zum Asylverfahren zugelassen?

19.  Wie viele Personen, die 2015 nicht zum Asylverfahren zugelassen wurden, haben Österreich nachweislich wieder verlassen?

20.  Wie viele Personen haben 2015 einen Antrag auf Familienzusammenführung gestellt?

21.  Wie viele Personen haben 2016 einen Antrag auf Familienzusammenführung gestellt? (aufgeschlüsselt nach Monaten)