9733/J XXV. GP

Eingelangt am 05.07.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Christoph Vavrik, Kollegin und Kollegen

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend Intensivierung der Bemühungen zur weltweiten Abschaffung der Todesstrafe

 

Österreich hat 1968 mit einstimmigem Beschluss des Nationalrates die Todesstrafe vollständig abgeschafft – wobei die letzte Hinrichtung bereits 1950 zurücklag. Damit zog Österreich die Konsequenz aus der Erkenntnis, dass die Todesstrafe eine grausame und unmenschliche Strafe ist, die nicht nur gegen die Menschenwürde verstößt, sondern auch das grundlegendste aller Menschenrechte verletzt – das Recht auf Leben. Österreich war damals Vorreiter, denn 1968 hatten gerade erst knapp ein Dutzend Staaten die Todesstrafe abgeschafft.

Seitdem hat sich Österreich sowohl bilateral als auch im Rahmen internationaler Organisationen, allen voran der Vereinten Nationen und der Europäischen Union, konsequent für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe eingesetzt. Bis heute ist der Kampf gegen die Todesstrafe eine Priorität der österreichischen Außenpolitik, wenn man der Website des BMEIA Glauben schenkt, wo es heißt:

Der Einsatz für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ist von oberster Priorität für die österreichische Außenpolitik. […]. Gemeinsam mit einer breiten Gruppe von Staaten aus allen Regionen setzt sich Österreich für eine weltweite Ächtung der Todesstrafe ein. Die Bemühungen der VN, der Aufbau einer weltweiten Allianz von Hinrichtungsgegnern und die EU-Leitlinien betreffend die Todesstrafe bilden für Österreich zentrale Instrumente im Kampf gegen die Todesstrafe. Österreich interveniert in zahlreichen Einzelfällen bzw. unterstützt Demarchen gegenüber Drittstaaten, insbesondere wenn Minderjährige und Menschen mit geistiger Beeinträchtigung von der Todesstrafe bedroht sind, oder wenn diese Strafe für geringfügige Delikte oder nach unfairen Gerichtsverfahren verhängt wurde.“

Sicherlich ist auch dank dieses Einsatzes seit 1968 die Zahl der Staaten, welche die Todesstrafe vollständig abgeschafft haben, auf 102 gestiegen. Weitere 32 Staaten haben die Todesstrafe zwar nicht im Gesetz, jedoch in der Praxis abgeschafft. Und 6 Staaten sehen die Todesstrafe nur noch für außergewöhnliche Straftaten wie Kriegsverbrechen oder Vergehen nach Militärrecht vor (siehe http://todesstrafe.amnesty.at/zahlen_fakten.php).

Dennoch halten heute noch 58 Länder an der Todesstrafe fest. Ende 2015 saßen weltweit mehr als 25.000 Menschen in der Todeszelle. Im Jahr 2015 haben 25 Staaten die Todesstrafe vollstreckt, das sind um 3 mehr als 2014. Erschreckend ist jedoch, dass die Zahl der Hinrichtungen laut Amnesty International 2015 um +54% gestiegen ist (ohne China!), auf den höchsten Stand seit 25 Jahren. Dazu haben einige Länder, die ein Moratorium ausgerufen hatten, dieses widerrufen, allen voran Pakistan Ende 2014, das gleich darauf mehrere hundert Menschen hinrichtete. Andere Länder denken laut über eine Wiedereinführung nach, wie z.B. die Philippinen, aber auch Ungarn.

Unter dem Eindruck dieser drohenden Trendwende, die sich bereits 2013 in steigenden Hinrichtungszahlen abzeichnete, beschloss der Nationalrat am 25. Februar 2015 unter dem Titel „Bewahrung der Vorreiterrolle Österreichs zur Abschaffung der Todesstrafe“ folgenden Entschließungsantrag:

Die Bundesregierung wird aufgefordert,

1.    Initiativen für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe weiterhin mit Nachdruck voranzutreiben, vor allem im Rahmen der Vereinten Nationen durch die VN-Resolution für ein weltweites Moratorium von Hinrichtungen im Hinblick auf die vollständige Abschaffung der Todesstrafe und der Europäischen Union durch die konsequente Umsetzung der EU Leitlinien und ihres menschenrechtlichen Aktionsplanes zu unterstützen bzw. – als Zwischenschritt – für ein Moratorium zu werben;

2.    gemeinsam mit den EU Partnern, in internationalen Foren, mittels Demarchen als auch in bilateralen Gesprächen, in Umsetzung der EU Leitlinien sowie der VN-Resolution, auf betroffene Staaten einzuwirken, Todesurteile nicht mehr zu vollstrecken, ein Moratorium über die Verhängung in Hinblick auf deren vollständige Abschaffung einzuführen bzw. Todesurteile in Haftstrafen umzuwandeln;

3.    gezielt jene Staaten, die den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dessen 2. Fakultativprotokoll betreffend die Abschaffung der Todesstrafe bzw. im Rahmen des Europarates die für die Abschaffung der Todesstrafe relevanten Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur EMRK noch nicht ratifiziert haben, zur Unterzeichnung bzw. Ratifizierung aufzufordern;

4.    auch weiterhin bei allen Initiativen gegen die Todesstrafe eng mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenzuarbeiten und diese in ihrer Arbeit zu unterstützen.

Trotz dieses eindeutigen Auftrags, und ungeachtet der sich international verschlechternden Lage, ist im Kampf gegen die Todesstrafe keine Intensivierung der Bemühungen seitens des BMEIA erkennbar.

Die Abschaffung der Todessrate wird nicht einmal unter den neun „Schwerpunkten“ der österreichischen Außenpolitik im Bereich Menschenrechte angeführt. Und außer dem allgemeinen oben zitierten Statement (unverändert seit Februar 2014) findet sich auf der Website des BMEIA, abgesehen von länderspezifischen Warnungen unter dem Kapitel „Reisebestimmungen“, praktisch keine Erwähnung von gezielten Aktivitäten im Kampf gegen die Todesstrafe.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

1.    Welche Initiativen im Rahmen der Vereinten Nationen hat Österreich seit dem Beschluss des oben zitierten Entschließungsantrags unterstützt (bitte um Auflistung)?

                            i.        Welchen Beitrag hat Österreich in den einzelnen Fällen konkret geleistet?

                           ii.        Wie erfolgreich waren diese Initiativen?

                          iii.        Welche Initiativen waren neu und nicht lediglich eine Fortführung bzw. Wiederholung von bereits vor 2014 geführten Aktionen (wie z.B. die jährliche Resolution der VN „Moratorium on the use of the death penalty“)?

                         iv.        Welche dieser Initiativen widerspiegeln eine Intensivierung (im Gegensatz zu einer Fortführung) der Bemühungen Österreichs im Kampf gegen die Todesstrafe?

2.    Welche Initiativen im Rahmen der Europäischen Union hat Österreich seit dem Beschluss des oben zitierten Entschließungsantrags unterstützt (bitte um Auflistung)?

                            i.        Welchen Beitrag hat Österreich in den einzelnen Fällen konkret geleistet?

                           ii.        Wie erfolgreich waren diese Initiativen?

                          iii.        Welche Initiativen waren neu, und nicht lediglich eine Fortführung bzw. Wiederholung von bereits vor 2014 geführten Aktionen?

                         iv.        Welche dieser Initiativen widerspiegeln eine Intensivierung (im Gegensatz zu einer Fortführung) der Bemühungen Österreichs im Kampf gegen die Todesstrafe?

3.    Gegenüber welchen Staaten und bei welchen Anlässen hat der Außenminister persönlich die Frage der Todesstrafe thematisiert? Bitte um Auflistung der Staaten und der Gesprächspartner_innen, von Staatssekretär_innen aufwärts.

4.    Gegenüber welchen Staaten und bei welchen Anlässen hat Österreich offiziell die Frage der Todesstrafe thematisiert (österreichische Botschaften im Ausland, sonstige Beamte des BMEIA bzw. andere offizielle Vertreter_innen der Republik)?

5.    Welche konkrete Schritte gegenüber welchen Staaten haben Sie seit dem 25. Februar 2015 gesetzt, um sie zur Unterzeichnung bzw. Ratifizierung des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und/oder dessen 2. Fakultativprotokoll betreffend der Abschaffung der Todesstrafe und/oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur EMRK aufzufordern? Welche konkreten Erfolge haben sich eingestellt?

6.    Welche zivilgesellschaftlichen Organisationen hat das BMEIA in ihrem Kampf gegen die Todesstrafe seit 25. Februar 2015 unterstützt?

7.    Auf welche Weise hat das BMEIA diese Organisationen konkret unterstützt?

8.    Welche Erfolge konnten diese Organisationen nachweislich dank dieser Unterstützung verbuchen?

9.    Wie viele Wirtschaftsdelegationen hat das BMEIA seit 2010 auf offizielle Auslandsreisen mitgenommen? Wie viele Menschenrechtsorganisationen hat das BMEIA im selben Zeitraum auf offizielle Auslandsreisen mitgenommen?

10.  Auf welche sonstige Weise hat das BMEIA seit dem 25. Februar 2015 seine Bemühungen im Kampf gegen die Todesstrafe intensiviert?

11.  Welche konkreten Erfolge im Kampf gegen die Todesstrafe kann Österreich seit dem 25. Februar 2015 verbuchen (Abschaffung, Moratorien, Reduzierung der Strafbestände, Begnadigungen, usw…)?