9974/J XXV. GP

Eingelangt am 14.07.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Peter Pilz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres

betreffend Systemversagen im Fall Francis N.

BEGRÜNDUNG

 

Am 4. Mai 2016 wurde auf dem Wiener Brunnenmarkt eine 54-jährige Frau von einem Mann mit einer Eisenstange brutal erschlagen.

In den Medien wurden in den folgenden Tagen nähere Details zu dem Fall und der Vorgeschichte des mutmaßlichen Täters geschildert, die sich jedoch teilweise widersprachen.

Der Verdächtige Francis N. stamme demnach aus Kenia, und lebe seit 2008 in Österreich, zuletzt illegal. Er sei bereits mehrfach vorbestraft, und auch bereits in Haft gewesen. Die Staatsanwaltschaft sei von unbekanntem Aufenthalt ausgegangen und habe ihn zur „Aufenthaltsermittlung“ ausgeschrieben, obwohl gleichzeitig die Polizei ständig Amtshandlungen vornahm und ihn 26 Mal aufgefordert habe, sich bei der Staatsanwaltschaft zu melden – erfolglos. Dennoch sei nie Untersuchungshaft verhängt worden.

Obwohl nach mehreren Berichten der Verdächtige Verhaltensweisen gezeigt haben soll, wie sie für schwere psychische Erkrankungen typisch erscheinen, soll bei seinen Kontakten dem Gericht derartiges nie aufgefallen sein. Die Polizei habe jedoch Francis N. mehrere Male in psychiatrische Krankenhäuser gebracht, wo er allerdings nie aufgenommen worden sei.  

Von verschiedenen Seiten wird in diesem Fall ein Systemversagen geortet. Offenbar hat die Kooperation zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und psychiatrischen Einrichtungen hier nicht funktioniert, insbesondere was die Kommunikation und die Zuweisung von Verantwortlichkeiten betrifft.

Es erscheint daher notwendig, nunmehr mit gewissem zeitlichen Abstand die Faktenlage und den Wissensstand der Behörden zu objektivieren, um daraus die notwendigen Schlüsse für die Zukunft ziehen zu können, damit derartig gefährliche Personen nicht unerkannt bleiben.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

 

1)    Wie viele Anzeigen wurden gegen Francis N. seit dem Jahr 2010 eingebracht?

2)    Wegen welcher Delikte wurden diese Anzeigen eingebracht?

3)    Wie viele Hinweise bzw. Beschwerden aus der Bevölkerung betreffend Francis N. sind bei der Polizei seit dem Jahr 2010 eingegangen, wann erfolgten diese, und welche Veranlassungen wurden daraufhin seitens der Sicherheitsbehörde getroffen?

4)    Ist es zutreffend, dass Francis N. zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben war?

5)    Falls ja: von wann bis wann galt diese Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung?

6)    Konnte der Aufenthalt aufgrund dieser Ausschreibungen ermittelt werden?

7)    Falls nein: Weshalb konnte der Aufenthalt trotz bestehender Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung nicht ermittelt werden, zumal Francis N. sich regelmäßig am Brunnenmarkt aufhielt und dort offenbar wiederholt von polizeilichen Amtshandlungen betroffen war?

8)    Falls ja: Welche Konsequenzen hatte die erfolgreiche Aufenthaltsermittlung?

9)    Wurde seitens der Sicherheitsbehörde eine psychiatrische Untersuchung von Francis N. durch den Amtsarzt veranlasst?

10) Falls ja: wann?

11) Falls nein: weshalb nicht?

12) Wurde seitens der Sicherheitsbehörden Francis N. in die psychiatrischen Einrichtungen des Krankenhauses Rudolfsstiftung und des Otto-Wagner-Spitals eingeliefert, wie der Falter berichtet?

13) Falls ja: wie oft?

14) Gab es im Bereich der zuständigen Sicherheitsbehörde eine Einschätzung der von Francis N. ausgehenden Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf seine Vorstrafen, wie lautete diese und welche Veranlassungen wurden daraufhin getroffen?

15) Wurde im Zusammenhang mit Francis N. eine Zusammenarbeit mit den zuständigen sozialen Diensten gesucht bzw. gepflegt?

16) Falls ja: wie gestaltete sich diese?

17) Falls nein: weshalb nicht?

18)  Welche Fehler sind im gegenständlichen Fall passiert?

19) Was werden Sie unternehmen, um derartige Fehler in der Zukunft zu vermeiden?