9979/J XXV. GP

Eingelangt am 15.07.2016
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend die Zweckmäßigkeit der ÖNORM B1300

 

Überzogene und teilweise sogar widersinnige Normen verteuern die Herstellungskosten von Wohnraum in Österreich beträchtlich. Die ÖNORM B1300 sorgte im Zusammenhang mit rechtlichen und bautechnischen Fragestellungen für mediale Aufmerksamkeit: Die Tageszeitung ‚Die Presse’ widmete der Norm in ihrer Onlineversion vom 8. Juni 2016 einen Beitrag mit dem Titel „’Pickerl’ fürs Haus sorgt für Chaos“.

 

Objektsicherheit ist selbstverständlich eine Grundanforderung an Wohnraum. Allerdings stellt sich die Frage, ob die bezeichnete Norm in diesem Konnex als zweckmäßig angesehen werden kann. Besonders den Eigentümern von Gründerzeithäusern ist es faktisch nicht möglich, ihre Gebäude normgerecht zu adaptieren. Karin Sammer vom Verband der Immobilienwirtschaft benennt einige konkrete Fallbeispiele in Bezug auf die Anforderungen: „Fensterbänke sind zu niedrig, die Handläufe passen nicht, sogar bei der Breite der Treppenhäuser gibt es Probleme.“ Dieser Zustand führt zu gravierenden Problematiken, da die Einhaltung der Norm im Schadensfall vor Gericht als entscheidend herangezogen wird. Haftungsfragen eröffnen sich neben der strafrechtlichen Relevanz ebenso.

 

Doch unzweckmäßiger Investitionsbedarf ist nicht die einzige finanzielle Folge der ÖNORM B 1300: Es kommt bei Einhaltung zu regelmäßigen – teilweise jährlichen - Begehungen durch Sachverständige, die mit bis zu einem Euro je Quadratmeter zu Buche schlagen. Die Kosten können nach Rechtsmeinung renommierter Anwälte über die Betriebskosten auf die Bewohner überwälzt werden. Leistbares Wohnen rückt auch durch diesen Kostentreiber in immer weitere Ferne. Angaben der ‚Presse’ zufolge sei das Wirtschaftsministerium im Jahr 2011 die treibende Kraft bei der Etablierung der Norm gewesen. Der Gewinn an Sicherheit scheint allerdings durch weitgehend praxisfremde Ausformung der Norm in einem Missverhältnis zu den potentiellen rechtlichen Unsicherheiten und finanziellen Belastungen zu stehen.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft folgende


ANFRAGE

 

1.    Wurde die ÖNORM B1300 hinsichtlich ihrer Zweckmäßigkeit und finanziellen Auswirkungen bereits einer Evaluierung unterzogen?

 

2.    Wenn ja, welche Ergebnisse lieferte diese Evaluierung und seitens welcher Stelle wurde sie vorgenommen?

 

3.    Wenn nein, warum nicht?

 

4.    Wie schätzte das Bundesministerium die Folgen der ÖNORM B1300 vor ihrer Etablierung ein und welche konkreten Ziele sollten damit erreicht werden?

 

5.    Deckt sich diese Einschätzung mit der Wirklichkeit?

 

6.    Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um für die Eigentümer von Gründerzeithäusern wieder Rechtssicherheit herzustellen?

 

7.    Wie lässt sich die Etablierung dieser praxisfernen Norm mit der Maxime leistbaren Wohnens vereinbaren?