9985/J XXV. GP

Eingelangt am 15.07.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Energiestrategie

 

BEGRÜNDUNG

 

Die Ratifizierung des Klimaabkommen von Paris durch den Nationalrat am 8.7.2016 leitet auch in Österreich eine Zeitenwende ein. Das fossile Zeitalter geht zu Ende.

Die Republik verpflichtet sich zur Umsetzung des am 12.12.2015 auf dem Klimagipfel von Paris (COP21) beschlossenen, völkerrechtlich verbindlichen Abkommen mit dem Ziel, die Erderwärmung auf „deutlich unter 2 Grad Celsius“ und „nach Möglichkeit auf 1,5 Grad“ zu beschränken. Für Industriestaaten bedeutet dies eine vollständige Dekarbonisierung bis 2050.

Gemeinsam haben vier Bundesministerien (Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft; Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft; Verkehr, Innovation und Technologie; Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) einen Prozess gestartet, um zu einer „integrierten Klima- und Energiestrategie“ zu gelangen. Ein Grünbuch wurde im Mai 2016 vorgelegt.

Sowohl das Grünbuch der deutschen Consulting-Firmen Consentec / Frauenhofer als auch der von den Bundesministerien gestartete Konsultationsprozess sind getragen von groben methodischen und prozeduralen Mängeln.

So gibt das kürzlich zur Konsultation gestellte Grünbuch keinerlei quantifizierbare Ziele betreffend Treibhausgasreduktion als Rahmen für die Ausgestaltung einer Umsetzungsstrategie vor. Dies greift im Lichte der in Österreich ratifizierten Beschlüsse der Klimakonferenz von Paris als auch angesichts des von Österreich mitbeschlossenen EU-2030 Klimarahmens zu kurz.

Weiters ist der Konsultationsprozess zum Grünbuch intransparent aufgesetzt und genügt in keiner Weise den für öffentliche Beteiligungsprozedere üblichen Kriterien und Usancen. Die im Grünbuch zu beantwortenden Fragen sind z.T. suggestiv formuliert. Es fehlt jegliche Information für Beteiligte, ob und wie die erbrachten Beiträge in weitere Prozessschritte einfließen werden. Auch Informationen über allfällige weitere Konsultationsschritte fehlen zur Gänze.

Bei einer Auftaktveranstaltung zur Konsultation über die integrierte Klima- und Energiestrategie am 5.7.2016 in der Aula der Wissenschaften Wien verweigerten die anwesenden VertreterInnen der vier Bundesministerien sowie der mit der Konsultationsabwicklung beauftragte Klimafonds pauschal jede Beantwortung von Fragen aus dem Teilnehmerkreis den weiteren Konsultationsprozess betreffend.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

Zum „Grünbuch für eine integrierte Energie- und Klimastrategie“

1)    Warum sind im Grünbuch keine quantifizierbaren Ziele oder Zielbandbreiten betreffend Treibhausgasreduktion als Rahmen für die Ausgestaltung einer Umsetzungsstrategie enthalten?

2)    Sind Sie der Auffassung, dass es im Sinne einer kosteneffizienten Erreichung der  2030-Klimaziele notwendig wäre, bereits vor Fertigstellung der Klima- und Energiestrategie Klimaschutzmaßnahmen in Ihrem Zuständigkeitsbereich zu setzen? Wenn ja, welche Maßnahmen sehen Sie als vorrangig an?

 

3)    Teilen Sie die gängige Einschätzung, dass die THG-Ziele im Rahmen der 2030 Effort-Sharing-Decision für Österreich zwischen minus 36 und minus 40 Prozent zu liegen kommen werden?

 

4)    Wenn ja, inwiefern unterscheiden sich jetzt zu setzende Klimaschutzmaßnahmen, je nachdem, ob das THG-Ziel für Österreich am oberen oder unteren Ende dieser Skala liegen wird?

 

5)     Würden Sie den Unterschied in der Maßnahmenausgestaltung in den nächsten fünf Jahren je nach genauem Zielwert der ESD für Österreich als „maßgeblich“ bezeichnen? Wenn nein, warum ist nicht die gesamte Zielbandbreite Gegenstand der Betrachtungen im Grünbuch?

 

6)    Erscheint Ihnen die Durchführung einer SWOT-Analyse, wie im Grünbuch enthalten, ohne davor ein Ziel (einen Soll-Zustand) zu vereinbaren als wissenschaftlich sinnvoll und zielführend? Wenn ja, auf welche wissenschaftliche Praxiserfahrung stützen Sie diese Annahme?

 

7)    Frage 2.12 des Grünbuchs betreffend den von der Bundesregierung mitbeschlossenen EU-2030 Klima- und Energierahmen lautet: „Halten Sie diese Größenordnung für Österreich für plausibel und erreichbar?“ Was soll mit dieser  Frage bezweckt werden?

 

8)    Ist es die Absicht Ihres Hauses, den Beschluss des Europäischen Rats über die 2030-Ziele wieder aufzukündigen? Wenn nein, warum wird die Öffentlichkeit eingeladen, das bereits beschossene THG-Minderungsziel wieder in Frage zu stellen?

 

9)    Welche Erwägungen haben dazu geführt, dass Sie sich bei der Online-Konsultation zum Grünbuch für ein sog. einfaches Verfahren mit isolierter Antwortmöglichkeit und gegen ein sog. diskursives Verfahren entschieden haben?

 

10) Bei der Eröffnungsveranstaltung zur Konsultation des Grünbuchs wurde von Seiten der Bundesministerien erklärt, dass die Konsultationsbeiträge qualitativ ausgewertet würden. Wie lauten die qualitativen Kriterien, nach denen die einzelnen Beiträge bewertet werden?

 

11) Waren Entwürfe des Grünbuchs bereits Gegenstand einer informellen Feedback-Schleife durch die Sozialpartner oder andere Interessensverbände?

12) Wer hat die Konsultationsfragen zum Grünbuch formuliert? Bitte um Angabe der entsprechenden Sektionen in den Ressorts.

13) Wurde im Zuge der Formulierung der Fragen des Grünbuchs um Vorschläge der Sozialpartner ersucht oder sind Vorschläge der Sozialpartner in die Formulierung der Fragen eingeflossen?

14) Werden die Antworten auf die Fragen im Grünbuch veröffentlich? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?

15) Falls die Antworten veröffentlicht werden, wird es die Möglichkeit geben, Input zum Grünbuch zu geben, ohne dass dieser veröffentlicht wird? Wenn ja, wie wird dokumentiert werden, ob und in welcher Form diese nicht-öffentliche n Beiträge in die Erstellung des Weißbuchs eingeflossen sind?

16) Wie und in welcher Form soll die Beantwortung der Fragen des Grünbuchs in den weiteren Entscheidungsprozess sowie in die Erstellung des Weißbuchs einfließen?

17) Wie und in welcher Form soll die weitere Verwendung der Beiträge zum Grünbuch für die nächsten Prozessschritte für die TeilnehmerInnen sichtbar gemacht werden?

Zum Weißbuch einer integrierten Klima- und Energiestrategie

18)  Wird das Weißbuch quantifizierbare Ziele betreffend THG-Reduktion enthalten?

 

19) Wird das Weißbuch konkrete Klimaschutzmaßnahmenvorschläge enthalten?

20) Wird das Weißbuch Gegenstand einer öffentlichen Konsultation sein? Wenn ja, werden die Beiträge aller TeilnehmerInnen veröffentlicht? Wenn nein, warum nicht?

21) Wird Ihr Haus die Beiträge aus einer allfälligen Konsultation des Weißbuchs im Prozess der Entscheidungsfindung berücksichtigen und sich auf diese auch ausdrücklich beziehen?

 

22) Wie soll das Einfließen der Beiträge einer allfälligen Konsultation zum Weißbuch in die weitere Ausgestaltung der Energiestrategie für die TeilnehmerInnen sichtbar gemacht werden?

 

23) Bis wann soll das Weißbuch vorliegen?

Zur integrierten Klima- und Energiestrategie

24) Was ist das konkrete Ziel der integrierten Klima- und Energiestrategie?

 

25) Sollen mit der Klima- und Energiestrategie politische, quantifizierbare Ziele erreicht werden? Wenn ja, welche sind dies?

 

26) Welchen Zeithorizont soll die integrierte Klima- und Energiestrategie behandeln?

 

27) Welche THG-Minderungsnotwendigkeiten bestehen aus Sicht Ihres Ressorts für Österreich, wenn es seinen fairen Beitrag zur Einhaltung des Ziels einer Erderwärmung von deutlich unter 2 Grad leisten will? Bitte um Angabe in Prozent im Vergleich zum Basisjahr 1990 für die Jahre 2030, 2040 und 2050.

28) Auf Basis welcher wissenschaftlichen Erkenntnis leiten Sie die o.G. Minderungsziele für Österreich ab?

 

29)  Halten Sie die Empfehlungen des International Panels on Climate Change (IPCC) bezüglich notwendiger THG-Minderung zur Erreichung des „Zwei Grad Zieles“ für wissenschaftlich fundiert?

 

30) Welche Rechtsform soll die integrierte Klima- und Energiestrategie haben?

 

31) Wir der Nationalrat in die Erstellung und Beschlussfassung der integrierten Klima- und Energiestrategie einbezogen sein? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?

 

32) Welches Bundesministerium ist federführend zuständig für die Erstellung der Klima- und Energiestrategie?

 

33) Welches Ressort ist letztverantwortlich für die Umsetzung der Klima- und Energiestrategie?

 

34) Wird die Klima- und Energiestrategie konkrete Umsetzungsverbindlichkeiten enthalten?

 

35) Welche konkreten Verbindlichkeiten werden sich auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene aus der Klima- und Energiestrategie ergeben?

 

36) Bis wann soll die Klima- und Energiestrategie fertiggestellt werden?