10047/J XXV. GP

Eingelangt am 10.08.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres

betreffend Hochsitz beim Gelände der KZ-Gedenkstätte Loibl

BEGRÜNDUNG

 

In der NS-Zeit gab es in Kärnten am Loiblpass ein berüchtigtes Außenkommando des Konzentrationslagers Mauthausen. In den Jahren von 1943 bis 1945 wurden dort Menschen verschiedener nationaler Herkunft und Weltanschauung Opfer der NS-Politik: Belgier, Deutsche, Franzosen, Griechen, Holländer, Jugoslawen, Luxemburger, Norweger, Polen, Russen, Schweizer, Spanier, Tschechen und Ungarn jüdischer Herkunft.

Für über 30 Häftlinge der insgesamt mehr als 1.000 Deportierten bedeutete das „Vernichtung durch Arbeit“. Die Häftlinge mussten am Loiblpass den Tunnel graben. Daneben wurden KZ-Häftlinge vom Lagerarzt auch durch „Euthanasie“ getötet. Die Leichen der Ermordeten wurden auf einem Scheiterhaufen unter freiem Himmel verbrannt. Es sollten keine Spuren von den ermordeten Menschen übrig bleiben.

Auf der Website des Vereins „erinnern.at“ ist zu lesen:

„Damit die Geschichte des Leidens und Sterbens, aber auch die Geschichte des mutigen Widerstandes und des Überlebens der KZ-Opfer nicht vergessen wird, bedarf es eines Innehaltens und Gedenkens an diesem Ort. Die unverrückbare Tatsache, dass ‚Mauthausen am Loibl‘ zur dunkelsten Seite der Kärntner Zeitgeschichte gehört, soll in der Erinnerung des Landes wieder einen gebührenden Platz bekommen. Im aufgeklärten Bewusstsein und im würdigen Gedenken sollen die nationalen Grenzen und die alten Geschichtsbilder der Revisionisten überwunden werden. In der gemeinsamen Erinnerungsarbeit soll die NS-Geschichte aufgearbeitet werden, so dass künftige Generationen sich respekt- und verständnisvoll begegnen.

Neben dem Sichten und Sichern der Zeugnisse und Berichte der ZeitzeugInnen liegt ein Schwerpunkt der Initiative in der „Erinnerungsarbeit“, die als „Politische Bildung der zweiten und dritten Generation nach dem Holocaust“ verstanden wird. Junge Menschen sollen die Chance haben, sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen und forschend das aufzuarbeiten, was ihnen bisher verschwiegen wurde. Ziel ist die Bildung eines lebendigen kulturellen Gedächtnisses dort, wo bisher die Landesgeschichtsschreibung und die Schulen ein gezieltes Bildungsvakuum hinterlassen haben.“

Jedes Jahr – so auch heuer – gedenken ehemalige KZ-Häftlinge aus Frankreich an dieser Stelle ihrer ermordeten Kameraden und ihrer Leiden im KZ Loibl.

Nun wurde bekannt, dass sich bei der Gedenkfeier im Juni Vertreter der ehemaligen Häftlinge aus Frankreich über einen unwürdigen Umgang mit dieser Gedenkstätte beschwert haben. Wie auch die Initiative „Autonome Antifa Kärnten/Koroška“ berichtet, wurde an der Grenze zum Gelände der KZ-Gedenkstätte ein Hochsitz errichtet: „Mitten am Gelände des ehemaligen KZ-Loibl Nord in Kärnten/Koroška steht ein Jagdhochsitz, die Schießluke direkt auf die ehemaligen Häftlingsbaracken gerichtet.“[1] Der Hochsitz befindet sich in einer Entfernung von etwa 30 Meter vom ehemaligen KZ-Wachturm.

 

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Es ist kaum vorstellbar, dass das von Ihrem Ministerium gepachtete Gelände als Jagdgebiet dienen kann, zumal die Gedenkstätte frei zugänglich ist und von BesucherInnen regelmäßig frequentiert wird.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Ist es richtig, dass das BM.I bereits im Oktober letzten Jahres darüber informiert worden ist, dass beim Gelände der KZ-Gedenkstätte Loibl Nord ein Hochsitz errichtet wurde?

2)    Hatte das BM.I schon davor Kenntnis über die Errichtung dieses Hochsitzes?

3)    Geschah die Errichtung dieses Hochsitzes in Absprache mit Ihrem Ministerium?

4)    Dient der Hochsitz als jagdliche Einrichtung?

5)    Wurde das BM.I von Vertretern der ehemaligen Häftlinge oder einer anderen Organisation über den Unmut bei der Gedenkfeier im Juli informiert?

6)    Wenn ja, in welcher Form hat das BM.I reagiert?

7)    Entspricht die Errichtung eines Hochsitzes auf bzw. direkt bei dem Gelände einer KZ-Gedenkstätte und die eventuelle Nutzung als jagdliche Einrichtung Ihren Vorstellungen einer angemessenen Gedenkkultur?

8)    Falls nein: Werden Sie tätig werden und den unverzüglichen Abbau des Hochsitzes veranlassen?



[1] https://www.facebook.com/autonomeAntifaKoroska/posts/1450318051661592 (5.8.2016)