10098/J XXV. GP

Eingelangt am 24.08.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Mehrweg-Heros auf der Suche nach der verschwundenen Flasche

BEGRÜNDUNG

 

In einer aktuellen Kampagne des BMLFUW sucht der Umweltminister im Rahmen eines Wettbewerbs einen „Mehrweg-Hero“. Die Etikette möglichst vieler Mehrwegflaschen sollen abgelöst und eingeschickt werden, die eifrigsten Sammlerinnen und Sammler gewinnen einen Preis.

 „Wer auf ökologische Vorzeige-Flasche setzt, gewinnt immer. Mit etwas Glück sogar einen unserer tollen Preise“ wird Bundesminister Rupprechter in einer Aussendung zitiert.

Tatsächlich ist die Mehrwegflasche die mit Abstand nachhaltigste Getränkeverpackung – allerdings ist sie mittlerweile auch die seltenste!

Die Österreichische Bundesregierung hat seit der verfassungswidrigen Korrektur der Verpackungszielverordnung durch den damaligen Minister Molterer im Jahr 2000 ausschließlich auf freiwillige Vereinbarung gesetzt und auf verbindliche Mehrweg-Quoten verzichtet. Seit der Aufhebung dieser verbindlichen Zielvorgaben und dem Beginn der so genannten freiwilligen Selbstverpflichtung von Industrie und Handel ist der Mehrweganteil bei Getränkeverpackungen dramatisch eingebrochen. Wurden Mitte der 1990er Jahre noch fast alle Mineralwasserflaschen sowie mehr als die Hälfte aller Limonaden in Mehrweg-Pfandflaschen verkauft, so sind die Mehrweganteile seither immer weiter gesunken. Das verbliebene Mehrwegangebot beschränkt sich im überwiegenden Maß auf die Gastronomie. Für Konsumentinnen und Konsumenten werden im Lebensmittelhandel lediglich Bier und in viel geringerem Maß Mineralwasser in Mehrwegflaschen angeboten, bei allen anderen Getränkearten liegt der Mehrweganteil wahrscheinlich bei unter 1%.

Die wirkliche Herausforderung der zukünftigen „Mehrweg-Heros“ ist in Wirklichkeit das Auffinden von Mehrwegflaschen außerhalb der Bierabteilung, da es nur noch in diesem Segment einen bedeutenden Mehrweg-Anteil gibt. Einen „Mehrweg-Hero“, der kein Bier und Wasser nur aus der Leitung trinkt wird es somit wahrscheinlich nicht geben. In einer Marktsituation in der sich Konsumentinnen und Konsumenten für die meisten Getränkesorten gar nicht für Mehrwegflaschen entscheiden können, weil sie nicht mehr im Angebot ist, ist es stark anzuzweifeln, ob eine an Image-Kampagne für Mehrwegflaschen ohne zusätzliche Maßnahmen das richtige Instrument darstellt.

Darüber hinaus wären Informationen über die Vorteile von Mehrwegflaschen ein zentraler Teil einer Imagekampagne, die laut eigenen Angaben die Vorteile der Mehrweg-Flaschen ins Rampenlicht rücken will. Auf der Website des Wettbewerbs (www.am-mehrweg.at) findet sich allerdings weder eine Informationsblatt noch weiterführende Informationen oder gar Links zu Studien über die dort nachgewiesenen Vorteile von Mehrweg-Getränkeverpackungen. Die einzigen Informationen über die Vorteile von Mehrwegflaschen entdeckt man bei genauem Hinsehen ganz unten in der statischen Fußzeile der Website, in der per Zufallsgenerator Sätze wie „Mehrweg macht 30-mal weniger Müll als Einweg“, „Mehrweg reduziert den Abfall“ oder aber auch „Mit ca. 70 % Mehrweg-Anteil ist Bier Spitzenreiter“ eingeblendet werden. Weiterführende Informationen zu diesen kurzen Sätzen gibt es nicht. Der fast vollständige Verzicht auf die Darstellung des Alleinstellungsmerkmals eines Produkts in einer Werbekampagne ist entweder handwerklich schlecht gemacht oder Absicht, um Aktivität vorzutäuschen aber das  Produkt sterben zu lassen.

Der aktuelle Umsetzungsbericht zur „Zusatzvereinbarung zur Nachhaltigkeitsagenda für Getränkeverpackungen“ gibt allerdings keine Auskunft über den Mehrweganteil einzelner Getränkearten im Lebensmittel-Einzelhandel (und somit die einzige Bezugsquelle für zukünftige „Mehrweg-Heros“) sondern fasst den Mehrweganteil aller Getränkearten in Gastronomie und Handel zusammen. Seit dem Jahr 2010 hat sich dieser zusammengefasste Mehrweganteil bei Getränkeverpackungen auf einem historischen Tiefstand einigermaßen stabilisiert - im Jahr 2015 bei 22 Prozent und somit leicht unter dem Vorjahr.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie hat sich, gemäß der bis 30. Juni von der Arbeitsgemeinschaft Nachhaltigkeitsagenda für Getränkeverpackungen an das BMLFUW gemeldeten Zahlen, der Anteil an Mehrweg-Getränkeverpackungen im Kalenderjahr 2015 entwickelt? Um eine Auflistung nach Getränkesorten (Mineralwasser, Limonaden, Bier, Fruchtsaft, Milch, Wein), Gebindeart (PET, Glas, Container, Fass, Verbundkarton, etc.) sowie Gebindegröße wird ersucht.

2)    Wie hoch ist gemäß dieser Daten der Mehrweganteil bei Getränkeverpackungen im Lebensmitteleinzelhandel? Um eine Auflistung nach Getränkesorten, Gebindeart sowie Gebindegröße wird ersucht.

3)    Die Zusatzvereinbarung 2011 der Nachhaltigkeitsagenda für Getränkeverpackungen sieht eine Gesamtevaluierung drei Jahre nach Beginn der Implementierung vor. Im Lichte der Ergebnisse sei „zu entscheiden, ob der eingeschlagene Weg fortzusetzen ist und ob Ergänzungen oder Modifikationen erforderlich sind“. In Ihrer Anfragebeantwortung vom 7. November 2015 (6423 AB) wiesen Sie in diesem Zusammenhang auf laufende „Evaluationsgespräche“ auf Sozialpartnerebene hin.

a.    Wurde die Gesamtevaluierung vereinbarungsgemäß durchgeführt?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Wenn ja, von wem wurde die Evaluierung durchgeführt?

d.    Was waren die Ergebnisse der Evaluierung und welche konkreten Konsequenzen ziehen sie aus diesen Ergebnissen?

e.    Wurden die Ergebnisse der Evaluierung publiziert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?

f.      Wenn nein, warum nicht?

4)    Wie hoch sind die Kosten für die Aktion „Österreich sucht den Mehrweg-Hero“ und vom wem werden diese getragen?

5)    Mit dem Wettbewerb "Österreich sucht den Mehrweg-Hero" will das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft laut eigenen Angaben „die Vorteile der Mehrweg-Flaschen ins Rampenlicht“ rücken. Weshalb gibt es dann nicht einmal ein Informationsblatt geschweige denn weitere Informationen über die ökologischen Vorteile von Mehrweggebinden, insbesondere im Vergleich zu anderen Gebindearten (wie z.B. Glas-Einweg, Alu, PET-Einweg)  auf der Website des Wettbewerbs www.am-mehrweg.at?