10156/J XXV. GP

Eingelangt am 13.09.2016
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Roman Haider

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend Finanzierungsformen für Start-ups

 

 

Der Standard vom 12.08.2016:

"[…] In Österreich haben Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und sein Vize Reinhold Mitterlehner (ÖVP) erst im Juni ein neues, 185 Millionen Euro schweres Unterstützungspaket vorgestellt. Die Frage ist, welchen Beitrag die Jungunternehmen zu Beschäftigung und Wirtschaftswachstum leisten, was also die lokalen Erfahrungen sind.

DER STANDARD hat sich dafür die Szene in zwei Städten, Wien und Boston, angesehen. […]

Die Spurensuche beginnt bei Daniel Cronin. Der 35-jährige frühere App-Entwickler hat mehrere Unternehmen in Österreich gegründet und ist aktuell bei Austrian Start-ups engagiert. Der Wiener Verein will Jungunternehmen bei praktischen Problemen, wie der Suche nach Büroräumen, aushelfen. Immer wieder heißt es, Österreich fehle es an unternehmerischem Geist und Risikobereitschaft.

Wenn man Cronin zuhört, bekommt man ein anderes Bild vermittelt. Er beschreibt eine bunte, aktive Start-up-Community in Österreich. Wie in Boston gibt es hier eine gute Infrastruktur. In beiden Städten existieren zahlreiche Gemeinschaftsbüroräume, in denen sich angehende Unternehmer einmieten können.

Genaue Zahlen zu Start-ups gibt es nicht, weil nur schwammige Definitionen existieren. In der Regel gilt in Österreich als Start-up ein junges Unternehmen, das schnelles Wachstum erzielen will und innovativ ist. Von den 40.000 Firmengründungen 2015 in Österreich waren laut staatlicher Förderbank AWS 1.000 Start-ups. Nimmt man eine Definition der Statistik Austria her, wonach ein Start-up zehn Prozent Umsatzsteigerung im Jahr und zehn Mitarbeiter aufweisen muss, sind die Zahlen bescheidener, dann gibt es 3.400 Start-ups im Land.

Die Zahl der Jungunternehmen liegt unter dem europäischen Schnitt. Auch in Boston gibt es weit mehr Jungunternehmen. Neuere Studien wie jene von Jorge Guzman und Scott Stern vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) zeigen, dass die Zahl der Start-ups wenig über ihre Erfolgsrate und ihren Beitrag zur Beschäftigung aussagt; wichtiger als Quantität ist Qualität.

Die Rahmenbedingungen in Österreich, was öffentliche Förderungen betrifft, sind jedenfalls schon heute gut, sagt der Wiener Jungunternehmer Cronin. "Ich kenne wenige Länder, wo Start-ups in der Frühphase so viel Unterstützung bekommen."

In Boston sind öffentliche Zuschüsse rar. Zu den größten Plattformen für die Unterstützung von Start-ups zählt in der US-Metropole Mass Challenge. Das Unternehmen stellt jedes Jahr hunderten von Start-ups Büroräume in einem alten Industriegebäude, Finanzierung auf Zeit und Beratung zur Verfügung. Mass Challenge gilt als einer der größten Start-up-Geburtshelfer der Welt. Die einzige nennenswerte öffentliche Förderungen besteht bei Mass Challenge aber daraus, dass man die Büros für die Start-ups gratis von der Stadt bekommt.

Anders sieht es dagegen bei der privaten Finanzierung aus. In Österreich sind Bankkredite für Jungunternehmer kaum zu bekommen und Risikokapitalgeber rar. Der US-Finanzdienstleister Pitch Book kommt auf Basis von Befragungen unter Investoren zum Ergebnis, dass im vergangenen Jahr private Risikofinanzierer Unternehmen in Wien etwas mehr als 31 Millionen Euro zur Verfügung gestellt haben. In Boston ist von über 2,6 Milliarden die Rede.

In den USA gibt es nicht nur mehr finanzkräftige Geldgeber, sie sind auch risikobereiter. Mass Challenge kann auf Förderungen von Großunternehmen wie Microsoft, IBM, Pfizer und Verizon in Millionenhöhe zurückgreifen. "Neben den privaten Geldgebern sind die hervorragenden Universitäten in der Umgebung der Hauptgrund dafür, dass Boston als ein Zentrum für Start-ups gilt", sagt Robby Bitting, der bei Mass Challenge für Marketing zuständig ist.

Hier liegen laut Experten die Schwachstellen an der neuen Offensive der Regierung zur Start-up-Förderung in Österreich. "Öffentliche Förderungen gibt es bereits, und irgendwo muss der Punkt kommen, wo private Geldgeber übernehmen", sagt Werner Hölzl vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo. Private Investoren zu animieren, ist schwierig. Als Teil ihres Hilfspaketes wollen SPÖ und ÖVP Start-ups bei Lohnnebenkosten helfen – das werde das Finanzierungsproblem nicht lösen, sagt Hölzl. Ein System an hervorragenden Universitäten wie in Boston und Umgebung, wo neben Harvard auch das MIT beheimatet ist, existiert in Wien nicht. […]"

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft nachfolgende

 

Anfrage

1.     Welchen Beitrag können Start-ups zum heimischen Wirtschaftswachstum leisten?

2.     Wie beurteilen Sie die folgende Aussage des oben zitierten Artikels, wonach „es immer wieder heißt, dass es Österreich an unternehmerischem Geist und Risikobereitschaft fehle“?

3.     Wie viele Firmengründungen entfielen in den Jahren 2013, 2014, 2015 auf Start-ups? (Ersucht wird um eine Aufschlüsselung nach Jahren)

4.     Wie sehen die Zahlen heimischer Start-up Gründungen in den Jahren 2013-2016 im Vergleich zu jenen in der Schweiz, Italien, Frankreich, Deutschland und Slowenien aus? (Ersucht wird um eine Aufschlüsselung nach Jahren und Ländern)

5.     Wie lassen sich Start-ups aus Sicht Ihres Ministeriums definieren?

6.     Wie stehen Sie zu Mass Challenge als Unterstützungsmethode für Jungunternehmen?

7.     Woran liegt es, dass in Österreich etwa im Vergleich zu den USA kaum private Finanzierungsmöglichkeiten für Jungunternehmen zur Verfügung stehen?

8.     Sollte sich diesbezüglich in Österreich etwas ändern?

9.     Wenn ja, was konkret, und werden Sie sich seitens Ihres Ministeriums dafür einsetzen?

10.  Boston gilt vor allem auf Grund seiner Förderungen von Großunternehmen, als auch Universitäten, als ein Zentrum für Start-ups. Sollte man sich in Österreich daran ein Beispiel nehmen?

11.  Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

12.  Laut Experten, wie etwa Werner Hölzl vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo, liegen die Schwachstellen in Österreich im Fehlen derartiger privater Geldgeber, staatliche Förderungen alleine würden demnach nicht ausreichen. Teilen Sie diese Ansicht?

 

13.  Wenn ja warum? Wenn nein, warum nicht?

14.  Hilfe bei den Lohnnebenkosten, wie im Unterstützungspaket vorgesehen, werde das Finanzierungsproblem für Start-ups laut Hölzl nicht lösen. Wie stehen Sie zu dieser Kritik?