10241/J XXV. GP

Eingelangt am 15.09.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Kinder und Jugendliche als pflegende Angehörige

BEGRÜNDUNG

 

Die Pflege von Angehörigen ist eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit, die oft mit großen psychischen und physischen Belastungen verbunden ist. Die Studie „Kinder  und  Jugendliche  als  pflegende  Angehörige“ vom Institut für Pflegewissenschaft Wien[1] beleuchtete im Jahr 2012 auch erstmals die spezielle Situation von pflegenden Kindern. Die StudienautorInnen gingen aufgrund ihrer Untersuchung davon aus, dass der Anteil an pflegenden Kindern (young carers) im Alter von 5 bis 18 Jahren in Österreich 3,5 % beträgt, d.h. dass rund 42.700 Kinder und Jugendliche einen Angehörigen pflegen.

Die Pflegesituation hat auf Kinder einerseits einen körperlichen Einfluss, aber auch psychische und schulische Auswirkungen. So leiden Young Carers zum Beispiel häufiger an Müdigkeit, Schlafproblemen, Rücken- und Kopfschmerzen, machen sich häufiger Sorgen und sind öfter traurig als nicht pflegende Kinder.

Die Krankheit eines Elternteils ist für Kinder und Jugendliche eine enorme Belastung. Die Sorge um eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Mutter oder Vater begleitet diese Kinder und Jugendlichen tagtäglich. Einfach abschalten und Kind sein ist neben der Pflege und Unterstützung der Eltern nur schwer möglich. Von einer unbeschwerten Kindheit können diese Kinder oft nur träumen.

Im Rahmen der Studie wurden auch ehemalig pflegende Kinder befragt, welche Unterstützung sie sich gewünscht bzw. gebraucht hätten. Genannt wurde das bessere Wissen über die Erkrankung und deren Symptome, die praktische Unterstützung bei der anstrengenden Pflege im Alltag, die Beratung über die Organisation des Alltags aber auch der Wunsch nach einer Anlaufstelle in pflegerischen Notfällen.

Die StudienautorInnen formulierten 2012 angesichts der Forschungsergebnisse folgende Empfehlungen:  eine Bewusstseinsbildung der Bevölkerung einschließlich der betroffenen Kinder, eine kindgerechten Aufklärung und Information über die Krankheit des gepflegten Elternteils, eine pflegerische Unterstützung im Alltag durch aufsuchende und niederschwellige Hilfsangebote, sowie die Entwicklung und den Aufbau von kinder- und familienorientierten Hilfsprogrammen.

Im Jahr 2014 wurde im Auftrag des Sozialministeriums ein Folgeprojekt seitens des Instituts für Pflegewissenschaft Wien durchgeführt.[2] Ziel des Projekts war nun die Entwicklung eines Rahmenkonzepts als Grundlage zur Implementierung von Young-Carers-Projekten. Neben der laufenden Bewusstseinsbildung identifizierte das Rahmenkonzept vor allem Unterstützungsprojekte auf lokaler Ebene als sinnvoll, um pflegende Kinder und Jugendliche gut erreichen zu können und um eine Einbindung aller relevanten Berufsgruppen für young carers (Schule, ambulanter Pflegedienst, niedergelassene ÄrztInnen, Kinder- und Jugendorganisationen, etc.) herstellen zu können.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Welche konkreten Maßnahmen betreffend die Situation von Kindern und Jugendlichen als pflegende Angehörige wurden seitens Ihres Ministeriums seit der Publikation der Studien im Jahr 2012 sowie 2014 ergriffen?

2.    Welche weiteren konkreten Maßnahmen sind für die kommenden Jahre geplant?

3.    In welcher Höhe wurden, abseits der Studienfinanzierung, bislang Bundesmittel für die Realisierung einzelner Maßnahmen bereitgestellt?

4.    In welcher Höhe sind weitere finanzielle Unterstützungen seitens Ihres Ministeriums für Maßnahmen in den kommenden Jahre budgetiert?

5.    Gab es seitens Ihres Ministeriums in den letzten Jahren eine breit angelegte Kampagnisierung des Themas um die empfohlene Bewusstseinsbildung zu forcieren?

6.    Wenn ja, wie hat diese stattgefunden?

7.    Inwieweit haben Sie sich im Rahmen der Novellierung der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe dafür eingesetzt, dass das Thema der „young carers“ in der Aus- und Weiterbildung aufgegriffen wird?

8.    Inwieweit kooperieren Sie betreffend pflegender Kinder und Jugendlicher auch mit den beiden thematisch betroffenen Ministerien für Bildung sowie Familien und Jugend?



[1] Nagl-Cupal,  M.,  Daniel,  M.,  Kainbacher,  M.,  Koller,  M.,  Mayer,  H., Bundesministeriums für Arbeit, Soziales  und Konsumentenschutz (Hg). (2012):  Kinder  und  Jugendliche  als  pflegende  Angehörige.  Einsicht  in  die  Situation gegenwärtiger  und  ehemaliger  pflegender  Kinder  in  Österreich.  Bericht. Universität Wien.

[2] Nagl-Cupal, M., Daniel, M., Hauprich, J., Bundesministeriums für Arbeit, Soziales  und Konsumentenschutz (Hg).(2014): Kinder und Jugendliche als pflegende Angehörige. Konzept-entwicklung und Planung von familien- orientierten Unterstützungsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche als pflegende Angehörige.