10246/J XXV. GP

Eingelangt am 16.09.2016
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Hermann Brückl

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Justiz

betreffend mutmaßliche Steuerhinterziehung und Scheinselbständigkeit bei Personaldienstleistern von Ryanair

 

 

In dem Artikel „Razzia an sechs Ryanair-Standorten“ vom 6. Juli 2016 der Zeitung „Die Zeit“ wird über Ermittlungen der deutschen Behörden gegen Personaldienstleister der Billigairline wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung und Scheinselbstständigkeit berichtet:

 

Die Staatsanwaltschaft Koblenz und Beamte des Hauptzollamts haben am Dienstag die Geschäftsräume des irischen Billigfliegers Ryanair an sechs deutschen Standorten durchsucht.

Wie ein Koblenzer Staatsanwalt ZEIT ONLINE auf Anfrage bestätigte, liegt den Durchsuchungen ein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen zweier britischer Personaldienstleister zugrunde, die Piloten an Ryanair vermitteln. Den Firmen wird unter anderem vorgeworfen, Steuern hinterzogen und Piloten Löhne vorenthalten zu haben. Durchsucht wurden auch mindestens zwei Privatwohnungen von Piloten, die Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Sozialversicherungsbetrug geleistet haben könnten. Wie es heißt, stehen auch einige Piloten unter dem Verdacht, zu geringe Sozialabgaben abgeführt zu haben.

Im Raum stehen der Verdacht des Steuer- und Sozialversicherungsbetrugs sowie der Scheinselbstständigkeit. Ryanair beschäftigt einen beachtlichen Teil seiner Piloten sowie mehr als die Hälfte seiner Copiloten über ein sogenanntes Contractor-Modell: Die Kapitäne müssen eine Art "Ich-AG" gründen und Verträge mit Verleihunternehmen wie Brookfield oder McGinley abschließen, ehe sie ins Ryanair-Cockpit steigen dürfen. Nach ZEIT-ONLINE-Informationen gibt es mindestens 1.600 solcher Arbeitsverhältnisse.

Für den irischen Billigflieger ist dieses Modell extrem kostengünstig. Denn weil die Piloten formal nicht bei Ryanair angestellt sind, müssen sie selbst ihre gesamten Sozialversicherungsbeiträge bezahlen. Zudem haben sie keinen Anspruch auf Krankengeld und werden oft nur nach geflogenen Stunden entlohnt. Dadurch steigt das Risiko, dass sich Piloten krank ins Cockpit setzen.

Gewerkschaften kämpfen seit Jahren gegen diese atypischen Beschäftigungsverhältnisse, die auch andere Billig-Airlines wie Norwegian Air Shuttle gerne nutzen. Ein Vertreter von der irischen Pilotenvereinigung Ryanair Pilot Group spricht von "Schwindelverträgen, die dazu dienen, den wahren Arbeitgeber Ryanair seiner Verantwortung für seine Mitarbeiter zu entledigen und seine Steuer- und Sozialversicherungskosten zu minimieren".

Der gestrige Einsatz drehte sich vor allem um diesen Selbstständigenstatus. Die Zollfahnder befragten Piloten, ob diese sich als Ryanair-Mitarbeiter fühlten, wer ihnen ihre Einsatzpläne vorgebe – und ob ihnen überhaupt erlaubt sei, auch für andere Airlines zu arbeiten. Im Raum steht der Vorwurf der Scheinselbstständigkeit. Denn offenbar fliegen viele dieser kontrahierten Piloten ausschließlich für Ryanair und haben keinerlei unternehmerische Eigenständigkeit. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) will sie daher als Beschäftigte von Brookfield Aviation einstufen.“

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.     Waren bzw. sind derartige Ermittlungen auch in Österreich anhängig?

2.     Wenn ja, welche konkreten Vorwürfe stehen im Raum?

3.     Wann und wo wurden in Österreich Ermittlungen aufgenommen?

4.     Wenn nein, sehen Sie angesichts dieser Vorwürfe Anlass, auch in Österreich Ermittlungen diesbezüglich anzustellen bzw. wann und in welcher Form wird dies geschehen?