10271/J XXV. GP

Eingelangt am 16.09.2016
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Anfrage

 

des Abgeordneten David Lasar

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Mängel bei Zivilschutz

 

Der Standard vom 23.08.2016 berichtete folgendes:

 

„Experte kritisiert Mängel bei Zivilschutz

 

Österreichs Bevölkerung ist auf einen Katastrophenfall, ein Blackout oder eine internationale Krise kaum vorbereitet

Wien – Theoretisch sollte Österreich auf jegliche Art von Katastrophen gut vorbereitet sein – das war der Grundgedanke des in den 1970er-Jahren entwickelten Konzepts der Umfassenden Landesverteidigung (ULV).

Die steht sogar in der Verfassung – was dem Sicherheitsexperten Herbert Saurugg allenfalls ein müdes Lächeln entlockt: "Umfassende Sicherheitsvorsorge gibt es bei uns nur auf dem Papier."

Autarkie bei der Grundversorgung kein Thema

Was als wirtschaftliche und zivile Landesverteidigung geplant war, sollte Österreich im Falle einer internationalen Krise (bei der Energie- und sonstiger internationaler Handel unterbrochen wären) oder gar eines Krieges in der

Nachbarschaft eine gewisse Autarkie sichern. Aber mit Ende des Kalten Krieges verlor die Politik (und sogar ein Großteil des Militärs) das Interesse am Thema.

Saurugg, der selbst karenzierter Major des Bundesheers ist, hält das für äußerst bedenklich: "Dabei ist nicht entscheidend, ob es (angeblich) irgendwo einen Krisenplan gibt, sondern ob die Bevölkerung in der Lage wäre, damit umzugehen, was derzeit eindeutig mit Nein beantwortet werden muss."

Während in Deutschland Zivilschutz derzeit zum Thema wird – die Bundesregierung soll am Mittwoch dieser Woche eine "Konzeption zivile Verteidigung" beschließen –, wurden Österreichs vorhandene Konzepte nie richtig populär. Und sie wurden auch nicht an die Bedrohungslage angepasst.

Blackout als Worst-Case-Szenario

Zwar wurde der – unter anderem zum Schutz vor radioaktivem Fallout gedachte – Grundschutzraum aus den Bauordnungen der Bundesländer gestrichen. Die aktuell wahrscheinlich größte Bedrohung jedoch – ein Blackout, bei dem vom Licht bis zum (Tief-)Kühlschrank, vom Handynetz bis zur Pumpe an der Tankstelle alles ausfallen würde – findet laut Sauruggs Analyse viel zu wenig Beachtung.

Schon ein dreistündiger Stromausfall kann katastrophale Folgen haben, wie ein entsprechendes Ereignis in einer Glasfabrik in Kremsmünster gezeigt hat. Die Feuerwehr konnte das Schlimmste – Austritt der Glasschmelze – verhindern, bei einem flächendeckenden Blackout wären aber große Teile der Bevölkerung auf sich gestellt.

Gefahren sind den Bürgern nicht bewusst

Saurugg zum STANDARD: "Es fehlt das Bewusstsein hinsichtlich der Gefahren." So wäre es bei einem Blackout vielleicht tagelang nicht möglich, einkaufen zu gehen, weil die Supermärkte nicht öffnen können. Die Bevölkerung hätte wahrscheinlich keine Chance, Hamsterkäufe zu tätigen – oder, noch schlimmer, es käme zu unkontrollierten Plünderungen. Besonders bedenklich sei, dass etwa 60 Prozent der Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette offenbar kein konkretes Risiko- und Krisenmanagement implementiert haben, um im Falle eines längeren Strom- und Infrastrukturausfalls ihre Produktionsanlagen in einen sicheren Zustand herunterfahren zu können, um danach wieder möglichst rasch hochfahren zu können.

Da könne weder Bundesheer (das seine eigene Bedrohungslage für den Fall eines Blackouts immer wieder analysiert, ohne alle Probleme gelöst zu haben) noch die Feuerwehr helfen.

Besser vorsorgen als hamstern

Zur persönlichen Vorsorge – welche die Grundlage dafür ist, eventuell auch anderen helfen zu können – gehört die Vorratshaltung daheim: "Am besten hat man alles daheim, was man auf einen zweiwöchigen Campingurlaub mitnehmen würde – Konserven, Nudeln und Reis lassen sich leicht einlagern." Man müsse die Sachen aber auch regelmäßig verbrauchen und wieder nachkaufen.

Eine gute Nachricht hat Saurugg für die Wiener: Auch im Falle eines Blackouts würde die gute alte Hochquellwasserleitung (die ohne elektrische Pumpen funktioniert) in den meisten Stadtteilen Trinkwasser liefern. Dennoch sollte man einen gewissen Vorrat an Trink- oder Mineralwasser (Wein- und Biervorräte zählen da nicht) daheim vorrätig haben.“

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

Anfrage

 

1.    Welche Konsequenzen wurden bisher aus den beiden KIRAS-Sicherheitsforschungsstudien „BlackÖ.2:  Blackoutprävention und –intervention“ und „Ernährungsvorsorge in Österreich“ gezogen, die ja zu sehr aufrüttelnden Ergebnissen gekommen sind?

2.    Wie schätzen Sie die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung in Folge eines umfassenden Krisenfalls, wie etwa bei einem möglichen europaweiten Strom-und Infrastrukturausfall („Blackout“) ein?

3.    Wie wurde die Bevölkerung bisher auf diesen Krisenfall vorbereitet?

4.    Welche Vorbereitungen zum Szenario „Blackout“ wurden bisher auf gesamtstaatlicher Ebene getroffen?

5.    Wie erfolgt die Koordinierung der Maßnahmen zwischen den verschiedenen Ministerien?

6.    Wie schätzen Sie die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ein, um mit mehrtägigen oder möglichweise sogar mehrwöchigen Versorgungsengpässen umzugehen?

7.    Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht noch erforderlich, um die österreichische Gesellschaft bestmöglich auf derart weitreichende Krisenszenarien vorzubereiten?

8.    In Deutschland ist ein neues Zivilschutzkonzept derzeit großes Thema – gibt es derartige Bestrebungen auch in Österreich?

9.    Wenn ja, wie sehen die Bestrebungen zu diesem Thema konkret aus?

10. Wenn nein, warum nicht?