10291/J XXV. GP

Eingelangt am 16.09.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien

betreffend Salzburger Festspiele

BEGRÜNDUNG

 

Seit Jänner 1995 ist Helga Rabl-Stadler Präsidentin der Salzburger Festspiele. Dass sie sich gerade wieder für ihre siebente Amtszeit bewirbt, führt sie gegenüber der APA auf die einstimmige Unterstützung des Kuratoriums zurück. „Jeder einzelne Kurator, jede einzelne Kuratorin“ habe sie aufgefordert, sich zu bewerben (21.7.2016).

Das Kuratorium ist jenes Gremium, das die Mitglieder und den Vorsitzenden des Direktoriums, die Präsidentin der Festspiele, bestellt. Es besteht aus zwei vom Bund entsandten Mitgliedern, dem Salzburger Landeshauptmann, dem Salzburger Bürgermeister, zwei Vertretern des Salzburger Tourismusförderungsfonds und dem Geschäftsführer der Bundestheater-Holding. Sie alle haben die Präsidentin ermutigt, erneut zu kandidieren – zwei Monate bevor die Ausschreibung erfolgt ist. Die ist damit wohl nur noch Formsache. Bei der geschlossenen Vorabunterstützung einer Bewerberin scheint es fraglich, ob sich überhaupt andere qualifizierte Kandidaten und Kandidatinnen an der Ausschreibung beteiligen. Und wenn ja, wie unabhängig die Prüfung der fachlichen Eignung abläuft, wenn sich das Entscheidungsorgan schon davor geeinigt hat.

Dabei gibt es neben allem Lob durchaus Gründe, den Blick über den Tellerrand zu wagen. So kritisierte der Rechnungshof 2012, dass in der Ära Rabl-Stadler mehrfach gegen das Bundesvergaberecht verstoßen wurde, das Direktorium die im Salzburger Festspielfondsgesetz vorgesehene Genehmigung des Kuratoriums bei Dienst- und Werkverträgen über einer bestimmten Wertgrenze weitgehend nicht berücksichtigte und nicht immer die Genehmigung des Kuratoriums für Vereinbarungen einholte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgingen.

Auch bemängelte der Rechnungshof, dass die Präsidentin und der kaufmännische Geschäftsführer im überprüften Zeitraum 2004 bis 2010 ihre Berichtspflichten gegenüber dem Kuratorium nicht erfüllten und das Rechnungswesen des millionenschweren Salzburger Festspielfonds nicht einmal dem eines Vereins entsprach (Bericht des Rechnungshofs, Salzburg 2012/1)

Im Zuge der aktuellen Verwaltungsreformvorschläge des Rechnungshofs wird erneut die Beseitigung struktureller Mängel gefordert. An oberster Stelle steht dabei die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Salzburger Festspiele, die geeignet ist, ein Kulturunternehmen mit einem Gebarungsumfang von rund 50 Millionen Euro zu führen (Rechnungshof, Vorschlag 812).

Das Salzburger Festspielfondsgesetz entspreche hinsichtlich der Aufgabenverteilung zwischen Delegiertenversammlung, Kuratorium und Direktorium sowie der Vertretung des Salzburger Festspielfonds nach außen nicht dem Österreichischen Corporate Governance Kodex und den OECD-Leitsätzen zu Corporate Governance in staatseigenen Unternehmen. Es sei kein unabhängiges, von der Geschäftsführung getrennt eingerichtetes Aufsichtsorgan als wesentliches Element guter Unternehmensführung eingerichtet.

Die weiteren Reformvorschläge umfassen:

·        die Definition konkreter und messbarer operativer Ziele,

·        die Vermeidung des Risikos von Interessenkollisionen bei Dienstverträgen,

·        die ausschließliche Vertretung nach außen durch das Direktorium und Vermeidung von Unvereinbarkeitsrisiken, sowie

·        die Regelung der Sorgfaltspflichten und der Organhaftungen im Salzburger Festspielfondsgesetz.

Ein immer wiederkehrendes Problem der Salzburger Festspiele besteht darin, dass sie offenbar sakrosankt zu sein scheinen. Jede Kritik, ob wirtschaftlicher, rechtlicher, politischer oder künstlerischer Natur wird von Seiten der Geschäftsführung zunehmend aber auch von Seiten der politischen Vertreter im Kuratorium geradezu als lebensbedrohlicher Angriff gewertet.

So haben zum Beispiel die Salzburger Nachrichten die künstlerische Leistung der Festspiele an der Idee von Thomas Bernhards „Wasserkopfspiegel“ gemessen und kommen zum durchaus differenzierten Schluss: Es „ragt einiges darüber hinaus – wie Franz Welser-Mösts Dirigat von ‚Liebe der Danae‘, konzertante Opern oder mehrere Ostkirchenkonzerte der Ouverture spirituelle. Vieles erreicht diesen Spiegel, also ein beträchtliches Niveau. Einiges – mehr als jenen Festspielen zuzugestehen, die sich ‚die besten der Welt‘ nennen – liegt weit darunter.“ (SN, 27.8.2016)

Für den Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden war diese Kritik offenbar bereits ein Frontalangriff. In einem Mail an die Redaktion macht er seinem Ärger Luft.

„Sehr geehrte Frau Kainberger und Salzburger Nachrichten!

Ich habe den Leitartikel der SN vom 27.8.2016 (Über und unter dem Wasserkopfspiegel […]) gelesen, und bin nur mehr sauer auf euch: die Festspiele sind die Causa Prima für Salzburg.

Mit Zustimmung der Chefredaktion der SN, werden die heurigen Festspiele heruntergeschrieben, was das Zeug hält. Was wäre Salzburg ohne die Festspiele: Eine Kleinstadt! Was wäre Salzburg ohne die SN: Wurscht!

Sven Eric Bechtolf hat die Intendanz für 2015/16 auf Wunsch des Kuratoriums 2014 übernommen. Er hat diese Zeit nicht nur gut gemeistert, sondern gerade 2016 den besten Festspiel Sommer seit „ever“, zumindest seit 2006, hin gelegt. Und ohne einen Cent mehr zu verlangen, Regie und Darstellung geleistet. Dafür gebührt ihm Dank! Und seiner Präsidentin, Helga Rabl-Stadler!

Und was meint die SN? „Und mehr bedarf es schon!“ Richtig! Im eigenen SN Haus!

Ihr Heinz Schaden“

 

Dass der Leiter des Schauspiels Sven Eric Bechtolf gar nicht Intendant der Salzburger Festspiele ist, sollte allen Kuratoriumsmitgliedern bekannt sein.[1]

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Sehen Sie in der Vorabfestlegung des Kuratoriums auf Helga Rabl-Stadler einen Konflikt mit dem österreichischen Gleichbehandlungsgesetz bzw. der Antidiskriminierungsrichtlinie der EU?

2)    Welche Maßnahmen setzen Sie, um eine unabhängige Auswahl allein aufgrund der fachlichen Eignung gemäß § 4 Stellenbesetzungsgesetz sicher zu stellen?

3)    Halten Sie das Salzburger Festspielfondsgesetz in seiner bestehenden Fassung für die geeignetste Rechtsgrundlage der Festspiele?

4)    Welche Änderungen des Salzburger Festspielfondsgesetzes halten Sie für notwendig?

5)    Wann werden Sie dem Parlament eine Novellierung des Salzburger Festspielfondsgesetzes vorlegen?

6)    Wurden in den Jahren 2013 bis 2016 messbare und operative Ziele mit dem Direktorium vereinbart?

7)    Wie lauten diese Ziele?

8)    In welchem Ausmaß wurden die vereinbarten Ziele erfüllt?

9)    Wie wird künftig das Risiko von Interessenskollisionen bei Dienstverträgen vermieden?

10) Erfüllt das Direktorium mittlerweile seine Berichtspflichten gegenüber dem Kuratorium?

11) Wie werden Sie die Organhaftungen und Sorgfaltspflichten im Salzburger Festspielfondsgesetz regeln?

12) Wissen die vom Bund entsendeten Mitglieder um die wahre Funktion von Sven Eric Bechtolf bei den Salzburger Festspielen 2016?



[1] Auch am 29.8.2016 lobt Schaden in einer APA-Meldung Bechtolf als hervorragenden Intendanten der Salzburger Festspiele.