10294/J XXV. GP

Eingelangt am 21.09.2016
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ANFRAGE

Der Abgeordneten Dr. Marcus FRANZ

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundeskanzler

 

betreffend „Befragung von SPÖ Mitgliedern“

 

Bei den Sommergesprächen 2016 (05.09.2016) haben Sie auf die Frage von Frau Dr. Schnabl „ ...........Und Sie befragen jetzt Ihre Mitglieder darüber (CETA/TTIP). Ein paar Wochen vor diesem Abschluss. Die Begründung war: Sie wollen eine breite Diskussion. Aber müssten Sie da nicht alle fragen, die es betrifft? Alle Österreicher? Wäre das nicht demokratischer?“ antworteten Sie:

 

Also erstens einmal. Zu diesem Abkommen muss man wissen: Der ökonomische Effekt, der Wohlstandseffekt, wird mit 0.005 Prozent berechnet. Also, wir reden jetzt nicht über etwas, was über die Zukunft Österreichs gravierende Entscheidungen bedeutet. Das zweite aber ist – und ich bin sehr froh über diese Diskussion. Weil hier geht es schon darum, wie politische Machtverhältnisse definiert werden. Weil das Dilemma mit der CETA-Geschichte ist, dass es die Entscheidungsmöglichkeiten weg von der Politik und noch stärker hin zu großen, international agierenden Konzernen verschiebt. Und das ist mein Hauptkritikpunkt. Und das ist eine durch und durch sozialdemokratische Debatte. Wo ich möchte, dass wir uns in der Öffentlichkeit darüber auseinandersetzen. Weil es geht auch um die Frage, wie wir die EU gestalten wollen, wo wir die Prioritäten sehen.“

 

Weiters haben Sie auf die Frage „Aber Herr Bundeskanzler, nur Zwischenfrage. Warum fragen Sie dann aber nicht alle Österreicher? Sie sind ja nicht nur der Bundeskanzler der 200.000 SPÖ-Mitglieder, sondern von ganz Österreich“ geantwortet:

 

„Nein, das ist schon so, aber… Herbert Lackner hat ja… Der Profil-Journalist hat ja gesagt, es geht auch darum, dass die alte Tante SPÖ modernisiert wird. Und unser Verständnis ist: Wir müssen wieder von einer Partei weg und hin zu einer Bewegung kommen. Das heißt, wir müssen in der Lage sein, in dem Land Themen zu finden, Themen zu setzen und dafür Begeisterung zu entfachten. Und das ist für uns – innerhalb der SPÖ – im sozialdemokratischen Parteikreis ein wichtiges und dankbares Thema, wo man sagen kann: Wie wollen wir die Zukunft gestalten?

 

Bei Ihrem Amtsantritt haben Sie, Herr Bundeskanzler, die Abkehr vom Populismus angekündigt. Laut Duden wird Populismus wie folgt definiert: (Politik) von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen) zu gewinnen“.

 

Ein weiteres Zitat von Ihnen, Herr Bundeskanzler, zu Ihrer Antrittsrede vom 19.05.2016 lautet: „Politischer Inhalt wurde durch taktischen Opportunismus ersetzt, und genau das ist es, glaube ich, womit wir brechen müssen.“

 

Genau dieses Zitat ist als leere Worthülse zu entlarven. Sie haben nämlich durch diese Umfrage dem Populismus Vorschub geleistet. Auch haben Sie mit dieser Parteiumfrage ein Faktum geschaffen, welches in dieser sehr heiklen und sehr emotional geführten Debatte allein die SPÖ stärken soll. Die Stärkung von Parteiinteressen sollte jedoch nicht die „vorrangige Aufgabe“ des österreichischen Bundeskanzlers darstellen. Der Einsatz für Österreich sollte vor Parteianliegen das wichtigste Ziel ihrer Kanzlerschaft darstellen. Dafür wurden Sie nämlich ernannt.

 

Sie haben ihre SPÖ-Parteimitglieder befragen lassen – und das erwartete Ergebnis eingefahren: 92 Prozent haben sich gegen das Handelsabkommen mit Kanada ausgesprochen, wenn darin Schiedsverfahren gegen Staaten enthalten sind. 88 Prozent sind dagegen, dass das Parlament diesen Vertrag ratifiziert. Sie lassen also SPÖ-Mitglieder darüber abstimmen, welchen strategisch-taktischen Weg Österreich in der Frage zu CETA und TTIP einschlagen sollte. Obwohl sich nur 7,5 Prozent der SPÖ-Parteimitglieder an dieser „Abstimmung“ beteiligten und somit keine repräsentativen Aussagen getroffen werden können. Dies alles vor dem Hintergrund, dass der Bundeskanzler „grundsätzlich“ für die Gesamtbevölkerung in Österreich ernannt wird.

 

Da nicht die gesamte Bevölkerung durch die „interne SPÖ“ Umfrage zu CETA und TTIP abgefragt wurde, haben Sie die Bevölkerung gespalten und einen weiteren Streit zwischen Befürwortern und Ablehnern vorprogrammiert.

 

Die Bundesregierung wurde grundsätzlich für fünf Jahre vom Souverän gewählt. Die Aufgabe sollte eigentlich bekannt sein, die Bundesregierung sollte nicht gegen sondern für die österreichische Bevölkerung arbeitet. Die derzeitige Performance der Bundesregierung wiederspiegelt allerdings ein borniertes Parteidenken, welches Österreich Schaden zufügt!

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen an den Bundeskanzler daher folgende

 

Anfrage

 

1.    Aus welchem konkreten Grund haben Sie als Bundeskanzler nicht alle Österreicher im Zuge einer Volksbefragung über das Freihandelsabkommen CETA und TTIP befragt?

 

2.    Können Sie ausschließen, dass Sie durch diese interne Parteibefragung die österreichische Bevölkerung in der Frage „Freihandelsabkommen CETA/TTIP“ gespalten haben?

 

3.    Welche konkreten Ergebnisse ergeben sich aufgrund der SPÖ-Mitgliederbefragung zu den Freihandelsabkommen CETA und TTIP für den Vollzug der Bundesregierung respektive des Bundeskanzlers?

 

4.    Welchen konkreten Weg wird die Bundesregierung in der Frage CETA/TTIP einschlagen?

 

5.    Können Sie ausschließen, dass Sie einem CETA Vertrag zustimmen, in welchem die Schiedsgerichtsbarkeit gegen Staaten enthalten sind?