10297/J XXV. GP
Eingelangt am 21.09.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des Abgeordneten David Lasar
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Inneres
betreffend türkische Lobbygruppen in Österreich
Im Rahmen einer kleinen schriftlichen Anfrage die versehentlich den Weg in die Öffentlichkeit fand, beurteilte die deutsche Bundesregierung die Türkei kürzlich als eine „Aktionsplattform“ für Islamisten. Die deutsche ARD zitierte wie folgt aus der als geheim eingestuften Anfragebeantwortung:
"Die zahlreichen Solidaritätsbekundungen und Unterstützungshandlungen für die ägyptische MB (Muslimbruderschaft, Anmerkung der Redaktion), die HAMAS und Gruppen der bewaffneten islamistischen Opposition in Syrien durch die Regierungspartei AKP und Staatspräsident ERDOGAN unterstreichen deren ideologische Affinität zu den Muslimbrüdern."
Damit stellt die Bundesregierung erstmals offiziell eine direkte Verbindung zwischen dem türkischen Präsidenten und einer Terrororganisation her - denn als solche wird zumindest die Hamas seit 2003 in der Europäischen Union eingestuft. Die Türkei habe die Beziehungen zur Hamas und anderen Organisationen sogar gezielt intensiviert, heißt es in dem Papier: "Als Resultat der vor allem seit dem Jahr 2011 schrittweise islamisierten Innen- und Außenpolitik Ankaras hat sich die Türkei zur zentralen Aktionsplattform für islamistische Gruppierungen der Region des Nahen und Mittleren Ostens entwickelt."[1]
Die Verbindungen der türkischen AKP zu Akteuren der Muslimbruderschaft oder zu islamistisch nationalistischen Milli Görüs Funktionären ist Insidern seit längerem bekannt und wird als kritisch gesehen. Allerdings reicht die türkische Vernetzung mit islamistischen Verbänden nicht nur in den Nahen Osten, sondern in den Westen, wo ein dichtes Fördernetzwerk religiöse Einrichtungen, Schulen, Kindergärten und sogar wissenschaftliche Aktivitäten finanziert. Österreich kommt neben Deutschland eine Schlüsselrolle dabei zu und der straffe Organisationsgrad viele türkischer Verbände legt nahe, dass ihnen ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.
Österreichische Vereine mit Mitgliedern türkischer Herkunft sind in diverse Bauprojekte involviert. Teilweise besuchen türkische Beamte oder Funktionsträger deren Schulen in Österreich (lt. Ednan Aslan von der Universität Wien besuchte der Generalsekretär der türkischen Saadet-Partei eine Imam-Hatip-Einrichtung in Wien).[2]
Darüber hinaus haben sich anlässlich der aktuellen innenpolitischen Lage in der Türkei zahlreiche Verbände in aller Deutlichkeit mit dem türkischen Präsidenten Erdogan solidarisiert und neben religiösen Parolen auch bedenkliche Parolen skandiert.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende
Anfrage
1. Welche türkischen Vereine und Verbände agieren auf Basis der Informationen des Innenministeriums in Österreich und welche Intentionen werden von diesen Verbänden verfolgt?
2. Welche Verbände waren lt. Polizei-Informationen in Pro-Erdogan Kundgebungen involviert (Auszug lt. Kurier Berichten: ATIB, Islamische und Türkische Föderation, Union Islamischer Kulturzentren, UETD, ANAD, CHP, GAZI-DER, Kulturverein Beldibi, Kulturverein Burdur, MÜSIAD Austria, Österreich-Akdagmadeni Hilfs- und Solidaritätsverein, Resadiye Sport- und Kulturverein, SAM-DER Österreich, TÜMSIAD Austria, Union der Sivas-Stämmigen in Österreich, Verein Österreich-Erciyes in Freundschaft und Solidarität, WEFA Austria, WONDER)?
3. Gibt
es Evidenz, dass eine oder mehrere dieser Organisationen mit Geldmitteln aus
dem Ausland unterstützt werden oder wurden?
Wenn ja, welche?
4. Stehen eine oder mehrere dieser Organisationen unter Beobachtung des Verfassungsschutzes?
5. Wenn ja, welche?
6. Gibt es Informationen darüber, ob einer oder mehrere dieser Vereine Islamistischen Gruppierungen wie Milli Görüs oder Muslimbruderschaft nahestehen?
7. Wenn ja, welcher?
8. Sind
alle diese Vereine ordnungsgemäß im Vereinsregister gemeldet?
Wenn nein, welcher nicht?
9. Gibt
es Vereine, über die eine Auskunftssperre verhängt wurde?
Wenn ja, welcher?
10. Sind Verbindungen eines oder mehrerer dieser Vereine zum türkischen Geheimdienst MIT bekannt?
11. Wenn ja, welche(r) Verein(e)?
12. Welche türkischen Fördereinrichtungen, die in Österreich agieren, sind dem Ministerium grundsätzlich bekannt und in welchem Umfang operieren diese Einrichtungen?
13. Werden heimische Universitäten und Forschungsstätten über türkische Think Tanks und Ministerien finanziert (z.B. SETA-Funding des Islamophobia Reports) bzw. gibt es hierüber Aufzeichnungen?
14. Wenn ja, welche heimischen Universitäten und Forschungsstätten sind das?
15. Welche Auswirkungen hatte die Novelle des Islamgesetzes auf die Finanzierung türkischstämmiger religiöser Infrastruktur in Österreich?
16. Welche Schulen und Kindergärten werden in Österreich betrieben und sind Teil eines türkischen Fördernetzwerks?