10395/J XXV. GP

Eingelangt am 04.10.2016
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Einstellung der Reißeckbahn

 

Der Anfragebeantwortung des BMVIT vom 7. September 2016 (9442/AB) kann entnommen werden, dass  die Verbund Hydro Power AG Inhaber der Konzessionen für die Reißeck- bzw. Kreuzeckbahnen ist. Laut Anfragebeantwortung wurde zudem am 4.7.2016 durch die Verbund Austrian Hydro Power AG der Antrag zur Einstellung der Reißeckbahn gestellt. Begründet wurde dies mit der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit für das Unternehmen. In §90 Seilbahngesetz findet sich dazu:

 

"Auf Antrag des Seilbahnunternehmens hat die Behörde die vorübergehende oder dauernde Einstellung einer öffentlichen Seilbahn zu bewilligen, wenn die Weiterführung dem Seilbahnunternehmen auf Grund der wirtschaftlichen Situation nicht mehr zugemutet werden kann und eine Weiterführung durch ein anderes Unternehmen nicht zu erwarten ist. Vor Entscheidung sind die Gemeinden anzuhören, deren örtlicher Wirkungsbereich berührt wird."

 

Die wirtschaftlichen Daten der VERBUND AG lesen sich gemäß Geschäftsbericht 2015 wie folgt:

51 Prozent der Anteile der VERBUND AG sind, verfassungsrechtlich verankert,  im Eigentum der Republik Österreich. Die Beteiligung der Republik Österreich als Mehrheitseigentümerin wird durch den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (vormals Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend) wahrgenommen. Laut Geschäftsbericht des Jahres 2015 betrug der Bilanzgewinn der VERBUND AG 121,6 Mio € (Vorjahr: 100,7 Mio. €) (vgl. https://www.verbund.com/-/media/verbund/ueber-verbund/investor-relations/hauptversammlung/2016/verbund_integrierter_geschaeftsbericht_2015.ashx, S. 197). Für das Jahr 2016 erwartet der VERBUND eine Steigerung des  Konzernergebnisses auf rund 230 Mio. Euro und ein EBITDA (Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen etc.) von rund 750 Mio. Euro (vgl. http://www.nachrichten.at/nachrichten/wirtschaft/Verbund-im-ersten-Quartal-mit-mehr-Gewinn-und-Umsatz;art15,2224393). Über die direkte Tochter Verbund Hydro Power GmbH ist die Verbund AG nahezu zu 100% am Tochterunternehmen VERBUND-Tourismus GmbH (VTO) beteiligt. Durch die VTO werden seitens der VERBUND AG u.a. Kraftwerke als Ausflugsziele beworben. Das Tätigkeitsfeld der VTO liest sich wie folgt:


 „Die VERBUND Tourismus GmbH (VTO) hat die Aufgabe, die im Umfeld der Hochgebirgsspeicher sowie von Laufkraftwerken gelegenen Kraftweksanalgen der VERBUND Hydro Power GmbH (VHP) für touristische Zwecke zu nutzen.“ (Geschäftsbericht 2015: S. 4)

 

Laut VERBUND-Homepage bieten diese touristischen Ausflugsziele die Möglichkeit, "hinter die Kulissen der Stromerzeugung" (https://www.verbund.com/de-at/ueber-verbund/besucherzentren) zu blicken. Dabei setzt der VERBUND als strategisches Ziel nach eigenen Angaben "auf die perfekte Mischung von Technik, Natur und Wasserkraft" (ebd.). Durch die touristische Nutzung der Kraftwerksanlagen sollen Besucher einerseits in Erlebniswelten eintauchen, gleichzeitig aber auch Wissen erwerben können. 

Aktuell zählt neben den Anlagen in Kaprun, Malta und Schlegeis auch die Kraftwerksgruppe Reißeck-Kreuzeck zu den von der VTO betreuten Ausflugszielen. Für 2015 verzeichnete die VTO einen Bilanzverlust (EGT) von rund 220.000,-- €, was eigenen Angaben zufolge jedoch auf das Auslaufen sogenannter Imagebeitragszahlungen für die Marke VERBUND von den Konzerngesellschaften in Höhe von rund 1,5 Mo. € zurückzuführen ist. Bis 2015 hat dementsprechend die VERBUND AG ihrer indirekten Tochtergesellschaft – der VTO – jährlich einen Beitrag in Millionenhöhe für Marketingmaßnahmen zur Verfügung gestellt und diesen ab 2015 ausgesetzt. Gleichzeitig haben die Kraftwerksbauarbeiten am Reißeck zu einem massiven Besucherrückgang am Standort geführt. Da bereits zum Zeitpunkt der Geschäftsberichterstellung mit längerfristigen Arbeiten am Reißeck zu rechnen war, wurde in Aussicht gestellt, dieses für das Jahr 2016 gänzlich geschlossen zu halten.


Die feierliche Eröffnung für die Kraftwerksbauarbeiten am Projekt "Reißeck II" findet am 7. Oktober 2016 statt, sodass danach keinerlei bauliche Einschränkungen für die Reißeckbahn, die als eines der Top 10 Ausflugsziele in Kärnten gilt, mehr gegeben sein werden und diese wieder touristisch genutzt werden kann.

 

Abbildung 1: Darstellung der Top 10 Ausflugsziele in Kärnten – Nr. 2: Reißeck Bergbahn (Quelle: http://www.kaernten-top10.at/de/)

 

Der wirtschaftliche Verlust für die VTO des Jahres 2015 resultiert demnach aus dem Wegfall des Imagebeitrages der VERBUND AG und der Einschränkungen am Standort Reißeck, wobei nach Wiedereröffnung der Bahn mit einer Steigerung der Besucherzahlen zu rechnen sein wird. Laut VTO wird sich der Tourismus in Österreich auch in Zukunft weiterhin stabil und krisenresistent präsentiert, und der VERBUND seinerseits durch die Tourismusanlagen an diesem Trend partizipieren. Grundsätzlich geht die VTO davon aus, dass u.a. aufgrund des bestehenden Cash-Bestandes die Liquidität für den Zeitraum „der Mittelfristplanung ausreichend gesichert“ (Geschäftsbericht 2015: 4) ist, was sich anhand der wirtschaftlichen Zahlen (bspw. Eigenkapitalquote von 88%) bestätigen lässt.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie nachstehende

 

 

ANFRAGE

 

 

1.    Welches Unternehmen (VTO, VERBUND HYDRO POWER GMBH oder VERBUND AG) wird bei der wirtschaftlichen Beurteilung im Sinne des §90 Seilbahngesetz herangezogen und warum?

2.    Gibt es eine grundsätzliche Verpflichtung des Mutterunternehmens, die Tochtergesellschaft in wirtschaftlich schwierigen Situation zu unterstützen bzw. diese mit ausreichend Kapital auszustatten?

3.    Wenn ja, inwiefern?

4.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Liegen Ihnen die Zahlen über die wirtschaftliche Lage der VERBUND AG bzw. VTO vor?

6.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Wenn ja, welche?

8.    Sehen Sie aufgrund dieser Zahlen eine Existenzgefährdung der Unternehmen bei Weiterführung der Reißeckbahn gegeben?

9.    Wenn ja, inwiefern?

10. Wenn nein, warum nicht?

11. Wird hinsichtlich der Entscheidung zur Einstellung der Bahn berücksichtigt, dass weder für das Mutterunternehmen noch für die Tochtergesellschaft (VTO) aufgrund der Ergebnisse der Konzernberichte von 2015 die wirtschaftliche Notwendigkeit zur Einstellung besteht?

12. Wenn ja, inwiefern?

13. Wenn nein, warum nicht?

14. Welchen "strengen Maßstab" (9442/AB, Frage 8) werden Sie zur Beurteilung der Genehmigung einer dauernden Einstellung der Reißeckbahn heranziehen?

15. In welchem Zeitrahmen ist mit einer Entscheidung Ihrerseits zu rechnen?

16. Werden Sie den Geschäftsbericht der VTO bei Ihrer Entscheidung berücksichtigen?

17. Wenn ja, inwiefern?

18. Wenn nein, warum nicht?

19. Werden Sie den Geschäftsbericht der VERBUND AG bei Ihrer Entscheidung berücksichtigen?

20. Wenn ja, inwiefern?

21. Wenn nein, warum nicht?

22. Werden Sie die darin vom Unternehmen VERBUND AG bzw. VTO genannten Ziele zur touristischen Nutzung der Anlagen bei Ihrer Entscheidung berücksichtigen?

23. Wenn ja, inwiefern?

24. Wenn nein, warum nicht?

25. Werden Sie die von Dritten (bspw. Alpenverein, Naturfreunde, Gemeinden, Hüttenbesitzer, etc.) - im Vertrauen auf den Weiterbestand der Bahn – getätigten Investitionen bei Ihrer Entscheidung berücksichtigen (siehe Anhang bzw. https://www.kleinezeitung.at/kaernten/oberkaernten/aktuelles_oberkaernten/5085310/Reisseck_Reisseckbahn_Alpenverein-uberlegt-Klage)?

26. Wenn ja, inwiefern?

27. Wenn nein, warum nicht?


Anhang

 

 

Abbildung 2: Auszug aus einem Bericht der Kleinen Zeitung v. 15.09.2016, abrufbar unter: https://www.kleinezeitung.at/kaernten/oberkaernten/aktuelles_oberkaernten/5085310/Reisseck_Reisseckbahn_Alpenverein-uberlegt-Klage