10493/J XXV. GP

Eingelangt am 12.10.2016
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Anfrage

 

 

des Abgeordneten Stefan

und weiterer Abgeordneter

an den Bundeskanzler

 

betreffend Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich

 

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) wurde 2015 erstmals als Religionsgesellschaft anerkannt, als Folge des sogenannten Islamgesetzes 2015 (BGBl. I Nr. 39/2015). Die frühere Genehmigung einer ersten islamischen Kultus- (Religions-) Gemeinde und von Statuten einer Islamischen Glaubensgemeinschaft, erteilt durch Bescheid des Kultusbehörde vom 2. Mai 1979, sowie die sogenannte Islam-Verordung (BGBl. 466/1988), waren durch den Verfassungsgerichtshof mit Wirksamkeit vom 1. September 1988 aufgehoben worden (BGBl. 144/1988).

Die Anerkennung der IGGÖ als Folge des Islamgesetzes 2015 erfolgte, obwohl die IGGÖ keine einzige der Voraussetzungen des Gesetzes betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften (RGBl. 68/1874) erfüllte, im übrigen auch nicht die Voraussetzungen des Islamgesetzes 2015.

Insbesondere wurden nicht offengelegt, 1. die Zahl der Mitglieder, 2. die wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit, 3. die religiöse Lehre.

Zu den Fragen:

a)    Der Verfassungsgerichtshof hatte in seiner Entscheidung vom 1. Dezember 2010 (B1214/09) sinngemäß festgestellt, dass kein Alleinvertretungsanspruch einer einzigen Glaubensgemeinschaft für alle Muslime („Anhänger des Islam“) vorgesehen sei. Der Herr Bundeskanzler hatte in seiner Anfragebeantwortung vom 11. Mai 2016 betr Frage 12 geantwortet, keiner der drei bestehenden islamischen Gemeinschaften komme ein alleiniger Vertretungsanspruch oder eine „Verwaltung aller religiösen Belange“ zu.

b)    Die Kultusbehörde hatte anlässlich der Anträge (auf Anerkennung als Religionsgesellschaft) der Alevitischen, Schiitischen und Sunnitischen Glaubensgemeinschaften vollständige Mitgliederverzeichnisse verlangt, einschließlich persönlicher Ausweis- und Meldedaten. Zumindest die Daten der Schiitischen Glaubensgemeinschaft waren in der Folge von der Kultusbehörde unbegründet an die IGGÖ weitergegeben worden, ungeachtet des Datenschutzes.

c)    Gemäß Art 19 Abs 3 der Statuten der IGGiÖ (Stand 2016) ist eine Kultusgemeinde nur zulässig, wenn sie mindestens 1000 Mitglieder aufweist. Aus den veröffentlichten Ergebnissen der IGGiÖ-Wahl 2011 geht hervor, dass kein einziger der daran teilnehmenden Vereine und Gruppen auch nur annähernd diese Zahl erreichte – wobei die IGGiÖ zum damaligen Zeitpunkt noch nicht als Religionsgesellschaft anerkannt war; bzw Einzelpersonen von der Wahl ausgeschlossen worden waren. Gemäß § 4 Anerkennungsgesetz 1874 sind Kultusgemeinden staatlich zu genehmigen.

d)    Religionsgesellschaften, daher auch die IGGiÖ, und Kultusgemeinden haben ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit nachweisen.

e)    Lt Art 9 Abs 3 der Statuten der IGGiÖ müssen die Mitglieder des Obersten Rates der IGGÖ Mitglieder des Schurarates sein. Von der IGGiÖ werden jedoch 15 Mitglieder des Obersten Rates angezeigt (Stand vom 21. September 2016), jedoch nur 5 Mitglieder des Schurarates.

f)     Aussendungen der „Liga Kultur“ und der „Initiative Muslimischer Österreicherinnen“ zufolge, wurden in der Vergangenheit von der IGGiÖ wiederholt Gelder an die Hamas überwiesen; unter anderem an das „Al Salah Islamisches Komitee“ in Gaza, welches die Ezzedin al-Qassam-Einheiten der Hamas finanziert.

g)    Die IGGiÖ verfügt über keine einzige Gebetseinrichtung (bzw „Moschee“), sondern überlässt diesen Bereich zur Gänze privaten Vereinen und Gruppen. in diesen privaten Einrichtungen wurde in der Vergangenheit wiederholt politische Wahlpropaganda betrieben. Bzw erfolgten in solchen Einrichtungen etwa Verlautbarungen zB der türkischen Regierung.

h)    Innerhalb der IGGiÖ waren und sind Gruppen tätig – jeweils mit Mitgliedern in den Führungsgremien der IGGiÖ – die politische Parteien sind und/oder politische Agenda verfolgen. Darunter sind die Muslimbruderschaft; die Milli Görüş (in der Türkei Saadet Partisi), und die sogenannten Grauen Wölfe (türkische Partei der Nationalistischen Bewegung – Milliyetçi Hareket Partisi). Diese Gruppen stellen auch einen Großteil der islamischen Religionslehrer. Weiters Gruppierungen der türkischen AKP, zB die UETD und der Wirtschaftsverband MÜSIAD.

i)     Die türkische Religionsbehörde Diyanet ist in Österreich durch die Organisation ATIB vertreten. Imame und Führungspersonal der ATIB sind Beamte des türkischen Staates; Vorstand der ATIB ist ein türkischer Botschaftsrat; die ATIB ist dem Diyanet über die türkische Botschaft weisungsgebunden.

j)      Die bosnischen Vereine in Österreich wurden durch die Kultusbehörde im BKA angewiesen, ihre Statuten dahin gehend zu ändern, dass die Vereine dem islamischen Großmufti in Bosnien unterstellt sind, und Vereinsvorstände nur von Bosnien aus besetzt werden können – bei sonstiger Auflösung des jeweiligen Vereins.

k)    Die IGGÖ hatte am 20. Dezember 2015, erst lange nach Inkrafttreten des Islamgesetzes 2015, eine „Glaubenslehre“ vorgelegt, die sehr allgemein gehalten ist und nur entfernt Teile des Islam berücksichtigt, auch dort vorwiegend sunnitische Inhalte. Diese Glaubenslehre unterscheidet sich nur marginal von den davor vorgelegten Glaubenslehren der Schiitischen und Sunnitischen Glaubensgemeinschaften. Dagegen enthält die Glaubenslehre Inhalte, die mit geltendem Recht nicht vereinbar sind; zB die Herabsetzung der christlichen Lehre, indem Jesus als Prophet Allahs dargestellt wird.

l)       

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler nachstehende

 

Anfrage:

 

1.    Auf welcher Rechtsgrundlage wurde bei der Anerkennung der IGGiÖ als Religionsgesellschaft von der Erfüllung der Voraussetzungen des Anerkennungsgesetzes 1874 und des Islamgesetzes 2015 abgesehen?

 

2.     Zu a) Ist Art 3 Abs 1 der Statuten der IGGiÖ (Fassung vom 26.06.2016) damit vereinbar?

 

a.    Wenn ja, wurde berücksichtigt, dass die Meldebehörden mindestens bis zur Anerkennung der Islamischen Alevitischen Glaubensgemeinschaft als Religionsgesellschaft am 22. Mai 2013 (BGBl. 133/2013) bei sämtlichen Anhängern des Islam automatisch „Islam“ eingetragen hatten, unabhängig von ihrer Glaubensrichtung?  

 

b.    Wenn nein, weshalb wurde die Verfassung der IGGÖ einschließlich des Alleinvertretungsanspruches dennoch genehmigt?

 

 

3.    Zu b) Wurden von der Kultusbehörde auch vollständige Mitgliederverzeichnisse von der IGGÖ eingefordert?

a.    Wie viele Mitglieder gab die IGGiÖ der Kultusbehörde an, und wann?

 

4.    Zu c) Wie viele und welche Kultusgemeinden gehören der IGGiÖ an? (Insbesondere betr Art 9 Abs 3 der Statuten der IGGiÖ, wonach jede Kultusgemeinde zumindest mit einem Mitglied im Obersten Rat vertreten sein soll.)

a.    Wann wurde welche Kultusgemeinde genehmigt?

b.    Wie viele Mitglieder umfassen die einzelnen Kultusgemeinden?

c.    Haben diese Kultusgemeinden Statuten iSd § 8 Islamgesetz 2015 vorgelegt und sind diese genehmigt worden?

 

5.    Zu d) Wurden – vor Anerkennung – solche Nachweise erbracht und von der Kultusbehörde überprüft?

 

6.    In welchem Zusammenhang mit der IGGiÖ steht dabei die Privatstiftung Anas Schakfeh, über die bisher Teile der IGGiÖ-Finanzierungen flossen?

Ist sie Teil der IGGÖ?

 

7.    Da sich die IGGiÖ laut Art 2 Abs 2 Z 2 ihrer Statuten selbst als „Oberbehörde“ definiert, ist eine solche Definition mit staatlichen Recht vereinbar?

 

8.    Zu e) Wurde diese Diskrepanz von der Kultusbehörde überprüft?

 

9.    Zu f) Ist seitens der Kultusbehörde, aus Sicht ihrer staatlichen Aufsichtspflicht, sichergestellt, dass keine (weiteren) Zahlungen der IGGiÖ an terroristische Vereinigungen mehr erfolgen? (§ 4 Abs 2 Islamgesetz 2015)

 

10. Wer darf öffentliche Moscheen in Österreich betreiben?

 

11. Zu g) In welcher Weise und in welchem Umfang übt die IGGiÖ Kontrolle über die als „islamisch“ auftretenden Kultusgemeinden, Vereine und Gruppen aus, und in welcher Weise wird das von der Kultusbehörde überprüft?

a.    Erfüllt eine Religionsgemeinschaft, die über keine eigenen Kultuseinrichtungen verfügt, generell die Anforderungen an eine Religionsgesellschaft?

 

12. Zu h) In welchem Zusammenhang stehen politische Parteien und Gruppierungen mit einer Religionsgesellschaft?

a.    Welche Einflussnahme wird von diesen politischen Gruppierungen auf die IGGiÖ ausgeübt?

b.    Ist das mit dem Zweck des Islamgesetzes 2015 – Ausschaltung ausländischer Einflüsse – vereinbar und in welcher Weise wurden diese Tätigkeiten von der Kultusbehörde überprüft?

 

13. Zu i)Ist die Übernahme des Vorsitzes – und zahlreicher Leitungsfunktionen – der IGGÖ durch eine ausländische Behörde mit dem Islamgesetz 2015 vereinbar?

a.    Wurde diese ausländische Einflussnahme auf eine österreichische Religionsgesellschaft von der Kultusbehörde überprüft? Mit welchem Ergebnis?

 

14. Zu j) Sind die bosnischen Vereine Mitglieder der IGGiÖ?

a.    Wie viele Mitglieder sind betroffen?

b.    Wie ist diese Weisung der österreichischen Kultusbehörde mit dem Ausschluss ausländischen Einflusses vereinbar?

c.    Ist die Kultusbehörde zuständig, Vereine aufzulösen?

    

15. In welchem Zusammenhang steht der Verein „Islamische Vereinigung Ahl-ul-beyt“, welcher von der iranischen Regierung kontrolliert wird, mit der IGGiÖ?

    

16.  Zu k) Weshalb erfolgte eine Anerkennung der IGGiÖ, ohne daß diese zuvor eine Glaubenslehre vorgelegt hatte?

a.    Wurde von der Kultusbehörde geprüft, ob sich diese Glaubenslehre auf eine bestimmte Religion (bzw –richtung) bezieht, und ob sie mit der Vorgabe des § 1 Z 1 Anerkennungsgesetz 1874 vereinbar ist?

b.    Mit welchem Ergebnis?