10595/J XXV. GP

Eingelangt am 13.10.2016
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Hermann Brückl

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Aussagen im Gastkommentar des oberösterreichischen Landespolizeidirektor in den OÖ Nachrichten

 

In der Wochenblick-Ausgabe vom 21. September wird der oberösterreichische Sicherheitslandesrat Elmar Podgorschek anlässlich einer aktuellen Umfrage des IMAS-Instituts im Auftrag der „Kronen-Zeitung“, wonach sich nur jeder vierte Oberösterreicher in Österreich „sehr sicher“ fühle, unter Berufung auf ein Interview mit der Bezirksrundschau wie folgt zitiert:

 

Der Großteil der Flüchtlinge, die gekommen sind, sind keine Kriegsflüchtlinge, sondern Wirtschaftsmigranten. Aus deren Sicht haben sie unsere Schwäche ausgenutzt und jetzt sind sie da.“ Angesichts der Realitäten müsse man endlich sagen: „Wir schaffen es nicht!“ Der Sicherheits-Landesrat weiter: „Wir können nicht die ganze Welt retten. Ich sage immer: Wer versucht Kalkutta zu retten, wird am Ende selbst zu Kalkutta.“ Was das am Ende bedeutet, skizziert Podgorschek ohne Umschweife: „Wenn ich an die nächste oder übernächste Generation denke, da sind ja Bürgerkriege vorprogrammiert.

 

Der oberösterreichische Landespolizeidirektor Andreas Pilsl B.A M.A. hat sich in einem Gastkommentar in der Tageszeitung Oberösterreichischen Nachrichten vom 22. September – augenscheinlich als Reaktion – derart geäußert:

 

Wem nutzt es, wenn entgegen allem Wissen und entgegen empirischer Datenlage das Sicherheitsgefühl der Menschen erodiert und der Glaube, dass die menschliche Gesellschaft auf eine gute Zukunft zusteuert, abnimmt? Wem nutzt es, wenn zunehmend Angst das Denken der Menschen zu lähmen beginnt und der Wut am Weg zur Wahlurne das Wort geredet wird und nicht der Vernunft? Wem nutzt es, wenn in zivilisierten Gesellschaften leichtfertig das Wort Krieg in die Alltagsrhetorik aufgenommen wird und die Ausweitung der Macht der Mächtigen als „alternativlos“ für das Fortkommen oder gar für das Überleben des Einzelnen gefordert wird?

Dieser gemeinsame Erfolg wird uns aber abgesprochen und zersetzt. Durch jene, die politisch motivierte schwere Verbrechen zum „Krieg“ aufwerten, um selber (von allen zivilisatorischen Schranken befreit) „Krieg“ inszenieren zu können. Durch jene, die den globalen Werte-, Waren-, Daten- und Menschenaustausch als Ende und nicht als Anfang einer großartigen Geschichte predigen, um an der Angst davor mächtig zu verdienen – in Geld oder politischem Zuspruch.


Wir sollten in Gestaltung und nicht in Verhinderung investieren, in Ausgleich und nicht in Übermacht, in polizeiliches Agieren und nicht militärisches Eliminieren. Als umfassend ausgebildete Polizei haben wir Zivilisiertheit weiter zu entwickeln, Rechtsstaatlichkeit zu sichern und nicht den Krieg herbeizureden, haben wir mit Nachdruck Sicherheit für alle zu garantieren, und nicht den Kampf zu suchen, haben wir auf die Entwicklungsfähigkeit der Zivilgesellschaft zu vertrauen und uns nicht ausschließlich für die Eskalation zu rüsten.

 

Bereits am 14. Jänner 2016 wurde der Herr Polizeidirektor Andreas Pilsl B.A. M.A. in der Tageszeitung Österreich, nachdem er auf die Tatsache angesprochen wurde, dass Landeshauptmann Dr. Pühringer und die weiteren Mitglieder der OÖ Landesregierung ihn ersucht haben, bei der nächsten Regierungssitzung einen Lagebericht über die Situation rund um das damals noch in Betrieb befindliche Transitzelt in der Stadt Schärding abzuliefern, wörtlich zitiert mit den Worten: „Dann kann ich Leuten, die keinerlei Kompetenz haben, aber zusätzlich Öl ins Feuer gießen, erklären, was los ist!“. Denn es gebe keine Sicherheitsproblematik in Schärding. „Es braucht niemand Angst zu haben.“

 

§ 43 Abs. 2 BDG schreibt vor, dass „der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt“. Der VwGH hat hierzu ausgesprochen, dass die Worte „in seinem gesamten Verhalten" den Schluss zulassen, dass hierdurch nicht nur das Verhalten im Dienst gemeint sei, sondern auch durch außerdienstliches Verhalten Rückwirkungen auf den Dienst entstehen (VwGH 20.10.1982, 82/09/0046; 14.11.1983, 82/12/0156; 29.06.1988, 86/09/0164, 31.05.1990, 86/09/0200).

 

Der § 56 Abs. 1 BDG wiederum normiert, dass eine Nebenbeschäftigung jede Beschäftigung ist, die der Beamte außerhalb seines Dienstverhältnisses und einer allfälligen Nebentätigkeit ausübt. Darüber hinaus darf der Beamte gemäß § 56 Abs. 2 BDG keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung seiner Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet.

 

Dieses Verbot bezieht sich auf jede Nebenbeschäftigung, unbeachtlich ob diese erwerbsmäßig, nicht erwerbsmäßig oder ehrenamtlich ausgeübt wird.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage:

 

1.    Inwiefern sind die des oberösterreichischen Landespolizeidirektors in seinem Gastkommentar getätigte Aussagen, die sich augenscheinlich auf das Interview von Sicherheitslandesrat Elmar Podgorschek beziehen, mit seinen beruflichen Pflichten vereinbar?

2.    Liegt hier unter Umständen eine Verletzung von § 43 Abs. 2 vor, wonach „Beamte in ihrem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt“?


3.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Fällt das Verfassen von Kommentaren durch einen Beamten und deren Veröffentlichung in Tageszeitungen unter den § 56 BDG?

5.    Wenn nein, warum nicht?

6.    Liegt im gegenständlichen Fall eine allfällige Verletzung des § 56 Abs. 2 BDG vor, insbesondere in Hinblick auf eine vermutete Befangenheit?

7.    Wenn nein, warum nicht?