10632/J XXV. GP

Eingelangt am 20.10.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Peter Pilz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend die Sorgen der Bundesheeroffiziere

BEGRÜNDUNG

 

Mit 1. Oktober 2016 nahm das Bundesheer die neue Truppengliederung seiner Großverbände ein. Dabei wurden vier Brigaden mit spezialisierten Aufgaben eingerichtet, die in den auf der Webseite bundesheer.at verfügbaren Unterlagen so beschrieben werden:

·        Das Kommando Schnelle Einsätze (KSE) wird aus der bisherigen 3. Panzergrenadierbrigade aufgestellt. 

-       Rasch verfügbar für Einsätze im In- und Ausland und Spezialisierung auf den Einsatz im urbanen Gelände 

-       Hauptaufgabe ist die Unterstützung der Abwehr terroristischer Bedrohungen und die

-       Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung nach einer Terrorsituation, in der mit den

-       Sicherheitskräften nicht das Auslangen gefunden wird. 

-       Stärkung der Militärpolizei

·        Die 4. Panzergrenadierbrigade bildet die „Schwere Brigade“.

-       Zusammenfassung aller mechanisierten Kräfte des Bundesheeres

-       Vorgesehen für robuste Einsätze im In- und Ausland

-       Fähigkeitserhalt zur konventionellen militärischen Landesverteidigung

·        Die 7. Jägerbrigade bildet die „ Leichte Brigade“. 

-       Vorgesehen für Einsätze zur Stabilisierung im Ausland

-       Unterstützung des Kommandos Schnelle Einsätze im Inland

-       Luftlandefähig

·        Das Kommando Gebirgskampf entsteht aus der ehemaligen 6. Jägerbrigade. 

-       Spezialisierung für Einsatz im Mittel- und Hochgebirge

-       Übernimmt Aufgaben im Rahmen eines europäischen Zentrums für Gebirgskampf 

-       Koordinierung der Ausbildung der gebirgsbeweglichen Truppen des Bundesheeres

 

Auffällig ist dabei der starke Fokus auf „Einsätze im Inland“ – sogar robuste Einsätze im Inland durch die gepanzerte „schwere Brigade“ sind demnach Teil der Planungen.

In der von der österreichischen Offiziersgesellschaft heraus gegebenen Zeitschrift „Der Offizier“ erläutert Brigadier Harald Pöcher, Leiter der Revisionsabteilung B im BMLVS, welche Einsätze im Inland für das Bundesheer anstehen:

„Es gilt nunmehr, unter einer Vorwarnzeit von nahezu „null“, genügend Streitkräfte mit der bestmöglichen Ausrüstung zur Verfügung zu haben, um die Exekutive zu unterstützen, wenn sie eine eskalierende Lage nicht mehr unter Kontrolle halten kann. Beispiele wären etwa gegen Österreich gerichtete Großdemonstrationen, Gewalttätigkeiten zwischen verfeindeten Zuwanderergruppen oder Auseinandersetzungen extremistischer Formationen etc.“

Brigadier Pöchers weitere Ausführungen sind durchaus aufschlussreich hinsichtlich der Sorgen der Bundesheeroffiziere:

„Genauso wie sich die Schulmedizin mit der Bekämpfung der ständig mutierenden Bakterien und Viren schwertut, ergeht es den Sicherheitsexperten bei der Einschätzung der bestmöglichen Abwehrmaßnahmen gegen Terrorangriffe. Terrorismus in Europa stellt eine ernsthafte Bedrohung unserer, auf christlichen Werten basierenden, Lebensgrundlage dar, der nur mit einer engen Zusammenarbeit aller Einsatzkräfte – unabhängig von der rechtlichen Zuständigkeit – wirkungsvoll begegnet werden kann. Ohne hier die Leserschaft verunsichern zu wollen, reichen die Terrorbedrohungen von Cyberangriffen über den Einsatz von ferngesteuerten Spielzeugflugzeugen, welche auf Menschenansammlungen Giftgas versprühen können, bis hin zu Sprengstoffanschlägen aller Art oder, wie jüngst, Überfällen mit automatischen Waffen oder Messerattacken.“

Diese Ankündigungen bestätigen den seit längerem erkennbaren Trend in Ihrer Politik, das Bundesheer zu einer „schweren Polizei“ umzubauen und damit das Aufgabenfeld der inneren Sicherheit militarisieren zu wollen, und lassen gleichzeitig einen Hang zur Panikmache und Überdramatisierung erkennen, der diesen Umbau offenbar rechtfertigen soll.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE

 

1)    Handelt es sich bei den oben zitierten Ausführungen Brigadier Pöchers um Planungsannahmen des österreichischen Bundesheeres?

2)    Bei welchen Großdemonstrationen in Österreich soll das Bundesheer eingesetzt werden?

3)    Entsprechen die Demonstrationen der Erdogan-Trupps diesem Profil?

4)    Entsprechen die Demonstrationen gegen den rechtsextremen Akademikerball diesem Profil?

5)    Für welche „robusten Einsätze im Inland“ planen Sie den Einsatz von Kampfpanzern?

6)    Gegen wen ist der Einsatz der Schweren Brigade im Inland geplant?

7)    Wie und unter welchen Umständen können Kampfpanzer im Inland eingesetzt werden, um für Sicherheit und Ordnung zu sorgen?

8)    Gehört die Abwehr von Spielzeugflugzeugen zu den neuen Aufgaben der österreichischen Luftwaffe?

9)    Welche Waffensysteme des Bundesheeres sind zur Bekämpfung von „Spielzeugflugzeugen, welche auf Menschenansammlungen Giftgas versprühen können“ geeignet?

10) Im Bericht des Generalstabs „ÖBH 2018“ werden Investitionen von 35 Millionen Euro zur Beschaffung von „erweiterter Schutzausrüstung für den Ordnungseinsatz für infanteristische Kampftruppen … im Bereich

CRC (Crowd and Riot Control)“ angekündigt. Im Landesverteidigungsausschuss haben Sie erläutert, dass dies auch für den Inlandseinsatz gedacht sei. Welche Umstände sollen nach Ihren Plänen zu diesem Einsatz „infanteristischer Kampftruppen“ im Inland führen, wie sollen diese aussehen und gegen wen sollen sie sich richten?

11) Nach diesem Bericht sollen zu diesem Zweck auch „minder letale Wirkmittel“ beschafft werden. Um welche „minder letalen Wirkmittel“ handelt es sich dabei im Einzelnen?

12) Wie letal sind „minder letale Wirkmittel“?

13) Gegen wen sollen „minder letale Wirkmittel“ eingesetzt werden?

14) Im Ministerratsvortrag vom 27.9.2016 wird eine Änderung des Entsendegesetzes (KSE-BVG) im Verfassungsrang angekündigt, um zukünftig Entsendungen zum Schutz der EU-Außengrenzen durchführen zu können. Damit wird bestätigt, dass derzeit ein solcher Einsatz des Bundesheeres verfassungsrechtlich nicht zulässig wäre. Halten Sie dennoch an der verfassungswidrigen Entsendung von Bundesheersoldaten nach Ungarn fest, die offenbar zur Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen als humanitärer Einsatz getarnt wurde?

15) Wie soll nach Ihren Plänen bei der angekündigten Stärkung der Kapazitäten von HNaA und Abwehramt zur Terrorismusprävention die notwendige Kontrolle derartiger Aktivitäten ermöglicht werden?

16) Ist die Beschaffung „minder letaler Wirkmittel“ für Einsätze im Inland mit dem BMI abbesprochen?

17) Ist der Einsatz der Schweren Brigade zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung im Inland mit dem BMI abbesprochen?

18) Warum versuchen Sie, aus dem BMLVS ein zweites Innenministerium und aus dem Bundesheer eine Schwere Polizei zu machen?