10650/J XXV. GP

Eingelangt am 31.10.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kollegin und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Herabsetzung der Spielbankenabgabe

 

Die Herabsetzung der Spielbankenabgabe (SBA) am 01.01.2011 auf den in Europa unüblich tiefen Satz von 30% (davor 48% auf Bruttospielertrag für Automaten und progressiver Satz bis zu 75% für Bruttospielertrag aus Tischspielen, was einem durchschnittlichen Abgabesatz von rund 55% entsprach) kam ausschließlich dem Monopolisten Casinos Austria AG (CASAG) und seinen Aktionären zugute. Mit einem durchschnittlichen Abgabesatz von 55% war die SBA schon davor auf einem, im Vergleich zu anderen Monopol- und streng regulierten Oligopolmärkten, in Europa tiefen Niveau gelegen. Zum Vergleich: beispielsweise hat die Schweiz im Vergleichszeitraum den durchschnittlichen, über den Gesamtmarkt gerechneten, Steuersatz von 50% auf 60% erhöht. Es existiert in Europa kein regulierter Monopl- und Oligopolmarkt mit einem vergleichsweise tiefen Gesamtabgabe-Satz für Casinos wie in Österreich.

Die ebenfalls seit 01.01.2011 eingehobene 20% Umsatzsteuer auf Bruttospielerträge aus Spielautomaten der Österreichischen Casinos vermag den durch die Senkung der Spielbankenabgabe hervorgerufenen Ertragsausfall bei weitem nicht zu kompensieren.

In einer Anfragebeantwortung aus dem Jahr 2012 gibt die damalige Finanzministerin Dr. Maria Fekter an, dass durch die Reduzierung des Steuersatzes der Staat mit jährlichen Mindereinnahmen von ca. 15 Mio. Euro zu rechnen hat. Allerdings fehlt die Herleitung dieser Annahme.

Die Bemessungsgrundlage für die SBA sind die Bruttospielerträge (Differenz aus Spieleinsätzen und Gewinnausschüttungen). In den Jahren 2009 und 2010 sind diese noch extra in den Geschäftsberichten der Casinos Austria AG ausgewiesen, nach der Reduzierung der Steuer werden allerdings nur noch nicht näher spezifizierte „Spielerlöse“ (vermutlich inkl. Eintrittsjetons, Nebenerträge) bzw. nicht näher spezifizierte „Umsatzerlöse" (vermutlich inkl. Gastronomie und Nebenerträge) ausgewiesen. Daher kann der tatsächliche Steuerentgang seit 2011 nicht mehr nachvollzogen und ausgerechnet werden. Unter Anwendung einer Modellrechnung, basierend auf den letzten veröffentlichen Bruttospielertragszahlen 2009, hätte man mit Mindereinnahmen von über € 32 Mio. und 2010 von ca. € 23 Mio. ausgehen können.

Modellrechnung anhand Bruttospielerträgen 2009 und 2010

Bruttospielertrag in Mio. Euro

182

162

Spielbanken auf Automaten und Tischspiel gemäss G.u.V. Geschäftsbericht CASAG 2009 und 2010 (im Durchschnitt ca. 55% des Gesamt-BSE)

102.9

87.3

reduzierte Spielbankenabgabe unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer auf den Automaten-BSE, total ca. 39.7 % des Gesamt-BSE

72,56

64.38

Theoretische Differenz aus Senkung Spielbankenabgabe anhand Modellrechnung 2009 und 2010

30,34

22,92

 

Durch den Druck der Europäischen Kommission und möglichen Mitbewerben wie Novomatic einigte sich die Regierung, Lizenzen in Zukunft europaweit auszuschreiben. Die Ausschreibung von drei neuen Lizenzen begann im November 2012 und endete im Juni 2014. Die Vergabe wurde allerdings wieder aufgehoben, nachdem die CASAG nicht zum Zug kam und daher Einspruch beim Bundesverwaltungsgericht einlegte. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zeigte eine vernichtende Kritik an der Ausschreibungspraxis des BMF auf. Die CASAG ist noch immer Monopolist, da es bis dato zu keiner neuen Ausschreibung und Vergabe gekommen ist. Laut Medienberichten wird der Start der neuerlichen Ausschreibung im Herbst 2016 sein. Es könnte laut internen Meldungen aus dem BMF aber auch dazu kommen, dass die Lizenzen nicht neu ausgeschrieben sondern direkt vergeben werden. Das bedeutet, dass - wenn überhaupt - erst frühestens im Herbst 2018 mit einer definitiven Vergabe zu rechnen ist. Die CASAG kommt damit in den Genuss, mindestens acht Jahre einen vergünstigen Steuersatz zu bezahlen und noch immer Monopolist zu sein.

Ab 2011 änderte sich die Darstellung im Geschäftsbericht "Spielerlöse Casinos Österreich" in eine Zahl, die deutlich über den eigentlichen Bruttospielerträgen liegt. Es ist nicht näher beschrieben, welche Erträge sich hinter dem Terminus "Spielerlöse" exakt verbergen. Es ist erstaunlich, dass ab 2010/2011 die BSE der 12 Österreichischen Casinos, immerhin der wichtigste operative Ertragsposten der CASAG, nicht mehr angeführt worden sind und auch die Senkung der Spielbankenabgabe in den Jahresberichten mit keinem Wort erwähnt worden ist.

Durch die Zusammenführung dieser Tatsachen ergeben sich folgende Schussfolgerungen und Fragen:

Conclusio 1: Der Staat hat ein Glückspielunternehmen, welches ein Monopol besitzt, subventioniert. Der Staat hat seit 2011 damit auf ca. 150 Mio. Euro  (jährlich ca. 25 Mio. Euro laut Modellrechnung) verzichtet. Das bedeutet, der Steuerzahler hat die Entschuldung eines Glückspielkonzerns finanzieren müssen. Profiteure waren neben der CASAG natürlich auch deren Aktionäre wie Uniqua und Raiffeisen.

Conclusio 2: Man kann durchaus von einem Deal sprechen wenn man sich die Sachlage ansieht, dass die Spielabgabe gesenkt wurde, dafür aber drei zusätzliche Lizenzen vergeben werden können. Das brachte der CASAG die Entschuldung und - bei einem optimalen Verlauf - dem Steuerzahler kein Minus. Dazu kam es allerdings nicht, da die Lizenzen bis dato noch immer nicht vergeben wurden.

Conclusio 3:  Warum die Spielbankenabgabe bereits 2011 um über 1/3 reduziert wurde (während in vergleichbaren Märkten in Europa zur gleichen Zeit die SBA erhöht wurde) bleibt unklar. Zu diesem Zeitpunkt und bis dato ist die Marktsituation die gleiche. War es wirklich im Sinne des Gesetzgebers auf Steuereinnahmen zu verzichten oder ging es darum, die CASAG auf eine mögliche neue Wettbewerbssituation vorzubereiten?

Conclusio 4: Das Argument, warum die Abgabenreduktion mit der niedrigeren Besteuerung des kleinen Glücksspiels begründet wird, kann nicht nachvollzogen werden, da einzelne Bundesländer diese Konkurrenz früher oder später eliminiert haben und somit die CASAG nicht nur durch den günstigeren Satz profitiert, sondern auch durch die Eliminierung von Konkurrenz.

Conclusio 5:  Die Funktion des Eigentümervertreters der ÖBIB wird vom Bundesministerium für Finanzen wahrgenommen. Die ÖBIB hält derzeit Anteile von 33,24%. Dies könnte zu erblichen Komplikationen bei einer neuerlichen Ausschreibung durch das BMF kommen.

Conclusio 6: In den Geschäftsberichten 2009 und 2010 werden die Bruttospielerträge, die als Bemessungsgrundlage für die Spielbankenabgabe dienen, extra ausgewiesen. In den folgenden Jahren, nach der Reduzierung der Steuer, wird diese nicht mehr extra angeführt.

 

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:



1.    Warum wurde die Ausschreibung der drei Lizenzen erst 2012 gestartet, obwohl die Reduktion der Spielbankenabgabe bereits ein Jahr vorher fixiert wurde?

2.    Warum wurde die Spielbankenabgabe bereits 2011 gesenkt, obwohl der Markt und die Konkurrenzsituation bis dato unverändert ist?

3.    Wie viel ist dem Staat bisher durch die Senkung der Spielbankenabgabe seit dem Jahr 2011 entgangen? (bitte um jährliche Auflistung und genaue Erläuterung der Berechnungsmethode)

4.    Wie hoch waren die Bruttospielerträge (Berechnungsgrundlage für die Spielbankenabgabe) seit dem Jahr 2005? (bitte jährliche Auflistung)

5.    Warum wurde die Darstellung der Bruttospielerträge im Geschäftsbericht geändert? (wie setzen sich die Bruttospielerträge vor und nach der Änderung zusammen)

6.    Wie hat sich der Schuldenstand der CASAG seit 2005 bis heute verändert?

7.    Werden die Lizenzen neu ausgeschrieben?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Wie soll garantiert werden, dass es bei der neuen Ausschreibung zu keinem Interessenkonflikt seitens des BMF kommt, das als Eigentümervertreter der ÖBIB derzeit 33,24 % an der CASAG hält?

9.    Welche Änderungen in Bezug auf die Ausschreibungspraxis des BMF wird es im Vergleich zur letzten Ausschreibung, die ein vernichtendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nach sich zog, geben? (Bitte um einzelne Auflistung der Maßnahmen in Bezug auf das Urteil des BVwG)