10972/J XXV. GP

Eingelangt am 24.11.2016
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend kriminelle Marokkanerszene hält Innsbruck weiterhin in Atem

 

Die Tiroler Tageszeitung setzte am 02. November 2016 folgende Pressemitteilung ab:

 

Rapoldipark bleibt Brennpunkt

 

Eine Bewohnerin der Sillinsel berichtet von untragbaren Zuständen. Im Rapoldipark sind vermehrt Mitglieder der nordafrikanischen Drogenszene präsent. Alle Parteien fordern Lösungen, ein Patentrezept hat niemand.

 

Innsbruck - Sie habe sich in einer Art Hölle wiedergefunden. Eine Anrainerin des Rapoldiparks schildert auf drastische Weise ihre Lebenswelt. Sie tat dies in einem Brief an die Mitglieder des Gemeinderats, der sich wie ein verzweifelter Hilferuf liest. "Das Stadtgebiet Pradl, Rapoldipark, Sillinsel, Museumstraße, Bahnhofsgelände ist in einem erschreckenden Ausmaß zum Herrschaftsgebiet regelloser junger Männer afrikanischarabischer Herkunft geworden." Rund um ihre Wohnung würden "junge, dubiose Typen" Drogen deponieren, holen und ungeniert ihre Geschäfte abwickeln.

 

Die Anrainerin berichtet auch von Belästigungen gegenüber Frauen. "Wieso müssen wir Frauen uns im Jahre 2016 in Innsbruck die präpotenten Gesten und Worte dieser verrohten Typen gefallen lassen?", fragt sie die Innsbrucker Politiker.

 

Die TT hat die Sicherheitssprecher der Innsbrucker Gemeinderatsfraktionen um eine Stellungnahme dazu gebeten. Alle haben eingeräumt, dass ihnen diese Probleme bereits bekannt seien. Kurt Wallasch (Für Innsbruck) fordert, dass den Kriminellen der Aufenthalt so unangenehm wie möglich gemacht werden müsse. "Dazu gehört, den Kontrolldruck durch Exekutive und Justiz permanent zu erhöhen. Das benötigt entsprechende Ressourcen." Es sei nun mal Faktum, dass sich die Sicherheitslage in Innsbruck verändert habe, sagt Franz Gruber (ÖVP)."Es braucht eine Verschärfung des Strafrechts." Er erklärt, dass nicht nur Innsbruck, sondern Europa ein Problem mit Marokkanern habe. "Der Druck auf Marokko muss erhöht werden, immerhin gehen viele Geldmittel dorthin."

 

"Ein Bürgermeister Rudi Federspiel würde mit den Nordafrikanern anders ums Eck fahren", verkündet der FPÖ-Stadtparteiobmann. Auf die Nachfrage, wie das konkret ausschauen würde, erklärt Federspiel: "Ich würde sie Tag und Nacht kontrollieren und so lange lästig sein, bis sie die Stadt verlassen." Bis es so weit sei, verlangt Federspiel politische Rückendeckung und Personal für die Polizei.

 

Ungewohnt harte Worte kommen von der SPÖ: "Ich bekomme eine Wut im Bauch, weil es keine Gesetze gibt, um die Situation in den Griff zu bekommen", sagt Helmut Buchacher. Man gerate sofort ins rechte Eck, wenn man das sage, aber "es kann nicht sein, dass wir straffällige Ausländer nicht außer Landes bringen können". Die SPÖ habe die Probleme in Innsbruck bereits bei Parteikollege Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil deponiert.

 

Marcela Duftner von den Grünen erklärt, dass sich eine Stadt nun mal verändere und das manche verunsichere. "Meiner Wahrnehmung nach spielen viele Kinder im Rapoldipark und es halten sich auch Einheimische dort auf." Der Anrainerin habe man einen Lokalaugenschein angeboten -dieser wurde allerdings abgelehnt. "Wir überlegen uns Lösungen", verspricht Duftner.

 

Die Schilderungen der Rapoldipark-Anrainerin sind auch dem Stadtpolizeikommandanten Martin Kirchler bekannt. Sie habe dahingehend Recht, dass sich die nordafrikanische Suchtgiftszene vermehrt auf der Sillinsel aufhalte, ihren Geschäfte nachgehe und mitunter auch Frauen belästigt würden, wenngleich sie die Situation "deutlich überspitzt" beschreibe. "Wir brauchen auch nichts schönreden. Natürlich werden Delikte von Nordafrikanern und von Asylwerbern begangen, aber die Zahl ist nicht massiv gestiegen." Insgesamt sei in Innsbruck die Anzahl der Körperverletzungen zurückgegangen, jene der Sexualdelikte im Vergleich zum Vorjahr hingegen gestiegen. Insgesamt ist die Zahl der Straftaten um 9 Prozent rückläufig.

 

Warum sich Menschen in Innsbruck vermehrt unsicher fühlen, führt Kirchler auf die zunehmende Präsenz von Männern, die dem Aussehen nach den Mitgliedern der nordafrikanischen Suchtgiftszene ähneln, zurück. "Manche muten ihnen dadurch ähnliche kriminelle Aktivitäten zu", erklärt der Stadtpolizeikommandant.

 

Die Situation im Rapoldipark habe die Polizei durch Kontrolldruck stark in den Griff bekommen, betont Kirchler. Die Exekutive stößt aber an ihre Grenzen. Gelöst werden kann das Problem mit den Dealern polizeilich nicht. Das liege an der "endenwollenden Abschreckung der Folgen -diese Männer haben nichts zu verlieren -und der beschränkten Möglichkeit, Nordafrikaner abzuschieben".

 

In der Anfragebeantwortung vom September 2011 (9007/AB) berichtet die ehemalige Innenministerin von Maßnahmen, die seit den damaligen Vorfällen in Zusammenhang mit der „Innsbrucker Marokkanerszene“ gesetzt wurden:

·        enges Zusammenwirken der Bereiche Kriminal-, und Fremdenpolizei mit der Asylbehörde

·        Durchführung von Sonderstreifen

·        verstärkter Ressourceneinsatz des SPK Innsbruck, des Landespolizeikommandos (LPK) für Tirol und der BPD Innsbruck zur Bekämpfung der Szene

·        Setzung lageangepasster Schwerpunkte mit zivilen und/oder uniformierten Kräften des SPK Innsbruck in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt (LKA) Tirol und der Diensthundeinspektion

·        Installierung einer eigenen Ermittlungsgruppe zur Bekämpfung dieser Szene beim SPK Innsbruck

·        verstärkte Zugskontrollen im Bereich der Route Italien-Österreich-Deutschland

·        enge Zusammenarbeit zwischen Kriminal-, und Fremdenpolizei, Staatsanwaltschaft, Verbindungsbeamten und den entsprechenden marokkanischen Behörden

·        Abschiebungen von unrechtmäßig in Österreich aufhältigen Fremden

·        Videoüberwachungen im Bereich von sogenannten "Hotspots"

·        Verordnung und Überwachung von Schutzzonen im Sinne des Sicherheitspolizeigesetzes

·        laufende Beobachtung der Lageentwicklung

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

ANFRAGE

  1. Wie beurteilen Sie diesen Vorfall?
  2. Sehen Sie angesichts der sich häufenden Vorkommnisse in Bezug auf die kriminelle Marokkanerszene und der Innsbrucker Bevölkerung Handlungsbedarf?
  3. Wenn ja, inwiefern?
  4. Wie viele Personen werden derzeit der „Innsbrucker Marokkanerszene“ zugerechnet?
  5. Wird die „Szene“ von der Polizei dauerhaft beobachtet?
  6. Bei wie vielen Personen, welche der Marokkanerszene zugerechnet werden, läuft derzeit ein Asylverfahren und wie viele dieser Asylwerber sind vorbestraft?
  7. Wie viele Personen, die der „Innsbrucker Marokkanerszene“ zugerechnet werden, verfügen über einen anerkannten Asylstatus bzw. sind subsidiär Schutzberechtigt?
  8. Aufgrund welcher konkreten Gründe wurde jenen Personen ein anerkannter Asylstatus bzw. ein subsidiärer Schutz genehmigt?
  9. Inwiefern wurde der Ressourceneinsatz des SPK Innsbruck, des Landespolizeikommandos (LPK) für Tirol und der BPD Innsbruck zur Bekämpfung der Marokkanerszene seit 2011 verstärkt?
  10. Wo genau und wie oft werden Sonderstreifen seit 2011 in Innsbruck eingesetzt?
  11. Wurde seit 2011 eine eigene Ermittlungsgruppe zur Bekämpfung dieser Szene beim SPK Innsbruck installiert?
  12. Wie viele dieser „Szene“ zugehörigen Personen, die sich in Innsbruck aufhielten, wurden seit 2011 abgeschoben?
  13. Wie viele dieser „Szene“ zugehörigen Personen, befinden sich derzeit in der Justizanstalt Innsbruck in Haft?
  14. Wurde am Hauptbahnhof Innsbruck bereits Videoüberwachungen installiert?
  15. Wenn nein, warum nicht?
  16. Zu welchen konkreten Ergebnissen kamen die restlichen Maßnahmen die von Ihnen im Zusammenhang mit der „Innsbrucker Marokkanerszene“ gesetzt wurden?
  17. Welche Maßnahmen sehen Sie konkret vor um derartige Fälle in Innsbruck in Zukunft zu vermeiden?
  18. Wie hoch werden die Kosten, welche für die polizeilichen Maßnahmen in diesem Zusammenhang anfallen, insgesamt geschätzt?