11005/J XXV. GP

Eingelangt am 24.11.2016
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Anfrage

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

betreffend Vergütung von Homöopathika

Die Wirksamkeit homöopathischer Präparate über den Placebo-Effekt oder andere suggestive Effekte hinaus ist nicht wissenschaftlich belegt. So zeigt eine Studie des australischen National Health and Medical Research Council (NHMRC), in der die Ergebnisse von 57 systematischen Übersichtsarbeiten und 176 wissenschaftlichen Einzelstudien zusammengefasst werden, dass keine über den Placeboeffekt hinausgehende Wirksamkeit nachweisbar ist. Studien, die eine über den Placeboeffekt hinausgehende Wirksamkeit der Homöopathie behaupten, weisen durchwegs schwere methodische Mängel auf, wurden zum Teil zurückgezogen oder zu einem späteren Zeitpunkt revidiert (Das gilt unter anderem für die vielzitierte Metaanalyse von Klaus Linde aus dem Jahr 1997, der 2005 schrieb: "Unsere Metanalyse von 1997 wurde unglücklicherweise von Homöopathen als Beleg für die Wirksamkeit der Homöopathie missbraucht […] Wir stimmen zu, dass die Homöopathie höchst unplausibel ist und dass die Belege aus placebokontrollierten Studien nicht überzeugend sind"). In allen Broschüren, die die Wirksamkeit von Homöopathika anpreisen wird aber weiterhin auf dieselbe Handvoll an (im übrigen veraltete) "Studien" verwiesen, die in internationalen Studienbewertungen längst aufgrund ihrer Mängel und ihrer fehlenden Wissenschaftlichkeit als untauglich eingestuft wurden.

Der Vorwurf, die wissenschaftliche Community wäre Erfüllungsgehilfin der Pharma-Lobby und würde die Homöopathie aus diesem Grund ablehnen, ist nicht haltbar. Zum Einen genießt die Homöopathie in Österreich einen rechtlich priveligierten Status, zum anderen kann sie sich nicht über mangelnde Kundschaft ärgern. Laut einer Market Gesundheitsstudie von 2016 verwendeten mehr als die Hälfte aller Österreicherinnen und Österreicher im letzten Jahr homöopathische Präparate. Für eine wirkungslose, auf unplausiblen Prinzipien basierende Heilmethode, ist das ein tolles Ergebnis.

Ein Grund für die breite Akzeptanz könnte natürlich auch die gezielte Förderung der Homöopathie durch Teile der Ärzteschaft und die österreichischen Krankenkassen sein, denn unter gewissen Umständen können im Einzelfall auch Homöopathika von der Leistungspflicht gesetzlicher Krankenkassen umfasst sein. Wobei eine entsprechende Kostenübernahme in der Regel einer Bewilligung durch den vertrauensärztlichen Dienst des Krankenversicherungsträgers bedarf. Die VGKK hat jedoch beispielsweise mit der Vorarlberger Ärztekammer gemäß §10 der Heilmittelbewilligungs- und Kontrollverordnung (HBKV) vereinbart, bei solchen Präparaten mit einem Nettopreis von max. EUR 9,95 von der vertrauensärztlichen Bewilligungspflicht im Einzelfall abzusehen.

Die VGKK ist also bereit, für unwirksame Präparate die Kosten zu übernehmen und, solange diese EUR 9,95 nicht übersteigen, sogar auf das Einholen der vertrauensärztlichen Bewilligung zu verzichten. Aufgrund der nicht belegten Wirksamkeit von homöopathischen Arzneimitteln ist solch eine Vergütung nicht nur fragwürdig, sondern bedarf auch in ihrem Umfang und Ausmaß einer genauen Prüfung. Die Entscheidung für oder gegen bestimmte Behandlungsweisen obliegt der Eigenverantwortung jedes Menschen, eine Förderung von unwirksamen Behandlungen durch die öffentliche Hand ist jedoch ethisch nicht vertretbar.

Das Gesetz sieht vor, dass die Krankenbehandlung zweckmäßig sein muss und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf (z.B. insbesondere § 133 ASVG). Homöopathika, denen der wissenschaftliche Nachweis einer Wirkung völlig fehlt, überschreiten jedenfalls das Maß des Notwendigen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

1.    In welchem finanziellen Ausmaß wurden Homöopathika von den einzelnen Gebietskrankenkassen erstattet? (Getrennt nach Trägern und den Jahren 2010-2015)

2.    Bis zu welchem finanziellen Höchstmaß werden Homöopathika von den einzelnen Gebietskrankenkassen erstattet? (Getrennt nach Trägern und den Jahren 2010-2015)

3.    In welchem finanziellen Ausmaß wurden Homöopathika von anderen Krankenkassen erstattet? (Getrennt nach Trägern und den Jahren 2010-2015)

4.    Bis zu welchem finanziellen Höchstmaß werden Homöopathika von anderen Krankenkassen erstattet? (Getrennt nach Trägern und den Jahren 2010-2015)

5.    Welche Träger haben Vereinbarungen mit der Ärztekammern bei der Erstattung von homöopathischen Präparaten, deren Nettopreis eine festgesetzte Summe nicht übersteigt, von einer Einzelfallbewilligung abzusehen?

a.    Wie hoch ist dieser Betrag je Träger? (Jahre 2010-2015)

b.    Auf wie viel Euro belaufen sich die administrativen Kosten der Einzelfallbewilligungen homöopathischer Präparate? (Getrennt nach Krankenversicherungsträgern und den Jahren 2010-2015)

6.    Auf Basis welcher medizinischen Grundlage werden Homöopathika erstattet, wenn ihre Wirksamkeit offiziell umstritten ist?

a.    Welches wissenschaftliche Material (Studien, Gutachten, Forschungsergebnisse, usw.) zieht das BMGF zur Wirksamkeit von homöopathischen Arzneimitteln heran, um eine Erstattung dieser Arzneimittel im Rahmen der Leistungspflicht anbieten zu können?

b.    Wo können diese Materialien eingesehen werden?

7.    Welche Maßnahmen setzen Sie in Ihrer Aufsichtsfunktion, um die Einhaltung des Gesetzes, insbesondere des § 133 ASVG, zu gewährleisten, wonach die Leistungen aus der Krankenversicherung zweckmäßig sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen?