11106/J XXV. GP

Eingelangt am 15.12.2016
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Hermann Brückl

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Schutzgelderpressungen in Österreich

 

Die Tageszeitung „Die Presse“ hat bereits im Mai in dem Artikel „Der Rosenkrieg der Mafia in Wiens Nachtlokalen“ über illegale Machenschaften in der Wiener Nachtlokalszene berichtet:


Erst vor wenigen Wochen ließ die Wiener Polizei einen Ring Schutzgelderpresser nach monatelangen Recherchen hochgehen. Es wurden sieben Männer und eine Frau im Alter von 23 bis 38 Jahren festgenommen. Der Kopf der Bande ist ein gebürtiger Bosnier. Er soll auch in den sogenannten Cappuccino-Mord verwickelt gewesen sein, als im Mai 2006 in Hernals in der Ottakringer Straße ein 32-jähriger Lokalbesucher bei einer Schießerei ums Leben kam. Bei den anderen Beschuldigten handelt es sich um drei Tschetschenen, zwei Kroaten und zwei Serben – darunter die 28-jährige Frau. Die Bande soll zwischen 240.000 und 500.000 Euro erpresst haben.

Etablieren sich illegale Machenschaften von Schmiergeldern bis Schutzgelderpressungen, ist es für Lokalbesitzer oft schwierig, einen Ausweg zu finden, wenn es aus dem Ruder läuft – oder Zahlungen nicht mehr geleistet werden können. „Die Betroffenen trauen sich selten, zur Polizei zu gehen – Zeugen lassen sich kaum finden, immer wieder werden diese auch bedroht. Es braucht schon eine ordentliche Portion Mut, gegen die Erpresser aufzutreten“, sagt Holzer. Nachsatz: „Denn wer erpresst wird, ist oft auch erpressbar.“ Schwarzarbeit, doppelte Buchführung – oder Angestellte, die Vollzeit arbeiten, aber als Aushilfen angemeldet sind – das gibt es in der Gastronomie noch immer. Die Registrierkassenpflicht soll Abhilfe schaffen. Wie viele Lokale in Wien von Schutzgelderpressungen betroffen sind, kann die Polizei aufgrund mangelnder Zeugenaussagen nicht abschätzen.

 

„Presse am Sonntag“-Recherchen zufolge dürfte es sich aber um alles andere als ein Randphänomen handeln: „Ich kenne keinen größeren Club, der nicht schon mit Gelderpressungen zu tun hatte“, sagt ein Clubbesitzer im ersten Bezirk – der auch anonym bleiben möchte, weil er selbst betroffen ist.

Wer wo regiert, kann ethnisch am Stadtplan in Viertel eingeteilt werden: „Im ersten Bezirk sind es die Kurden und Türken, die Schutzgelder erpressen. Der Gürtel, Ottakring und Rudolfsheim-Fünfhaus gehören der Balkan-Community – allen voran regieren hier die Serben“, berichtet der Türsteher aus dem ersten Bezirk. Die Geschäfte mit den Clubs sind laut Bundeskriminalamt nur ein Geschäftszweig dieser kriminellen Strukturen – Waffenhandel, Schlepperei und Menschenhandel gehören ebenso zu deren Repertoire. „Da gibt es Capos, wie man es aus italienischen Filmen kennt“, sagt Holzer. Diese wiederum haben ihre Handlanger.

 

Das sind nicht selten Tschetschenen, die als exzellente Kämpfer und besonders brutal gelten – in der Hierarchie der Mafia bis auf wenige einzelne aber meist unten bleiben. „Sie werden geschickt, um in den Lokalen aufzumischen, oder wirklich das Schutzgeld einzufordern“, sagt Holzer. Einmal Krankenhausreifprügeln koste zwischen 500 und 1000 Euro.“

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele Fälle von sogenannten Schutzgelderpressungen von Unternehmern in den letzten drei Jahren sind Ihnen bekannt (aufgeschlüsselt auf Bundesländer)?

2.    In wie vielen dieser Fälle wurde eine gerichtliche Strafanzeige eingebracht?

3.    Wie sind die gerichtlichen Strafanzeigen jeweils erledigt worden?

4.    Wie oft war dabei der Gastronomiesektor betroffen?

5.    Wie hoch war der Anteil der betroffenen Lokale, die von österreichischen Staatsbürgern betrieben werden und wie hoch der Anteil der betroffenen nicht-österreichischen Staatsbürger?

6.    In wie vielen Fällen kam es im Zusammenhang mit Schutzgelderpressungen auch zu Körperverletzungen (aufgeschlüsselt auf Bundesländer)?

7.    In wie vielen Fällen kam es im Zusammenhang mit Schutzgelderpressungen auch zu Sachbeschädigungen (aufgeschlüsselt auf Bundesländer)?

8.    Welcher Nationalität gehörten die ausgeforschten Tatverdächtigen jeweils an?

9.    Gibt es konkrete Erkenntnisse hinsichtlich „Schutzgeldzahlungen“ im Bereich der sogenannten „Fernostlokale“ (z.B. China-Lokale)?

10. Gibt es konkrete Erkenntnisse hinsichtlich „Schutzgeldzahlungen“ im Bereich von italienischen Lokalen?

11. Gibt es konkrete Erkenntnisse hinsichtlich „Schutzgeldzahlungen“ im Bereich der sogenannten „Rotlichtlokale“?

12. In wie viele Fällen wurde in den letzten drei Jahren der Versuch einer sogenannten Lokalübernahme bekannt?

13. Welche konkreten kriminalpolizeilichen Maßnahmen werden gegen diese Form der organisierten Kriminalität gesetzt?

14. Wie weit ist dem Ressort bekannt, ob derartige Vorfälle mit Erpressungen auch im Privatbereich und in Schulen vorgekommen sind?

15. Sind Ihnen in den letzten drei Jahren Fälle bekannt geworden, in denen Schüler von Mitschülern oder anderen Personen zu Geldleistungen oder zur Aushändigung des Handys genötigt wurden, um in Folge nicht körperlich attackiert zu werden (aufgeschlüsselt nach Bundesländer)?

16. Wenn ja, welche Maßnahmen wurden durch die Schulbehörden, welche durch Polizei bzw. die Sicherheitsbehörden ergriffen?